HInfo38: Gärtnerei Knam (4): Die geheimnisvolle Baugenehmigung

HInfo38: Gärtnerei Knam (4): Die geheimnisvolle Baugenehmigung
Gärtnerei Knam“ ist eine Artikelserie auf diesem Blog. Bisher erschienen:
+ HInfo35: Langenargen: Gärtnerei Knam erteilt Journalistin Hausverbot (1)
+ HInfo36: Gärtnerei Knam (2): Ein Hausverbot in zwei Versionen
+ HInfo37: Gärtnerei Knam (3): Saisonarbeiter im weiten Feld der Fragezeichen

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Begonnen hatte das gesamte Knam-Galama mit der Baugenehmigung Roter Punkt, der von außerhalb des Gärtnerei-Geländes für die Blogger-Kollegin Elke Krieg am 6. September 2019 nicht erkennbar gewesen war. Obwohl die gesetzlichen Vorschriften zur Lesbarkeit von der Straße aus eindeutig sind.

Daraufhin betrat sie das Gelände. Dort kam sie mit den rumänischen Saisonarbeitern der Gärtnerei Knam ins Gespräch und stutzte angesichts deren Unterbringung in einem Container.

Auf eine detaillierte Presseanfrage von mir hatte die Gärtnerei Knam rasch und ausführlich geantwortet. Deren Stellungnahme zu den verschiedenen Themenbereichen wurde in den vorausgegangenen Artikeln der Serie ausführlich wiedergegeben. Auch zum „Roten Punkt“ hatte sich das Unternehmen geäußert:

Der rote Punkt muss, wie Sie völlig zu Recht anmerken, von außen einsehbar und geschützt aufgehängt sein. Im Zuge des Baufortschrittes wurde er deswegen mehrfach umgehängt. Er ist nach unserer Auffassung am aktuellen Ort der Aufhängung gut einsehbar. Er weist den vormals planerstellenden Architekten und den aktuellen Bauleiter Hermann Bentele aus und entspricht damit den Vorschriften.
(Gärtnerei Knam Presseauskunft am 24.09.2019 an diese Redaktion; Hervorhebg. K. B.)

Nebenbei: Was bedeutet die Wendung „vormals planerstellender Architekt“? Am 6.September 2019 soll dort nach Angaben der Kollegin Krieg als Planverfasser noch der Name „Dipl.-Ing. (FH) Martin Bruhns“ gestanden haben.

Eine satte weitere Woche NACH dieser Presseauskunft bietet sich bezüglich des Roten Punkts dieses Bild vor Ort:
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Foto vom Roten Punkt auf dem Gelände der Gärtnerei Knam am 6. Oktober 2019. Foto: Elke Krieg

Foto vom „Roten Punkt“ auf dem Gelände der neuen Kühlhalle der Gärtnerei Knam am 6. Oktober 2019.
Foto: Elke Krieg

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Die Kamera macht das Foto erkennbar direkt vom Maschendrahtzaun aus. Ich kann den Roten Punkt nicht lesen. Sie?

Aber diese Frage geht im Wust ihrer zahlreichen Kolleginnen unter. Die scharen sich dicht rund um das Projekt dieser von den Bürgern in Langenargen verärgert-scherzhaft als „Kathedrale vom Bierkeller“ bezeichneten Kühlhalle wahrhaft gigantischer Ausmaße (40 x 35 Meter und einer geplanten Höhe von 13,98 Meter).

Die interessanteste dabei ist die nach der Baugenehmigung für dieses privilegierte Projekt im Außenbereich. Die gesetzlichen Details dazu regelt Paragraf 35 des Bau-Gesetzbuch (BauGB).

Dort aber heißt es ausdrücklich, dass ein solches Vorhaben im Außenbereich, selbst wenn privilegiert, nur dann genehmigungsfähig sei, wenn „die ausreichende Erschließung gesichert ist“.
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Ist der Schützenweg eine „ausreichende Erschließung“?
Die einzige „Zufahrt“ zu dem Gelände, auf dem die Kühlhalle der Gärtnerei Knam mit EU-Geldern errichtet wurde, ist der Schützenweg. Der verläuft in ost-westlicher Richtung zwischen dem Ortsteil „Bierkeller“ und dem Mooser Weg.

Beim Schützenweg handelt es sich nach meiner Laien-Meinung ganz offensichtlich um einen besseren Feldweg, maximal einen sogenannten Wirtschaftsweg. Er ist sehr schmal und verfügt weder über befestigte Seitenbanketten noch einen eingezeichneten Mittelstreifen.

