SaSe90: Gibt den Recep Tayyip Erdogan aus Niederbayern: DSDS-Barde Florian Fesl mahnt Satire ab

Menschen mit einer sympathischen Volksmusikintoleranz oder jene, die nicht den voraussetzenden Verblödungsgrad aufweisen, um Fernsehsendungen wie Deutschland sucht den Superstar (DSDS) länger als fünf Minuten zu ertragen, kennen ihn vielleicht gar nicht: den aus Niederbayern stammenden Sänger und Musiker Florian Fesl. Der traktiert unter anderem auch eine steirische Harmonika, wie er auf seiner Webseite schamlos gesteht.

Der in der Namensflut der Dieter-Bohlen-Opfertruppe Unkundige sollte „Florian Fesl“ bitte auf gar keinen Fall mit dem Komiker Fredl Fesl verwechseln, der das nun wirklich nicht verdient hätte.

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Das Schicksal muss einen gnadenlosen Raubbau an der jungen hoffnungsvollen Künstlerbiografie von Florian Fesl betrieben haben. In einem Alter, in dem andere sich gerade erst zaghaft in die Trockenheit hinter ihren Ohren einfühlen, hat dieser junge Mann mit 28 Jahren schon eine „Kreativpause“ (!) hinter sich. Wenn sich der energetische Slowdown in diesem Tempo fortsetzt, wird sich Fesl wohl ab 40 auf den dauerhaften Liegendtransport wenn schon nicht einstellen, dann doch verlegen müssen.

Noch aber reicht die Kraft, um dramatische Akzente zu setzen:

Überraschend und mutig sein erster Auftritt nach der Kreativpause. Florian Fesl setzt ein Signal! Bei DSDS(RTL) stellt sich der ehemalige Star der volkstümlichen Musik zu Jahresbeginn 2016 der Jury um Dieter Bohlen. Eine erste Nagelprobe. Und seine Fans fiebern mit! „Dabei sein ist alles! Und Spaß macht‘s eh!“
(Webseite Florian Fesl; Hervorhebg. SaSe)

Der Homepagebetreiber schließt sich hier ganz unerschrocken der allgemein üblichen euphemistischen Verwendung des Attributs „mutig“ an, das bei anderen Sprachverwendern gern das eigentlich gemeinte „ziemlich dämlich“ ersetzen muss.

Über Florian Fesls ersten DSDS-Auftritt auf Jamaika berichtete unter anderem das Schlagerportal.

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Bei „Dabei sein ist alles“ blieb es dann auch. Da im Fall Florian Fesl mit arschteuren anwaltlichen Abmahnungen zu rechnen ist, sei für den weiteren Verlauf seiner DSDS-Karriere auf einen ohnehin relevanten Artikel in der Passauer Neuen Presse (der als Ganzes allerdings hinter einer Paywall liegt) verwiesen:

Am Samstag zeigte RTL die letzte Folge „Deutschland sucht den Superstar“, die in Jamaika entstanden war. Mit dabei: Florian Fesl aus Freyung. Es war auch der letzte Auftritt des 28-Jährigen in der Show. Für die nächste Runde reichte es nicht mehr. In die Top 20 schaffte er es nicht. Und er wollte auch gar nicht, wie er im PNP-Gespräch verrät. Dabei plauderte er auch darüber, was Millionen Zuschauern am Fernseher verborgen bleibt…
(Passauer Neue Presse 21.03.2016: „Florian Fesl – Bei DSDS raus und froh darüber“)

Satire und Persiflage des PNP-Artikels auf „da Hog‘n“
Da Hog’n, das „Onlinemagazin ausm Woid“,  ist ein Projekt, das Aufmerksamkeit und Unterstützung verdient. Der kryptische Name leitet sich aus einem traditionellen Kommunikationsmittel ab: „Da Hog’n“ war ein Holzstecken, in dem einst Nachrichtenzettel von Haus zu Haus wanderten, erklärt die Süddeutsche in einem Artikel über das regionale Gegenöffentlichkeitsprojekt. Die beiden Journalisten Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer betreiben die Webseite seit vier Jahren als gut nachgefragte  Alternative zur örtlichen Monopolpresse (PNP). Zum unverzichtbaren Werkzeug moderner Medien gehört selbstverständlich auch Satire.

