TS02/17: Realsatire im Landkreis Sigmaringen und Kopfnuss für die Hamburger Pressekammer

Übrigens: Eventuell wird es in naher Zukunft auf diesem Blog konzentrierter um Satire in der politischen Praxis gehen. Und zwar in der politischen Praxis auf Kommunalebene; aus gegebenem Anlass namentlich im Landkreis Sigmaringen. Da steppt der Satire-Bär, dass Tucholsky seine Freude gehabt hätte. Ein besonders effektiver Emittent realsatirischen Widersinns ist die Gemeinde Ostrach im Landkreis Sigmaringen. Entsprechend lautet TOP 1 des heutigen Tagessenfes:

+++ Die Gemeinde Ostrach und ihre berittenen Boten
Kritische Stimmen sucht der Satirefreund im Landkreis Sigmaringen besser mit der Lupe. Eine derer – noch dazu in tadellosem Akademikerduktus ohne jede Polemik (also ganz anders als SaSe) – verlautbart sich auf dem Blog Schönes Ostrach von Franz Schreijäg.

Der engagierte Bürger bemüht sich seit Jahren, seiner Gemeinde Transparenz anzudienen, wo diese jene nun doch partout nicht haben möchte. So kritisiert Schreijäg belegt die fehlende ZEITNAHE Veröffentlichung der Protokolle von Gemeinderatssitzungen. Zu seinem berechtigen Anliegen, die Gemeinde Ostrach irgendwie in Deckung mit der Gemeindeordnung Paragraf 41 b (bestehend seit 2015!) zu motivieren, wandte sich der Brave auch an den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Dr. Klaus Burger. (Die Herausgeberin dieses Blogs legt äußersten Wert auf die Feststellung, dass sie mit dem Gleichnamigen weder verwandt noch verschwägert ist, ja nicht einmal Sympathien hegt. Um das Mindeste zu sagen.)

Der Erfolg dieses bürgerlichen Hilfeschreis blieb mehr als bescheiden; und damit in seinem Ergebnis bekannt betrüblich.

Im nächsten Schritt appellierte Schreijäg an die Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle. Und an dieser Stelle dann erfolgt der Übergang vom rein Ärgerlichen zur Realsatire und erreicht damit den Aggregatzustand, der den kommunalpolitischen Fakten in diesem gottvergessenen Landkreis angemessen ist.  Denn das Antwortschreiben des Landratsamtes an den tapferen Blogger legt den Schluss nahe, dass dessen „Prüfung“ wohl ohne einen Blick auf die Webseite der Gemeinde Ostrach ausgekommen ist.  Argument daselbst: Die Gemeinde Ostrach habe beschlossen, kein „Ratinformationssystem“ zu implementieren.

Allein: Wer immer sich die Mühe macht, diesem Link zu folgen, erkennt sofort, dass die Gemeinde Ostrach sehr wohl die technischen Voraussetzungen für die Information an die Bürger geschaffen hat. Dort etwa lassen sich die Unterlagen für die Gemeinderatssitzungen problemlos abrufen. Ob diese Möglichkeit nun alle Kriterien des „Ratsinformationssystems“ erfüllt oder nicht, das entzieht sich meiner Kenntnis. Fakt ist: Wo Unterlagen und Dokumente VOR einer Gemeinderatssitzung problemlos zum Download bereitgestellt werden können, muss das auch mit den Protokollen möglich sein?

Bearbeiteter (rote Kästen) Screenshot am 27. Juli 2017 der Gemeindeverwaltung Ostrach

Bearbeiteter (rote Kästen) Screenshot am 27. Juli 2017 der Gemeindeverwaltung Ostrach

Schreijäg verabsäumt aber nicht, diesen realsatirischen Aspekt in seinem offiziellen Antwortschreiben zu benennen und einen Leitfaden für Blöde – Wie rufe ich im Internet Dokumente bei der Gemeinde Ostrach ab? – beizufügen.

+++ Kopfnuss für das Landgericht Hamburg
Das wurde aber auch Zeit! Die von den Betroffenen durchweg als pressefeindlich empfundenen und seit Jahren in der Kritik stehenden Entscheidungen des Landgerichts Hamburg wurden jetzt endlich von berufener Stelle kritisiert. Wie Meedia berichtet, stärkt das Bundesverfassungsgericht die Rechte von Medienhäusern (und mithin aller Publizierenden; das betrifft auch Blogger!) und eröffnet den Betroffenen den direkten Weg zum Bundesverfassungsgericht. Anlass dafür ist der bekannte Usus der auch hier seit Jahren kritisierten Richter am Hamburger Landgericht, einstweilige Verfügungen – oft völlig ohne Not – ohne mündliche Verhandlung zu erlassen.

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