Vor allem aber: Es ist aus beiden befahrbaren Richtungen für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt.
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Der Schützenweg in Langenargen aus westlicher Richtung (Mooser Weg) ist ohne Einschränkung für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt. Foto: Elke Krieg

Der Schützenweg in Langenargen aus westlicher Richtung (Mooser Weg) ist ohne Einschränkung für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt.
Foto: Elke Krieg

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Aus Richtung Ortsteil „Bierkeller“ (Osten) findet sich unter dem Verbotsschild der Hinweis „Landwirtschftl. Verkehr und Linienverkehr frei 75 m“:
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Der Schützenweg als einzige Zufahrt zum Gelände der Kühlhalle der Gärtnerei Knam aus östlicher Richtung (vom Ortsteil "Bierkeller" her) ist auch hier für Kraftfahrzeuge aller Art mit Einschränkung zugunsten des landwirtschaftlichen Verkehrs und für Linienbusse gesperrt. Foto: Elke Krieg

Der Schützenweg als einzige Zufahrt zum Gelände der Kühlhalle der Gärtnerei Knam aus östlicher Richtung (vom Ortsteil „Bierkeller“ her) ist auch hier für Kraftfahrzeuge aller Art mit Einschränkung zugunsten des landwirtschaftlichen Verkehrs und für Linienbusse gesperrt.
Foto: Elke Krieg

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Obwohl diese einzige Zufahrt zur Kühlhalle der Gärtnerei Knam für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt ist, rollt offensichtlich Schwerlastverkehr über den Schützenweg zur Halle und wieder zurück:
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Dieser 40-Tonnen-LKW ist dann vermutlich "landwirtschaftlicher Verkehr" für Gewerbesteuerzahler in Langenargen? Oder er wurde von den hilfreichen Heidekraut-Elfen auf dem Luftweg zur Halle gebeamt? Ein "normaler Bürger" versteht nicht, wieso Schwerlastverkehr über eine Zufahrt rollen darf, die für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt ist. Foto: Karin Burger

Dieser 40-Tonnen-LKW ist dann vermutlich „landwirtschaftlicher Verkehr“ für Gewerbesteuerzahler in Langenargen? Oder er wurde von den hilfreichen Heidekraut-Elfen auf dem Luftweg zur Halle gebeamt? Ein „normaler Bürger“ versteht nicht, wieso Schwerlastverkehr über eine Zufahrt rollen darf, die für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt ist.
Foto: Elke Krieg

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Ein 40-Tonnen-LKW ist meinem Verständnis nach kein „landwirtschaftlicher Verkehr“? Wie kommt der dorthin, wenn der Schützenweg aus beiden Zufahrtsrichtungen für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt ist?

Und der orangefarbene LKW auf dem Knam-Gelände ist auch keine Eintagsfliege:
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Noch mehr LKWs und Hänger auf dem Gelände bei der Kühlhalle der Gärtnerei Knam. Foto: Elke Krieg

Noch mehr LKWs und Hänger auf dem Gelände bei der Kühlhalle der Gärtnerei Knam.
Foto: Elke Krieg

Transportgut gibt es freilich jede Menge. An der Halle wird selbst am Sonntag, dem 6. Oktober 2019, gearbeitet. Hier ein Bild der eventuell zu transportierenden Waren:
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Stellagen mit Heidekraut, wie man sie aus Baumärkten & Co. kennt. Viel Arbeitsbetrieb auf dem Gelände am Sonntag, den 6. Oktober 2019. Foto: Elke Krieg

Stellagen mit Heidekraut, wie man sie aus den Gartenabteilgungen von Baumärkten & Co. kennt. Viel Arbeitsbetrieb auf dem Gelände am Sonntag, den 6. Oktober 2019.
Foto: Elke Krieg

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Selbstverständlich habe ich auch den Schützenweg, der sich im Eigentum der Gemeinde Langenargen befindet und vom Steuerzahler unterhalten werden muss,  um eine Stellungnahme gebeten, wie ihm denn dieser Schwerlastverkehr so bekommt:
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Als Laie würde mal sagen: Straßenschäden? Kein Wunder bei dem Schwerlastverkehr, der über diesen besseren Feldweg zur Gärtnerei Knam rollt? Foto: Elke Krieg

Als Laie würde ich mal sagen: Straßenschäden? Kein Wunder bei dem Schwerlastverkehr, der über diesen besseren Feldweg zur Gärtnerei Knam rollt?
Foto: Elke Krieg

Der Schützenweg hat sich zum Thema Straßenschäden kaum mehr eingekriegt und mir gleich noch ein Statement geschickt:
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Foto: Elke Krieg

Foto: Elke Krieg

Wie ist das möglich: Über eine für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrten besseren Feldweg rollt – vermutlich regelmäßig – Schwerlastverkehr zur Halle der Gärtnerei Knam, um dort Waren anzuliefern und abzuholen?

Das Langenargener Gartenbauunternehmen sieht in all dem kein Problem und beruft sich – logisch – auf die erteilte Baugenehmigung:

Unsere Halle ist mit der vorgesehenen Nutzung baurechtlich genehmigt. Die Frage der Zuwegung wurde im Baugenehmigungsverfahren geprüft. Hiermit hat sich auch der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung im Vorfeld befasst. Die Zuwegung zur Baustelle über den Schützenweg gelingt aus unserer Sicht problemlos. Wir gehen davon aus, dass auch die Zuwegung zur Gärtnerei problemlos gelingen wird.
(Gärtnerei Knam Presseauskunft am 24.09.2019)

Die Gemeinde Langenargen selbst kategorisiert den Schützenweg (in einem Gemeinderatsbeschluss im Juni 2019) als „nicht „funktionierende Erschließungsmöglichkeit“, obwohl – siehe oben – Paragraf 35 BauGB das Vorhandensein einer solchen Erschließung zur Voraussetzung für eine Baugenehmigung macht.