Und mit den Mitteln der Satire persiflierten die Journalisten von da Hog‘n obigen PNP-Artikel und dessen zentrale Aussagen zu Fesls Angaben über seinen DSDS-Aufenthalt in Jamaika. Der Titel der inzwischen wieder von der Seite genommenen Satire am 22. März 2016: „Verschleppt, gequält, erniedrigt: Florian Fesl ging durch die DSDS-Hölle“.


Florian Fesl lässt die Satire anwaltlich abmahnen
Nach einem kurzen (und inzwischen auch wieder gelöschten) Posting-Scharmützel auf dem Facebook-Account von da Hog‘n zwischen den Satirikern und dem „Icy-T des Bayerwalds“ (Formulierung aus der Satire) flatterte Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung eines Rechtsanwalts aus Frankfurt ins Redaktionsstüberl – im Auftrag von Florian Fesl. Mit beigefügter Unterlassungserklärung und allem Drum und Dran.

Aus der Liste der inkriminierten Textpassagen in der Abmahnung, die von den beteiligten Parteien nicht veröffentlicht wird, nennt Florian Fesl im Gespräch mit dieser Redaktion einige Beispiele. Die Satire habe allein mehr als zehn falsche Tatsachenbehauptungen enthalten, die damit gleichzeitig Fesls Persönlichkeitsrechte verletzt hätten.

Aus juristischen Gründen dürfen diese inkriminierten Passagen nicht zitiert werden.  Dem Leser sei aber versichert: Sie liegen meilenweit unter der Beleidigungswucht von Dieter Bohlens Kommentaren zu den Auftritten von Fesl!

Allerdings und ohne Wissen und Erlaubnis der Urheber ist die Satire selbst immer noch in der Ursprungsversion im Netz verfügbar. Die Autoren bemühen sich nach ihren Angaben SaSe gegenüber derzeit intensiv, die Löschung des raubkopierten Textes auf einer Webseite ohne Impressum zu erwirken.


Richtigstellung und glaubwürdige Entschuldigung
Nach Erhalt der anwaltlichen Abmahnung mit einer Fristsetzung von zwei Tagen hat da Hog‘n die Satire über Florian Fesl als Ganzes von der Webseite genommen.
Hinweis: Was sie nicht hätten tun müssen; eine Löschung der sogenannten inkriminierten, also vom Anwalt als juristisch problematisch bewerteten Passagen hätte vollständig ausgereicht! Wie so eine verhackstückte Satire dann aussieht – siehe hier!

Übrigens ist eine Fristsetzung von zwei Tagen extrem „großzügig“ – im Kontext äußerungsrechtlicher anwaltlicher Abmahnungen. Fristsetzungen von nur wenigen Stunden sind bei den Hardcore-Medienanwälten durchaus „üblich“.

Stattdessen hat da Hog’n eine ausführliche Erklärung inklusive persönlicher Entschuldigung zu den Vorgängen abgegeben: Richtigstellung: Was in Sachen Florian Fesl gesagt werden muss.

Nach Abdruck der (nur bei da Hog‘n verfügbaren) „Pressemitteilung“ von Florian Fesl und weiteren Ausführungen entschuldigen sich Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer ironiefrei, glaubwürdig und …. redundant:

Zuallererst möchten wir uns in aller Form beim Sänger und Musiker Florian Fesl aus Freyung-Perlsöd entschuldigen. Es war zu keinem Zeitpunkt unsere Absicht, etwaige Persönlichkeitsrechte von Herrn Fesl zu verletzen, Unwahrheiten bzw. Falschbehauptungen über ihn zu verbreiten oder den Eindruck etwaiger rufschädigender Äußerungen, übler Nachreden bzw. Verleumdungen zu erwecken.
(da Hog‘n 24.03.16: „Richtigstellung: Was in Sachen Florian Fesl gesagt werden muss“)

Verfahrenstaktisch war diese Entschuldigung sicherlich weise. Im Kern ist sie redundant. Die Funktion von Satire liegt nicht in der Verletzung von Persönlichkeiten und ihren Rechten, ganz besonders nicht von Personen des öffentlichen Lebens, die diese Rechte von einem indiskutablen Dieter Bohlen vor laufender Kamera mit Gülle übergießen lassen. Die angeblich so übel hergerichteten Persönlichkeitsrechte  werden von den Kritisierten nur häufig dafür instrumentalisiert, sich Satire und satirische Kritik vom Hals zu schaffen – die Kritik von leichter niederzuringenden Emittenten als einem Dieter Bohlen.

