SaSe6: Carolin Kebekus WDR PussyTerror TV (2): Pressespiegel

Die Pressestimmen zur Premiere von Carolin Kebekus PussyTerror TV am 21. März 2015 (siehe auch SaSe5):


Tagesspiegel.de
Wer die Sümpfe trockenlegen will, sollte nicht die Frösche fragen. Einen solchen jedoch lässt Tagesspiegel.de zu Wort kommen: Richard Weber öffnet den Hosenstall und legt eine nahezu vernichtende Kritik auf den Gender-Tisch. Er packt das Gesamtkunstwerk ins Beutelchen „laut & prollig“. Einige Auszüge: 

Engelke und Kebekus sitzen zusammen in der Badewanne. Engelke ("Ladykracher") motiviert. Und verspritzt kollegiale Gemeinheiten. Das dauert gerade mal zwei Minuten und ein paar Sekunden. Das Ergebnis. Beim Boxen heißt das TKO – Technischer Knockout. Sieg durch Abbruch des Kampfes wegen Kampf- oder Verteidigungsunfähigkeit. Man könnte es hier auch so sagen. In kurzer Zeit hat Engelke eindringlich bewiesen, wie viel Lach-Klassen zwischen Ihr [sic!] und Kebekus bestehen.
Das zweite Bonmot, auch von Engelke. Besser und kürzer wurde Kebekus selten beschrieben. Carolin Kebekus ist das „Cool Girl“ am deutschen Humor-Fließband. Vordergründiger Mainstream-Feminismus, garniert mit High Heels und Minirock. Kebekus ist laut, prollig und sexuell fordernd. So wie Männer nicht sein sollen. Aber wenn Frauen so sind, dann ist das Humor. Comedy auf Meta-Ebene. In Wirklichkeit ist es trotzdem nur laut und prollig.

[…]
All diese Belanglosigkeiten, Halb-Witze und Gags in Progress werden mit der Attitüde Tabu brechender Provokation vorgetragen. Und sind nur bescheiden, piefig und provinziell.
[…]
Während der ganzen Sendung wird die ESC-Absage von Andreas Kümmert immer wieder eingespielt. Mit neuen Vertonungen. Aber mit alter Drögheit. Fazit: In der Regel gibt es viele, gute Komikerinnen. Anke Engelke, Annette Frier, Martina Hill, Anka Zink, Cordula Stratmann, Hella von Sinnen, Cindy aus Marzahn, Gerburg Jahnke, Mirja Boes. Da können wir uns doch gut mal eine Ausnahme von der Regel gönnen.
(Tagesspiegel.de 22.03.15:“ Pussy Terror TV“ in der Fernsehkritik: Ladyrohrkrepierer; Hervorhebg. SaSe)

Das mit Cindy von Marzahn ist eine echte Gemeinheit und die Etiketten „piefig und provinziell“ sind nicht zutreffend. 

Frösche halt.

Bedenklicher dagegen die Kommentare zu dieser Kritik auf der Facebook-Kebekus-Support-Seite, die teilweise in der Lügenpresse-Tonalität daherkommen. Achtung, Carolin: „false friends“?

Übrigens wird die „Straßenkämpferin des Humors“ (WAZ) auf Facebook von Pegida-Anhängern kaum verhüllt bedroht!


Spiegel online
Wesentlich softer lässt es Spiegel online (SPON) angehen. Da sei noch „Luft nach oben“, die Sendung bestehe aus „wahllos vielen Themen“ – das entspricht in etwa der SaSe-Kritik der Überinventarisierung. SPON-Fazit:

Die Premiere von "Pussy Terror TV" dürfte sogar die passiv-aggressive Engelke aus der Badewanne ein wenig enttäuscht haben. Ist noch Luft nach oben, anders gesagt. Wie viel Luft genau, das hat nebenbei Klaas Heufer-Umlauf angedeutet. Gegen das, was er an diesem Abend erlebt habe, sei sein "'Circus Halligalli' eher was für Akademiker".
(Spiegel online 22.03.15: Da ist noch Luft nach oben)

Das Eigenlob des WDR selbst braucht man nicht zur Kenntnis zu nehmen: Erfolgreicher Auftakt ….
 

