TS79/15: Dämpfige Satire + Saftige Strafe + Lustige Saudis + Sagenhaftes Echo

+++ Satire-Superstar Martin Sonneborn zu Gast in Tübingen
In der Satire-Szene ist er ein Star – nicht zuletzt aufgrund seines demokratisch errungenen und gut dotierten EU-Mandats: Martin Sonneborn, Vorsitzender der als „Spaßpartei“ bezeichneten (vom eigenen Anspruch her fehletikettiert, de facto aber die nachweisbaren  Auswüchse treffend) Partei DIE PARTEI. Zu dem hohen politischen Amt gibt es den passenden eleganten Spruch: „Es gibt nur vier, fünf Arten auf den alltäglichen Irrsinn des kapitalistischen Systems zu reagieren: Alkoholismus, bewaffneter Widerstand, Politik, Satire.“ (Quelle). Als Anti-Politiker ziehe Sonneborn die Massen (an?), heißt es in der Stuttgarter Zeitung weiter. Diese Massenattraktivität sei letzte Woche bei einem Auftritt in der Universität Tübingen festzustellbar gewesen. Berichterstattung auch bei Schwäbisches Tagblatt. In diesem Artikel flicht die Süddeutsche Zeitung Sonneborn in das Bouquet schräger Figuren des EU-Parlaments ein. Völlig zusammenhangslos nagelt auch die Springer-Presse Sonneborns Auftritt in dieses verwirrende Textkonstrukt. Sonneborns Auftritt in Tübingen war mit 800 bis 1.000 Zuhörern (schwankende Zahlenangaben) sehr gut besucht. 


https://youtu.be/W21m3rcoj2c


Die Stuttgarter berichtet von den Erfolgen von Die Partei insbesondere in Universitätsstädten und erwähnt auch den stellvertretenden Vorsitzendes des Landesverbands und Ex-Philosophie-Student Markus Vogt alias Häns Dämpf, der in Tübingen für Die Partei in den Stadtrat gewählt wurde. Sonneborns Auftritt in Tübingen war ein voller Erfolg.

Senf: Dieser Erfolg von Die Partei erwächst mutmaßlich aus der sonstigen Alternativlosigkeit der Parteienlandschaft und dem ungeheuren Frust politisch interessierter Menschen am aktuellen globalen Geschehen (vgl. auch Leserkommentare in der SZ). Kritik an der einzigen, noch dazu satirischen Alternative kommt da nicht gut. Was bitte ist alternativ, satirisch oder gar systemkritisch an einer Organisation, die ihren Anhängern noch nicht einmal ein alternatives Netzwerk anbieten kann? Stattdessen zwingt Die Partei Interessierte, Fans und Mitglieder in genau die Kommunikationsstrukturen hinein, an denen sich die Profiteure des Kapitalismus eine goldene Nase verdienen, in denen die User über Algorithmen in ihrem Informationszugriff manipuliert und die massenweise von den globalen Geheimdiensten ausgespäht werden.
Des Weiteren lohnt sich ein genauerer Blick auf die parteiinternen Strukturen, den Umgang mit Mitgliedern und  – ganz besonders – mit Frauen in Die Partei. Da kommt es dann schon mal zur sexuellen Belästigung (zugegeben: der leichteren Form)! Ohne dass Superstar Martin Sonneborn angemessen darauf reagiert …
SaSe-Tipp für weibliche Polit-Satire-Fans ganz besonders in Baden-Württemberg: VORSICHT!!! Denn in der Tat "dämpfig" geht es in den Chauvinisten-Hirnen einzelner Amtsträger dort ab!


+++ So kann es weitergehen: Nazi-Spruch bei Facebook kostet 500 Euro
Kiek mal kuck: Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilt einen gelernten Metzger zu 500 Euro Strafe wegen der auf Facebook in einer ausländerfeindlichen Gruppe geposteten Äußerung: „Wir sollten die Duschen wieder öffnen und brauchen mehr Ascheplätze.“ Dieser Spruch wurde von einem anderen Facebook-User an das Landeskriminalamt (NRW) weitergeleitet. Durch die dortige Ermittlungsgruppe Internetkriminalität kam es dann zur Strafanzeige. Die Westdeutsche Zeitung bewertet das Urteil als Grundsatzentscheidung, eine zunächst nicht nachvollziehbare Schlussfolgerung, die leider nicht weiter erklärt wird.
Senf: Mal locker gemutmaßt, ließe sich vermutlich das Haushaltsdefizit Deutschlands für ein ganzes Betriebsjahr mit Strafgeldern dieses Sachverhalts erwirtschaften.  WENN die Justiz sich nur endlich grundsätzlich dazu aufraffen könnte, derlei menschenverachtende Äußerungen im Internet konsequent zu verfolgen. Eine triefende Einstiegsammlung hat der Twitter-Account Perlen aus Freital schon einmal zusammengestellt.


+++ Saudi-Arabien: Satire gegen den IS
Zeit zum Wundern: Satire in Saudi-Arabien! Und dann noch gegen den IS? Im Mutterland dieser Terrororganisation? So berichtet es der Deutschlandfunk über eine Satire-Sendung dort. Der Anspruch tönt westeuropäisch: „Der populäre arabische Unterhaltungssender Middle East Broadcasting, kurz MBC, überraschte zum Auftakt des Ramadans im Juni mit einer neuen Sitcom. Selfie heißt die Serie – ein Selbstporträt der saudischen Gesellschaft mit all ihren Widersprüchen und ihren Fehlern“ (Quelle). Ziel des Spottes seien religiöse Fanatiker jeder Art. Thema einer Folge etwa ist die verzweifelte Suche eines saudischen Vaters nach seinem Sohn, der sich dem IS angeschlossen hat. Die mit Situationskomik angereicherten Szenen schlagen allerdings dann in bitteren Ernst um.


+++ Pressespiegel zum Böhmermann-Heufer-Umlauf-Griechenland-Video
Wenn die prominentesten Comedians ein kleines Video zum aktuellsten Thema produzieren, nährt das weite Bereiche des Blätterwaldes. Wie in TS78/15 berichtet und eingebettet, haben  Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf die Griechenland-Krise aufgegriffen und auf der Grundlage markanter Medien-Zitate ein Video produziert. Und ab geht die Medienpost: + Berliner Zeitung 10.07.15 + General-Anzeiger Bonn 10.07.15 + Süddeutsche 11.06.15 + Merkur 11.07.15 + Tagesspiegel 11.07.15 + Schweiz: Watson 11.07.15. + rp-online 12.07.15 + Freiheitsliebe.TV 12.07.15. Böhmermann selbst sorgt auf Twitter für die entsprechende Verbreitung. Angeblich werde an englischen und griechischen Untertiteln gearbeitet.
Und weil es soo schön ist, hier noch einmal:


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