Diese Klassifizierung stammt aus einem Gemeinderatsbeschluss vom 5. Juni 2019. Obwohl zu diesem Zeitpunkt und nach der Kommunalwahl 2019 in Baden-Württemberg der Gemeinderat nur noch geschäftsführend tätig sein durfte, wird der Beschluss zum Ausbau auch im Protokoll aus „Grundsatzentscheidung“ kategorisiert (Quelle). Bürgermeister Achim Krafft (CDU) wurde in der entsprechenden Sitzung auf die Unverträglichkeit von geschäftsführendem Gemeinderat und „Grundsatzentscheidung“ angesprochen. Er habe den Einwand mit dem bekannten Hinweis, das habe man immer so gemacht, vom Tisch gewischt.

Auf einmal – und erst NACHDEM die Knam-Halle schon steht! – ist die Erschließung ganz dringend. Zur Begründung wird die Erschließung  „der zukünftigen Bebauungsplanbereiche <Gräbenen VI>“ herangezogen. Die Kritiker in Langenargen bewerten dies als nicht glaubwürdig.

Ganz unabhängig von baurechtlichen Einzelfragen und verwaltungsrechtlichen Finessen offenbart dieser Vorgang, dass Krafft sich noch nicht einmal bemüht, Verwaltungsentscheidungen verständlich zu machen.

Und der Hinweis von wegen „hamma imma so jemacht“ ist an Dümmlichkeit nicht zu überbieten.
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Keine Antwort vom GVV Eriskirch- Kressbronn-Langenargen
Die Sachverhalte sind komplex und vom Laien nur schwer zu beurteilen. Vielleicht täuschen wir uns in der Interpretation der örtlichen Gegebenheiten?

Also nichts wie raus mit der Presseanfrage an den Gemeindeverwaltungsverband Eriskirch-Kressbronn-Langenargen (GVV EKL) und dort an den Leiter des (für alle drei Gemeinden) zuständigen Baurechtsamtes.

Das hatte die Kollegin Elke Krieg, von der ich die Recherchen zur Gärtnerei Knam wegen des gegen sie verhängten Hausverbots übernommen habe, auch schon am 9. September 2019 getan. Keine Antwort. Krieg erinnert an ihre Presseanfrage per weiterer Mail am 16. September 2019. Bis heute liegt keine Antwort vor!

Krieg hatte expressis verbis nach dem Status des Schützenwegs als Erschließungszufahrt im Sinne des Gesetzes gefragt.

Warum erhalten Journalisten und Bürger zu dieser wichtigen Frage keine Antwort der Gemeindeverwaltung?
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Rotz-Antwort vom Landratsamt Bodenseekreis
Diese nicht erteilte Auskunft des GVV EKL war auch Gegenstand meiner schriftlichen Presseanfrage an das Landratsamt Bodenseekreis als zuständige kommunale Aufsichtsbehörde. Die mir von Pressesprecher Peter Schwarz erteilte Auskunft dazu ist ehrlicherweise nur als volle Verlade zu bezeichnen:

[…] da wir nicht zuständige Baurechtsbehörde sind, können wir hierzu keine Stellung nehmen. Wie Sie selber richtigerweise feststellen, ist hier der Gemeindeverwaltungsverband die richtige Ansprechstelle.
(„Presseantwort“ Landratsamt Bodenseekreis an diese Redaktion am 23.09.2019)

Die eine Behörde gibt keine Auskunft. Auf Hinweis an die Aufsichtsbehörde hin, dass keine Auskunft erteilt wird,  wird der Fragesteller wieder an die nicht Auskunft erteilende Behörde zurückverwiesen. Und kein Hauptmann von Köpenick in Sicht!

Eine Baugenehmigung, über die weder die zuständige Gemeinde noch das Landratsamt erklären können oder wollen, wie sie zustande gekommen ist, bleibt geheimnisvoll.
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Großer Unmut in Langenargen
Der Bau dieser Halle in Langenargen mit allen Begleiterscheinungen erregt großen Unmut in der Bevölkerung, wie mir Elke Krieg berichtet. Allerdings artikulieren die Empörten ihre Kritik nur unter vorgehaltener Hand.

Zuständig für Unmut, Kritik und Fragen jedoch sind in erster Linie auch die Gemeinderäte in Langenargen. Krieg und ich können nur berichten und dokumentieren. Wenn sich in Langenargen etwas ändern soll, müssen die Bürger selbst aktiv werden. Das Phänomen des für Kraftfahrzeuge aller Art aus beiden Richtungen gesperrten Schützenweges, über den regelmäßig der Schwerlastverkehr zur Halle der Gärtnerei Knam rollt, wäre ein guter Anlass?

AGORA-La und SaSe berichten dann auch gern wieder.

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