SatBur18: Nachgetreten: Der Südkurier, Siegfried Volk und die Silphie

Im SaSe-Bericht über eine Veranstaltung des Arbeitskreis bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Pfullendorf am 14. Februar 2019 hatte ich den Kommentar des Südkurier-Redakteurs (Pfullendorf) Siegfried Volk gelobt. Darin arbeitet der Journalist den eigentlichen Zweck der AbL-Veranstaltung heraus und beschreibt das durchgängige Dilemma agrarpolitischer Debatten. Aus seiner Sicht.

Verzichtet hatte ich bei meinem Lob in dem ohnehin wieder einmal sehr lese-intensiven Beitrag auf die Kommentierung des Predigtteils, ohne den beim Südkurier auch nichts möglich zu sein scheint. Ein Südkurier-Moralprediger besonderer Güte ist etwa auch der Journalist Karlheinz Fahlbusch, der seine seelsorgerischen Tätigkeiten bei dieser oder einer anderen Gemeinderatssitzung auch gleich auf die gesamte Besetzung des Pressetisches ausdehnt. Diese Aufgabenüberlastung führt dann gelegentlich dazu, dass seine Berichte nicht ganz fehlerfrei sind. Anders als in diesem (auch nur bedingt, da von den Betroffenen als „toxisch“ empfunden) lobenswerten Fall wurde im obigen Beispiel der Fehler für die Leser nicht nachvollziehbar korrigiert. Das ist ein Verstoß gegen den Pressekodex, Ziffer 3: Richtigstellung.

Angesichts des aktuellsten Medienskandals um das „Framing Manual“ der ARD entwickeln die unsäglichen Moralpredigten im Südkurier ein ganz neues Assoziationsszenario.

Siegfried Volk etwa weiß Rat zum Dilemma agrarpolitischer Debatten im Allgemeinen und den Existenzsorgen der authentisch bäuerlichen Landwirtschaft der Region im Besonderen. Seine Weltrettungshandreichungen beginnt er mit einer mutigen Plattitüde und strapaziert gleich auch noch die als Lüge längst entlarvte angebliche Verbrauchermacht:

Letztlich können es nur die Menschen richten. Grundstücksbesitzer, die aus ihren oftmals ererbten Flächen nicht den höchst möglichen Pachtprofit erzielen wollen. Biogasbetreiber, die ihren Nachbarn nicht die überlebenswichtigen Pachtflächen abspenstig machen. Verbraucher, die bereit sind, für die heimischen Agrarprodukte mehr zu zahlen, weil die Bauern unverzichtbar für den Erhalt unserer Kulturlandschaft sind.
(Südkurier 15.02.2019 Kommentar von Siegfried Volk: „Sein und Schein“)

Leider hat der Südkurier-Redakteur Siegfried Volk in seiner hilfreichen Listung betörend schlichter Lösungsmaßnahmen einen wichtigen Akteur vergessen: den Südkurier selbst!
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Schaut man den Moralpredigern des Südkuriers unter ihre von Selbstverliebheit aufgegasten Talare, ergeben sich dabei durchaus widersprüchliche Richtungsanweisungen, wie sie dieses Foto vom Forum Langenargen so eindrücklich abbildet. Foto: Forum Langenargen

Schaut man den Moralpredigern des Südkurier unter ihre von Selbstverliebheit aufgegasten Talare, ergeben sich dabei durchaus widersprüchliche Richtungsanweisungen, wie sie dieses Foto vom Forum Langenargen so eindrücklich abbildet.
Foto: Forum Langenargen

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Denn vielleicht hülfe es den Kleinbauern und der bäuerlichen Landwirtschaft insgesamt auch, wenn der Südkurier nicht seit Jahren und flächendeckend im gesamten Verbreitungsgebiet als „Anzeige“ gar nicht kenntlich gemachte unkritische Werbung für den Energiepark Hahnennest EPH und die Metzler-Brodmann Saaten GmbH als einziger wirtschaftlicher Profiteur die Silphie betriebe?
(Ganz ruhig, die Herren EPH-Anwälte in Berlin: Das ist doch klar Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung!)