Das von typisch deutscher Rechtsverdreherei hervorgebrachte Konzept, eine Bestimmung des Wahrheitsgehalts von Behauptungen auf einen fiktiven Text wie Satire anwenden zu wollen, mag zwar juristische Praxis sein (Juristen schwadronieren dann gern vom „Tatsachenkern“), den meisten Vollblutsatirikern bleibt dieser absurde Ansatz auf ewig wesensfremd. Wie wenig weit er trägt, zeigt ein aktuelles Beispiel bei den Satirikern von extra3, die auf die diplomatischen Proteste des türkischen Präsidenten gegen ihr Satire-Lied „Erdowie, Erdowo, Erdogan“ wie folgt – satirisch – reagieren:

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Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot Facebook extra3

Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot Facebook extra3

Es wird hoffentlich nicht das Weltbild eines Florian Fesl und seiner juristischen Berater atomisieren, aber Recep Tayyip Erdogan war noch nie Mitarbeiter der extra3-Redaktion! Und ich möchte fast mutmaßen: Er wird es auch nie mehr?

Der Blog Regensburg digital kommt hinsichtlich der in der Wahl der Mittel völlig überzogenen Maßnahme [auch das ist jetzt eine Meinungsäußerung, Herr Fesl-Anwalt, gelle] einer kostenpflichtigen anwaltlichen Abmahnung gegen Blogger zu dem Ergebnis: Humorloser Harmonikaspieler.

Ich trachte ja immer danach, die Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu bewerten (Auftritt Fesl ab 4:10) … :

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Florian Fesl fühlt sich bestätigt
Die Urheber der [nach meiner Meinung völlig] harmlosen Satire haben diese nicht nur von ihrer Webseite genommen und sich persönlich entschuldigt. Sie haben auch eine Unterlassungserklärung unterschrieben.

Das Gesamtkunstwerk kommentiert B. Klasser auf da Hog’n:

Ein Lob dem ersten Hog´nartikel, der diese DSDD-Geschichte glasklar abgebildet hat! Warum man sich hier von „Rechtsanwälten“ ins Bockshorn jagen ließ, verstehe ich nicht!
(Leserkommentare unter da Hog’n  24.03.16: Richtigstellung: Was in Sachen Florian Fesl gesagt werden muss„)

Mit seinem Unverständnis steht B. Klasser nicht allein. Die Nachfrage bei den Abgemahnten bringt Erhellung. Keineswegs leiteten Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer diese Schritte unbedacht, vorschnell oder gar ohne juristische Expertise ein. Dies alles geschah auf ausdrücklichen Rat der Experten des bayerischen Journalistenverbandes (BJV).
Die Frage, warum in die in diesem Fall gegebene voluminöse Verhandlungsmasse (i. e. die Bereitschaft der Autoren, die Satire als Ganzes zu löschen) nicht wenigstens noch dazu eingesetzt wurde, aus der Anwaltsrechnung die Luft herauszulassen, ließ sich nicht klären.

Der mit Satire gewürdigte, dies aber als persönliche Kränkung empfindende Florian Fesl  sieht sich durch dieses Vorgehen der Satiriker in seiner Maßnahme bestätigt, wie er dieser Redaktion gegenüber in einem ausführlichen Telefonat erklärt. Übrigens ist SaSe mit dieser Auskunft von Fesl schon privilegiert unter den Blogs, denn den Kollegen von Regensburg digital habe er nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung gestanden.

Florian Fesl kränkt es, nach seinem  Vorgehen gegen da Hog’n als humorlos hingestellt zu werden. „Ich finde Pressefreiheit richtig und wichtig. Aber auch Satire soll bei der Wahrheit bleiben“, erklärt er gegenüber SaSe.

In dem durchaus angenehmen, ausführlichen und in durchgehend freundlichem Ton gehaltenen Gespräch mit dem Künstler ist zu merken: Fesl ist offensichtlich völlig durchtränkt von der oben schon abschließend bewerteten These des wahren Tatsachenkerns von Satire. Wer bereit ist, diese Perspektive wenigstens probeweise einmal einzunehmen, der kann seine Empörung zumindest nachvollziehen. Allein … Mario Draghi unterschreibt die Geldscheine nicht wirklich!


