TS49/20: Ravensburger Aktivisten legen brillante Broschüre zum 1.000-Kühe-Stall vor

Donnerwetter und Chapeau: Die auf diesem Blog schon einmal herb kritisierte Ravensburger Initiative gegen den 1.000-Kühe-Stall Ostrach legt jetzt eine Broschüre „Kein Megastall in Ostrach!“ vor, die mächtig beeindruckt.

Auf 50 Umweltpapier-Seiten wird das Projekt Megastall im Ortsteil Hahnennest der Gemeinde Ostrach (Landkreis Sigmaringen) vorgestellt und in seinen globalen ökonomischen, ökologischen und ethischen Bezügen ausgeleuchtet.
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Deckblatt der 50 Seiten umfassenden Info-Broschüre "Kein Megastall in Ostrach" der Ravensburger Initiative gegen den 1.000-Kühe-Stall Ostrach

Deckblatt der 50 Seiten umfassenden Info-Broschüre „Kein Megastall in Ostrach“ der Ravensburger Initiative gegen den 1.000-Kühe-Stall Ostrach

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Mit offensichtlich genialer grafischer Unterstützung ist dabei eine hochinformative Broschüre herausgekommen, die sachlich und ohne jede Polemik informiert. Als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts firmiert der bekannte Journalist, Autor und Kolumnist der Schwäbischen Zeitung Wolfram Frommlet.

Die Texte sind (deshalb?) gut lesbar, verständlich und fast fehlerfrei. Ein lockeres bis großzügiges Seitenlayout lädt den Leser eher ein als ihn durch dichtgedrängte Textzeilen zu verschrecken. Eine ganze Reihe anschaulicher Grafiken (z. B. zur deutschen und europäischen Milchwirtschaft) tun ein Übriges zur genussvoll informativen Lektüre.
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Kein Pranger!
Die Broschüre beginnt mit einem zweiseitigen Editorial, das durch eine streng sachliche Bewertung der Hahnennester Landwirte, Federführer des Gesamtprojekts Energiepark Hahnennest (EPH),  besticht. Diese werden nicht an den Pranger gestellt, sondern als „Opfer einer verfehlten Politik von Land, Bund, EU und der Lobbyisten“ klassifiziert. Das Handeln der EPH-Landwirte erhält existentielle Plausibilität: „Dass sie nach Auswegen suchen [sic] ist verständlich.“ Bei aller Plausibilität und Verständlichkeit aber gelte: „Ein 1.000-Kühe-Stall hat jedoch regional und international fatale Auswirkungen und kann keine Lösung sein.“

Daran an schließt sich die Projekt-Dokumentation des Megastalls in Ostrach, die auch den vergleichsweise späten Einstieg der Ravensburger Gegeninitiative im Frühjahr 2019 nicht verschweigt. Viel Raum (zehn DIN-A4-Doppelseiten!) erhält das Thema „Deutsche und europäische Milchwirtschaft“, das die massiven wirtschaftlichen Kräfte hinter dem „Wahnsinnsprojekt“ in einen gut verständlichen Zusammenhang bringt. Mit nahezu wissenschaftlicher Präzision werden die dazugehörigen Zahlen genannt und teilweise in anschaulichen Grafiken dargestellt. Nicht alle, aber viele Zahlenangaben sind mit Quellenangabe versehen.