Werfen wir einen Blick auf die vom Südkurier gedruckten Fakten dazu:

  1. Südkurier (Ostrach), 01.09.2015: „Ostrach: Silphie: Ersatzpflanze für Energiemais?
    (nur als pdf bei imker-ueberlingen.de verfügbar)
    + Autor: (Trommelwirbel, Spots on:) Siegfried Volk
    + Das Unternehmen Energiepark Hahnennest, Thomas Metzler und andere „Landwirte“ des EPH werden werbeträchtig genannt.
    + Der gesamte Artikel ist unkritisch.
    + Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. der BUND Pfullendorf) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg noch ein Imker kommen zu Wort.
    + Der Artikel ist nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet.
  1. Südkurier (Villingen), 02.08.2017: „Silphie: Eine Pflanze als <eierlegende Wollmilchsau>
    + Ausdrücklich werden die vielen „Vorteile der Pflanze“ genannt; von Nachteilen ist nicht die Rede.
    + Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. der BUND) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg noch ein Imker kommen zu Wort.
    + Der Artikel ist nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet.
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  2. Südkurier (Region Hochrhein), 24.08.2016: „Alternative im Blick: Silphie statt Mais als Biogaspflanze
    + Der Artikel berichtet über eine Informationsveranstaltung des Fachverbands Biogas, der – natürlich und völlig eigennützig – Werbung für die Silphie macht.
    + Die Imker werden immerhin als Berufsstand, der mit der Silphie befasst ist, erwähnt.
    + Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. Nabu oder BUND) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
    + Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.
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  3. Südkurier (Region Linzgau), 02.09.2016: Silphie-Pionier lebt seinen Blütentraum
    + Der „Artikel“ ist mit „SK“ gekennzeichnet, wobei „SK“ meines Wissens und meiner Beobachtung nach immer dann verwendet wird, wenn es gar keinen Südkurier-Autor gibt. Das ist zum Beispiel bei Pressemitteilungen der Fall. Ohne dass es für den Leser nachvollziehbar wäre, würde hier also eine Pressemitteilung des vermarktenden Unternehmens abgedruckt? Am Ende des Pseudo-Zeitungsartikels wird ausdrücklich auf das (damals noch existierende, inzwischen namentlich erweiterte Unternehmen) Metzler Brodmann KG hingewiesen. Und tatsächlich taucht derselbe Text auf der Homepage der Metzler-Brodmann Saaten GmbH unter dem 02.09.2016 auf.
    + Komisch, der Artikel war gar nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet?
  1. Südkurier (Bodenseekreis), 29.09.2016: Durchwachsene Silphie: Energie, Honig und blühende Landschaften
    + Neuerlich werden die wirtschaftlichen Profiteure des Silphie-Anbaus namentlich werbend genannt: „innovative Landwirte wie Ralf Brodmann und Thomas Metzler aus Ostrach“.
    + Der Vorsitzende des Bezirks-Bienenzuchtvereins Siegfried Wehrle wird zitiert: „Die Pflanze ist ein wahrer Segen.“
    + Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. Nabu oder BUND) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
    + Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.
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  2. Südkurier (Villingen), 02.08.2017: Silphie: Eine Pflanze als <eierlegende Wollmilchsau>
    + Wieder mit Bezug auf einen Landwirt vor Ort wird kräftig Werbung für die Silphie gemacht. Der Leser wird ganz wuschig vor lauter „Blütenmeer“ und dem „Summen der Bienen“. Die Pflanze brauche keine Düngung (was wohl nicht stimmt, wenn ich bei Frau Agraringenieurin aufgepasst habe). Und die Welt wird zweifelsohne eine bessere, wenn nur alle Südkurier-Leser den Silphie-Anbau befürworten.
    + Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. Nabu oder BUND) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
    + Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.
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  3. Südkurier (Region Hochrhein), 04.08.2017: Biogaslandwirte und Imker freuen sich über Silphie
    + Jedem sprachlich sensiblen Leser muss bei all diesen Werbe-Artikeln des Südkurier die immer gleiche Wortwahl auffallen. Auch hier ist es wieder, das „gelbe Blütenmeer“, in dem sich „zigtausende Insekten tummeln“. Zahlen oder gar Quellen werden nicht genannt; die Insekten sind ja auch nicht aktivlegitimiert, um gegen diese unbewiesene Behauptung Einspruch einlegen zu können.
    + Am Hochrhein stellt sich der Imker-Vereinsvorsitzende Emil Meier aus Hohentengen für das EPH-Marketing zur Verfügung, um in das Hohe Lied der Silphie einzustimmen. Dabei lässt er sich sogar zu Aussagen sogar über die positiven Reaktion von Wildbienen hinreißen, die meines Wissens so nicht haltbar sind.
    + Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. Nabu oder BUND) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
    + Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.
  1. Südkurier (Region Schwarzwald), 22.08.2017:Silphie statt Mais lohnt sich vielfältig
    + Das nämliche Strickmuster: Her mit dem örtlichen Landwirt, der als überglücklicher Strahlemann und – hahaha – Biogasanlagenbetreiber von der Silphie schwärmt.
    + Der Artikel enthält ganze Textpassagen im Gewande der Tatsachenbehauptung, die unmöglich auf irgendeiner Recherche des Südkurier beruhen können, für die aber keine Quelle genannt wird:

Die Pflanze ist grundwasserschonend, fördert Bodenlebewesen und baut Humus auf. Durch ganzjährige Bodendeckung werden Erosionen vermieden. Und sie bietet Lebensraum für vielerlei Insekten und Wildtiere. Mit ihren gelben Blüten ist sie eine optische Bereicherung des Landschaftsbildes.
(ibid.)
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Ein beeindruckender Schlaubatz, der hier schreibende Lutz Rademacher. Woher weiß er all das? Warum gibt er für dieses Wissen keine Quelle an? Weil diese Quelle unter Umständen wieder Metzler Brodmann KG bzw. Metzler-Brodmann Saaten GmbH heißt?
+ Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. BUND oder Nabu) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
+ Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.

9. Südkurier (Kreis Konstanz), 25.09.2017: Landwirt Armin Zolg setzt auf die Durchwachsene Silphie
+ Vermutlich können Sie es jetzt schon allein? Man nehme einen Landwirt aus der Region, in diesem Fall ein durch die Silphie überbeglückter Armin Zolg vom Weingut Winkelhof in Gailingen.
+ Und das Lexikon kennen Sie auch schon: „leuchtend gelbes Blütenmeer“, nur [!!!] „Vorteile“, „eine Unzahl von Bienen und anderen Insekten“.
+ Neu ist hier ein Vertreter des Bauernverbandes (völlig ungleich Vertreter kleinbäuerlicher Landwirtschaft!), Peter Graf vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband, der einen ganz besonderen und offenkundigen Blödsinn vom Stapel lässt. Eine der unendlich vielen Vorteile der Wunderpflanze nämlich sei derjenige im Hinblick auf die „Auflockerung der Fruchtfolge“. Offensichtlich ist man auch beim Südkurier jetzt schon so besoffen von den vielen Silphie-Vorteilen und den Kohorten summender Bienen, dass man einen solchen kapitalen Logik-Bock fröhlich durch das werbeglühende Zeilenmeer trudeln lässt. Denn durch die Silphie wird eine „Fruchtfolge“ nachgerade ausgeschlossen, wenn sie, wie behauptet, 10, 15 oder noch mehr Jahre auf dem Acker verbleibt.
+ Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (siehe oben) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
+ Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.

  1. Südkurier (Region Linzgau), 16.06.2018:Mehr Landwirte bauen die Silphie an
    + Autor: (Trommelwirbel, Spots on:) Siegfried Volk
    + Die zu bewerbenden Unternehmer brauchen nicht lange auf ihre Namensnennung zu warten: Schon im zweiten Satz werden die „Ostracher Landwirte“ Thomas Metzler und Ralf Brodmann genannt. EPH-Kritiker weisen die Bezeichnung „Landwirte“ für die beiden Unternehmer übrigens als irreführend zurück.
    + Als „lokaler“ Silphie-Anbauer hält bei Siegfried Volk Josef Weißhaupt her, der mit zwei Kollegen  – Überraschung! – eine Biogasanlage in Pfullendorf betreibt.
    + Das „Blütenmeer“ ist zwar nach all den Strapazen obiger durchgehender Silphie-Werbung im Urlaub, aber die Pflanze „passt bestens in den Nahrungskalender der Bienen [sic] und die fleißigen Insekten finden länger Nektar und liefern Honig, zudem können sich die Winterbienen fit für die kalte Jahreszeit machen“ (ibid.). Eine Quelle für diese erstaunliche Tatsachenbeobachtung des Herrn Siegfried Volk wird nicht genannt.
    + Ansonsten wie gehabt: Weder Kleinbauern (z. B. die AbL) noch Naturschutzverbände (z. B. der BUND Pfullendorf) noch ein Vertreter der Grünen als regierende Partei in Baden-Württemberg kommen zu Wort.
    + Der gesamte Artikel ist eine unkritische Werbung für die Silphie.

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Foto: Jorma Bork / pixelio.de

Foto: Jorma Bork / pixelio.de

Wir haben die obige Aufzählung begonnen mit einem Silphie-(Werbe-)Artikel von Siegfried Volk, Südkurier-Redakteur in Pfullendorf. Wir haben die Aufzählung beendet mit einem Silphie-(Werbe-)Artikel von Siegfried Volk, Südkurier-Redakteur in Pfullendorf.

Und jetzt nehmen Sie sich noch einmal den Moralkeulen- und Kleinbauern-Weltrettungsteil des Kommentars „Sein und Schein“ des Südkurier-Redakteurs Siegfried Volk am 15. Februar 2019 vor.

Wenn es bei Ihnen im Kopf jetzt summt, sind das keine glückstaumelnd durch gelbes Blütenmeehr voller Vorteile torkelnde Bienen …

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