Kostenpflichtige Abmahnung – ein völlig unverhältnismäßiges Mittel

Angesprochen auf den Vorwurf, mit der anwaltlichen kostenpflichtigen Abmahnung völlig unverhältnismäßige Mittel gegen das Online-Magazin zum Einsatz gebracht zu haben, verweist Fesl auf die seiner Meinung nach als vorheriger Gesprächsversuch zu wertenden Postings auf dem Facebook-Account von da Hog’n. Diese liegen dieser Redaktion als Screenshots vor. Da sie aber von den Herausgebern des Accounts gelöscht wurden, sollen sie nicht neuerlich veröffentlicht werden. Auf Nachfrage erklärt Hörhammer, dass sich zum Zeitpunkt der betreffenden Fesl-Postings die anwaltliche Abmahnung schon im Maileingang befunden habe. Wenn das stimmt, wäre der vorherige Einigungsversuch vom Tisch.

Besonders bitter für die Verantwortlichen von da Hog’n: Durch Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung sind sie rechtlich verpflichtet, die in vielen Fällen hohen Abmahnkosten des Rechtsanwaltes zu tragen. Zur Höhe der Liquidation in diesem Fall machen sie keine Angaben, bestätigen aber mit „so ungefähr“ den üblichen Bereich mit einem höheren dreistelligen Betrag. Betreiber von publizistischen Alternativprojekten wie da Hog’n gehören schon zu den Erfolgreicheren, wenn sie es schaffen, ihren Blog wirtschaftlich zu betreiben. Solche Kosten wie die für eine anwaltliche Abmahnung sind eine herbe wirtschaftliche Belastung.


Fesl-Benefizkonzert „auf Eis gelegt“
Aber nicht nur für die da-Hog’n-Herausgeber haben die Satire und ihre zum Frommen eines Anwalts versilberten Aktionen weitreichendere Folgen. Auch die Fesl-Fans und allfällig Begünstigte des Vereins Freyung hilft e. V. werden bestraft [Herr Fesl-Anwalt: Ich verwende „bestraft“ hier nicht im wörtlichen, sondern im übertragenen Sinne]:

Für 2017 hatte Florian Fesl ein großes Benefizkonzert geplant. Der Erlös sollte „Freyung hilft e. V. „ zu Gute kommen. Seine neue Bekanntheit, die er durch die Teilnahme bei „Deutschland sucht den Superstar“ gewonnen hatte, sollte ihm dabei helfen, berühmte Acts nach Freyung zu holen. Doch nun hat er diesen Plan erstmal auf Eis gelegt, wie Fesl gestern in einer Pressemitteilung erklärt: „Die zukünftig geplanten Projekte, mit mir als Werbepartner der Region, allen voran ein Benefiz-Konzert für die Organisastion „FreYung hilft e. V.“ werden vorerst stillgelegt.“ Grund dafür sein ein Bericht im Online-Magazn „Hog’n“, das ihn in keinem guten Licht darstelle.
[…]
Wie Fesl auf PNP-Nachfrage sagt, habe der Bericht „nichts mehr mit Humor zu tun“.
[…]
Er hätte sich gewünscht, dass ein örtlicher Sänger mehr Unterstützung aus der eigenen Region bekomme.
(Passauer Neue Nachrichten 24.03.16: „Florian Fesl legt Benefiz-Konzert auf Eis“; Hervorhebg. SaSe)

Fesl hätte sich mehr Unterstützung für seine Ambitionen bei einer derartigen Menschen-Verheizen-Sendung wie DSDS gewünscht? Eine – meine Meinung – völlig harmlose Satire wird zur Dolchstoßlegende für einen mit Schmalztolle dekorierten Trällerbarden skandalisiert? Ein Künstler, der nach einer Satire, ein Benefiz-Konzert „auf Eis legt“, von dem Bedürftige profitiert hätten?

Passt!

Achtung, Flori: satirischer Nachklapp
Der Autokrat und Pressefreiheitsdemontierer Recep Tayyip Erdogan hat (k)eine Anfrage an Florian Fesl gestellt, wie der denn das geschafft habe, wonach es dem größenwahnsinnigen Herrscher des osmanischen Reiches so sehr gelüstet: eine (deutsche) Satire erfolgreich aus dem Netz löschen zu lassen. Völlig frei erfundenen Pressemeldungen zufolge soll Erdogan dem niederbayerischen Harmonika-Traktierer eine aussichtsreiche Karriere als Satire-Vernichtungsberater angeboten haben. Dann wird es für extra3 erst richtig eng!

Im ärmlichen Plagiat der gelungenen Postillon-Grafik zur beleidigten Leberwurst Erdogan hier die personell abgewandelte SaSe-Version:

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Foto: timreckmann / pixelio.de

Foto: timreckmann / pixelio.de

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