Beim nächsten großen Thema „Globale Bezüge“ spielt der weltweit agierende französische Milchkonzern Lactalis die zentrale Rolle, der 2017 die Ravensburger Molkerei Omira geschluckt hat. Die Autoren der Broschüre gehen davon aus, dass die Milchproduktion des 1.000-Kühe-Stalls von Lactalis/Omira vermarktet werden wird, was den Blick auf Hahnennest als Teil der EU-Agrarpolitik eröffnet.
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Der Energiepark Hahnennest und Corona
Spätestens an dieser Stelle ergäbe sich dann auch der Konnex zum Thema Corona-Virus, der aber – aus offensichtlichen Gründen – in der gerade erst erschienenen (!) Broschüre nicht thematisiert wird  (nicht thematisiert werden konnte … sofern die Autoren keinen Zugriff auf Seher hatten). Die kausale Verbindung zwischen den multiplen menschlichen Eingriffen in ökologische Systeme sowie dem für den Menschen lebensbedrohlichen Rückgang der Artenvielfalt auf der einen Seite und dem Entstehen von Zoonosen (wie dem Corona-Virus) auf der anderen wird auch in der Politik erst jetzt erkannt und thematisiert, wie eine Pressekonferenz der Bundesumweltministerin Svenja Schulze am 2. April 2020 dokumentiert. Yogi Löw mag Corona als eine persönliche Reaktion von Mutter Erde auf menschliches Walten und Schalten empfinden. Wissenschaftliche nachgewiesen ist das Faktum, dass der Rückgang an Artenvielfalt und die mannigfaltigen Eingriffe des Menschen in natürliche Lebensräume das Entstehen von Zoonosen befördert und damit eine direkte und ursächliche Verantwortung für die aktuelle globale Corona-Katastrophe trägt (vgl. dazu auch die planet-e-Reportage Die Welt der Viren).

Natürlich kommt in diesem für uns alle tödlichen Spiel auch dem Megastall in Ostrach seine Rolle zu:

Auch beim 1.000-Kühe-Stall droht die Vernichtung bäuerlicher Existenzen, die Konzentration des Bodens in einer Hand, die Reduktion der Artenvielfalt in den nahegelegenen Naturschutzgebieten und die Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden. Das Projekt ist damit ein kleiner aber symptomatischer Teil im zerstörerischen Überbau einer deutschen wie europäischen industriellen Agrarpolitik. Sie muss radikal und sofort verändert werden.
(Broschüre „Kein Megastall in Ostrach“ der Ravensburger Initiative gegen den 1.000-Kühe-Stall Ostrach; Kapitel „Globale Bezüge“, S. 23; Hervorhebg. K. B.)

In der Broschüre folgen dann konzentrierte Informationen zum Thema „Tierwohl“ (6 Doppelseiten), „Boden, Wasser, Klima – Grundlage allen Lebens“ (10 Doppelseiten) und – ganz wichtig – die Entzauberung des Mythos „bio“ im Begriff der „Biogasanlage“ (8 Doppelseiten). Die Broschüre schließt mit dem Thema „Antibiotikaresistenzen in Gülle- und Gärresten“, das Leser in der Corona-Krise sicherlich auch noch einmal ganz anders rezipieren, als sie es vor wenigen Wochen noch getan hätten
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Beispielseite aus der genannten Broschüre: Eiin lockeres Seitenlayout, viele Grafiken und eine einfache eingängliche Sprache informieren sachlich über die Infamie des 1.000-Kühe-Stall in Ostrach-Hahnennest.

Beispielseite aus der genannten Broschüre: Ein lockeres Seitenlayout, viele Grafiken und eine einfache eingängliche Sprache informieren sachlich über die Infamie des 1.000-Kühe-Stall in Ostrach-Hahnennest.

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Die Broschüre schließt mit einer Auflistung weiterführender Medien. Dabei machen die Autoren von ihrem unbestrittenen Bedürftigenrecht Gebrauch, zwischenmenschliche Empfindlichkeiten über Sach- und Themengerechtigkeit zu stellen. Denn zweifelsohne gibt es bisher keinen anderen Ort im Internet, auf dem so viel und so breit zum Thema 1.000-Kühe-Stall in Ostrach publiziert wurde wie auf SatireSenf.de. Der Blog allerdings wird nicht erwähnt. Immerhin kommt der Kollege Franz Schreijäg mit seinem Blog Schönes Ostrach für alle zur Erwähnung.

Die Broschüre ist in einer Auflage von 1.000 Exemplaren erschienen, deren Druck von den Initiatoren vorfinanziert werden musste. Deshalb fällt pro Exemplar eine Kostenbeteiligung von 3 Euro an. Trotzdem wurden kostenlose Exemplare breit gestreut an Verbände, Marktbestücker in Weingarten und Ravensburg, Zeitungen, Naturkostläden, an die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und an weitere Multiplikatoren.

