TS33/20: Ummendorf: SchwäZ-Artikel, die den Boden bereiten

Der Ummendorfer Bürgermeister Klaus B. Reichert ist empört. WENN man der (Hof-)Berichterstattung der Schwäbischen Zeitung vom 4. März 2020 glauben möchte.

Zu Empörung hat dieser Bürgermeister auch reichlich Anlass – zuvorderst vielleicht die Empörung über den Riesenschlammassel, den er selbst und seine Verwaltung für die bauwilligen Familien des Neubaugebietes „Heidengäßle / Mühlbürgle II“ angerichtet hat. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat zur defizitären Rechtmäßigkeit des Vergabeprozedere eine dezidiert kritische und dem BüM nicht so arg schmeichelnde Meinung, die es unter anderem in einem Beschluss im Sommer 2019 zum Ausdruck brachte. Nächste Woche ist Verhandlung dazu in Sigmaringen.

Aber nein, nicht wie zurecht zu erwarten und der Bauplatzvergabe-Schlammasselquantität wie –qualität angemessen bewirft sich Klaus B. Reichert von allen Seiten mit Asche. Stattdessen wirft er selbst … mit starken Vorwürfen um sich. Und zwar – ganz im Trend der populistischen Zeit – gegen die EU.

Diensteifrig und mit gezücktem Protokollstift eilt dazu an Reicherts Seite – wie stets: der SchwäZ-Redakteur Markus Dreher, um der informationsfreien Bürokratie-Schimpfe des Ummendorfer Verwaltungschefs einen ganzen und harmonisch angepasst auch informationsfreien Artikel zu widmen. Anlass (sicherlich nicht Grund): „Die Europäische Union (EU) will Geodaten in einem standardisierten Format zugänglich machen“ (Quelle). Um das gewährleisten zu können, sollen die Kommunen künftig ihre Karten und Texte über das Landratsamt in einem bestimmten Dateiformat ans Rechenzentrum ITEOS liefern. Das kostet und macht Arbeit.

Das kostet natürlich nicht einmal einen Bruchteil dessen, was die inzwischen mehrgliedrigen Verfahren in eingangs erwähnter „Causa Ummendorf“ vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen und dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg kosten (werden). Aber Bürokratie-Schimpfe und EU-Häme gehen immer gut, lenken prima von der Causa ab und liegen voll im Trend der Zeit.

Deshalb erkennt Reichert auch nur in solchen Maßnahmen der EU-Kommission eine „völlig überbordende Bürokratie“ und pure „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“. Ganz schlimm: Das Konnexitätsprinzip werde durchbrochen! Das ist jener Grundsatz, den der Volksmund mit „Wer bestellt, der bezahlt“ etikettiert.

Das sind Krokodilstränen, denn in der Causa Ummendorf wird das Konnexitätsprinzip noch lauter krachend durchbrochen. Für das juristische Gesamtkunstwerk vor mehreren Gerichten (weil die Gemeinde Ummendorf z. B. dem Gericht die Herausgabe von Akten verweigerte) müssen leider nicht diejenigen zahlen, die es „bestellt“ i. e. angerichtet haben. Hier blecht: der Steuerzahler!

Allerdings kann man dem Ummendorfer BüM einen gewissen Hang zum Zynismus nicht abschälen. Der informationsfreie Artikel, der den Leser zum Beispiel nicht einmal davon in Kenntnis setzt, WARUM die EU solches tut, schließt mit dem beinharten Zynismus: „Wir haben einen Eid geschworen und sind an Recht und Gesetz gebunden“.

Halleluja! Das muss man erst einmal bringen – wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Sigmaringen, das im bisherigen Verfahren festgestellt hat, dass sich die Gemeinde Ummendorf in der oben genanntem Causa eben gerade nicht an geltendes Recht gebunden gezeigt habe. Zum Beispiel was die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen anbelangt!

Als pseudo-journalistisches Beweisstück beantwortet der SchwäZ-Artikel alle offenen Fragen nicht:
+ Aus welchen Gründen hat die EU solches beschlossen?
+ Es sind alle Kommunen betroffen – warum regt sich ausgerechnet der Ummendorfer Rathauschef so zeilenstark und kurz vor dem Gerichtstermin in Sigmaringen auf?
+ Was hat es eigentlich mit dieser ominösen ITEOS GmbH auf sich, zu der der SchwäZ-Artikel nichts, aber auch gar nichts erklärt. Wo es im Netz zu dem Stichwort doch diese irritierende SchwäZ-Meldung gibt. Die berichtet von einem Beschluss des Hamburger Landgericht 2019, der ITEOS untersage, fürderhin unter diesem Firmennamen weiter aufzutreten, IT-Dienstleistungen anzubieten und seine bisherige Firmen-URL zu betreiben. Und danach findet sich zu diesem Thema nichts mehr. Wie kann das dort Berichtete heute noch gültig sein?  Warum gibt es dazu keine Folge-Artikel, die dem Leser zum Beispiel erklären, warum ITEOS doch noch unter seinem Namen auftritt und doch noch seine frühere URL betreiben darf und doch noch IT-Dienstleistungen anbietet.

Neulich hatte mir eine SchwäZ-Redakteurin von der Höhe ihrer (für mich) unerreichbaren Professionalität herab erklärt, die SchwäZ würde den Lesern Informationen zur Verfügung stellen. Saugut!

Dieser aktuelle und senfproduzierende SchwäZ-Artikel über die Reichert-Schimpfe stellt überhaupt keine Informationen zur Verfügung, sondern reißt vielmehr Fragen auf. Er ist Hofberichterstattung reinsten Wassers, der inhaltlich, insofern man diesen Begriff überhaupt anwenden kann, an die niederen Instinkte der EU-Feindlichkeit appelliert und so problematische Konstrukte wie ITEOS GmbH nicht erklärt.

Politikverdrossenen, EU-Kritikern und Wutbürgern jedoch dürfte dieses Machwerk geschmeidig reinlaufen.

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