Gender-Geschick bei DIE WELT?
Ob Zufall oder Geschick, bei DIE WELT kommentiert eine Frau: Antje Hildebrandt. Deren Fernsehkritik „Von einem muss Carolin Kebekus die Zunge lassen“ spielt mit der SPON-Metapher von der Luft nach oben.  Auszüge:

Inzwischen wird die 34-jährige von ihren Fans frenetisch als Ikone eines politisch unkorrekten Feminismus gefeiert. Ihre Salven gegen die katholische Kirche feuerte sie jetzt eben als Außenreporterin der "heute-show" (ZDF) ab oder in ihrem Live-Programm "Pussyterror".
[…]

Carolin Kebekus ist die kleine, ungehobelte Schwester von Anke Engelke. Eine Knallerfrau, die gerne damit kokettiert, dass ihr nichts zu peinlich sei. Sie parodiert Männer noch böser als Frauen, und dabei darf, nein, muss auch gerülpst werden. Vom Griff an den Sack ganz zu schweigen.
Doch die Provokation um der Provokation wegen läuft schnell ins Leere, wenn sie zum Selbstzweck wird. Und es war ausgerechnet Anke Engelke, die ihrer jungen Kollegin diesen Rat mit auf den Weg gegeben hat.
[…]

Aber Heufer-Umlauf nimmt es mit Humor. Dabei war wohl auch er ein kleines bisschen enttäuscht von dieser Premiere. Das ließ der Satz erahnen, der ihm nach seinem Auftritt über die Lippen rutschte. Gegen das, was er an diesem Abend gesehen habe, sei Circus HalliGalli was für Akademiker.
(DIE WELT, 22.03.15: Von einem muss Kebekus die Zunge lassen)

 

Stuttgarter Zeitung
Jetzt gibt es noch ein besonderes Highlight, denn die Fernsehkritik in der Stuttgarter Zeitung vom 22. März 2015 „Verschenkte Steilvorlage“ stammt ebenfalls von der Journalistin Antje Hildebrandt.  Und erst auf den zweiten und etwas genaueren Blick erkennt der Leser: Sie ist inhaltlich nahezu identisch zu der Fernsehkritik in DIE WELT. Diese inhaltliche Identität jedoch wird durch eine ganze Reihe geschickter „Veränderungen“ wie andere Überschriften, andere Zwischenüberschriften an anderen Stellen des Textes, hier und dort einen Tempuswechsel etc. – nach SaSe-Meinung – verschleiert.  Schöne Pressevielfalt! Oder Journalisten- und Redaktionsroutine?

SaSe nimmt diese Zwillingskritiken noch etwas genauer unter die Lupe. Und zumindest von der Chefredaktion der Stuttgarter Zeitung liegt dazu inzwischen auch eine Stellungnahme vor (vgl. SaSeX[wird nachgereicht]).


Meedia
Die lobendste aller Fernsehkritiken zu PussyTerror TV kommt von Stefan Winterbauer bei Meedia. Er bespricht gleich beide Satiriker der Woche und macht kein Hehl aus seiner Begeisterung für die Kebekus-Sendung:

„Pussy Terror TV“ waren am mittelspäten Samstagabend eine Stunde und 15 Minuten Unterhaltung mit Hirn und Hose. Carolin Kebekus vertraute ganz auf ihre Rampensau-Qualitäten und gestaltete die TV-Sendung als Mini-Ausgabe ihrer erfolgreichen Bühnenshow inklusive Gästen und Einspielern. 1,20 Mio. sahen zu – für eine Show im Dritten ein Spitzenwert.
Kebekus ist fast immer laut und oftmals derb. Das F-Wort kommt ihr leicht über die Lippen. Hinter der Kölner Proll-Fassade steckt aber eine Haltung. Wer ihre Programme sieht hat keinen Zweifel: Die Frau hat einen moralischen Kompass. Ihr großes Thema ist die Frau in unserer modernen Gesellschaft, Gleichberechtigung, bzw. deren Abwesenheit. Und auch immer wieder Kirchen-Kritik. Dafür, dass es dabei nicht moralinsauer zugeht, sorgt Carolin Kebekus mit Charme, Sexiness und Kölner Chuzpe.
(Meedia 23.03.15 Stefan Winterbauer: Carolin Kebekus & Jan Böhmermann – die Komiker-Generation mit Witz und Haltung)

Winterbauer gleich das aktuelle Spitzenduo Böhmermann-Kebekus mit jenen Komikern ab, die nur prollig seien und keine Botschaft haben. Es fällt der Name Mario Barth.

Winterbauer schreibt dem Duo folgende wichtige Aufgabe zu:

Im Kern machen die beiden Komiker knallharte Gesellschaftskritik ohne Zeigefinger. Beide sind respektlos, witzig, hochprofessionell und über alle Maßen authentisch. Und beide polarisieren. Es gibt genug Leute, die mit Böhmermanns Eulenspiegeleien 2.0 nix anfangen können oder denen die Kebekus zu derb-laut ist. Aber sie sind erkennbar, haben ihren unverwechselbaren Stil, eine Botschaft und ihr Publikum liebt sie dafür.
(ibid.)

Der Kritiker sieht in den beiden „im positivsten Sinne kantigen und politischen Figuren“ eine große Hoffnung für das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

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