Die Papierversion der Broschüre ist erhältlich unter folgenden Mailadressen:
+ micha.matschinski@posteo.de
+ wolfram.frommlet@t-online.de

Unter den genannten E-Mail-Adressen kann man sich auch für einen Newsletter der Initiative registrieren lassen. Eine digitale Version soll es erst geben, wenn alle Druckexemplare (kostendeckend) verkauft sind.

Mein Senf
Bis zum März 2020 war der 1.000-Kühe-Stall in Ostrach einfach nur ein Wahnsinnsprojekt (von vielen anderen) der industriellen Landwirtschaft. In Zeiten von Corona, in denen die LEICHEN-LOGISTIK in Städten wie Madrid und New York zu einem nicht mehr oder nur noch per Gabelstabler und Massengrab zu bewältigenden Problem wird, ist der Megastall Ostrach-Hahnennest eine unfassbare Infamie!
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Bisher erschienene SaSe-Beiträge zum Thema 1.000-Kühe-Stall in Ostrach:
+ HInfo8: Mehr als 30.000 Unterschriften gegen den Mega-Kuhstall in Ostrach
+ TS03/17: Zu unterschreitende Grenzwerte nicht nur bei Dieselautos
+ HInfo9: 1.000-Kühe-Stall und die Technischen Werke Schussental: Massentierhaltung, wenn sie denn genehmigt
+ HInfo10: 1.000-Kühe-Stall Ostrach: Ehemaliger TWS-Aufsichtsrat appelliert an Minister Manfred Lucha und TWS-Aufsichtsratkollegen
+ HInfo11: 1.000-Kühe-Stall Ostrach: Die Position von Bürgermeister Christoph Schulz
+ TS05/11: Ein Schnäppchen auf dem Ostracher Ku’Damm und keine Massentierhaltung in Hahnennest
+ HInfo12: 1.000-Kühe-Stall: Eine dolle Einladung von und in den Energiepark Hahnennest

+ HInfo13: Feldlerche sucht neues Zuhause oder:  So spritzen und düngen Sie Ihre Lügen-Silphie richtig
+ HInfo14: Energiepark Hahnennest: Kein 1.000-Kühe-Stall mit Geberit?
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TS08/17: Energiepark Hahnennest antwortet ein bisschen

+ HInfo15: Erdgas Südwest Flüssiggasanlage: Südkurier-Artikel mit inhaltlichem Fehler verschwindet
+ TS11/17: Veranstaltungshinweis: Film & Diskussion „Gute Landwirtschaft für ein gutes Leben“

+ HInfo16: Energiepark Hahnennest EPH: Das meint Erdgas Südwest zum 1.000-Kühe-Stall
+ TS12/17: Ärzte im Bodenseekreis appellieren auch gegen den 1.000-Kühe-Stall
+ HInfo18: Energiepark Hahnennest: BUND übt umfassendeKritik an Änderung Bebauungsplan
+ HInfo21: 1.000-Kühe-Stall Energiepark Hahnennest: Petitionsausschuss vor Ort
+ TS04/18: Energiepark Hahnennest sei ein Saatguthersteller
+ TS14/18: Demokratie-Mimikry beendet: Petitionsausschuss hat keine Einwände gegen den 1.000-Kühe-Stall

+ TS16/18: „Die Anstalt“; Eine ganze Sendung zur fatalen Mega-Stall-Ideologie
+ TS25/19: Südkurier berichtet überregional zum Baubeginn 1.000-Kühe-Stall

+ TS26/19:  1.000-Kühe-Stall bei AUFSTEHEN Ravensburg: BUND-Vortrag stößt auf aktives Interesse
+ TS32/19: BUND geht juristisch gegen die Genehmigung des 1.000-Kühe-Stalls in Ostrach vor
+ TS50/19: AUFSTEHEN Ravensburg plant kreative Aktionen gegen den 1.000-Kühe-Stall Ostrach
+ TS64/19: 1.000-Kühe-Stall: Beginn der Bauarbeiten und der Transparenz
+ sTS106/19: Demo gegen 1.000-Kühe-Stall: Dilettantentango für alle, Nachrichtensperre für SaSe
+ TS111/19: 1.000-Kühe-Stall: Stuttgarter Nachrichten berichten krass ernüchtert
+ TS125/19: 1.000-Kühe-Stall Ostrach: HGV unterbindet Verbraucher-Aufklärung?

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