TS63/15: Satire-Tagung + Hassisten-Kritik + „Ausstieg rechts“ + stoersender.tv satirefrei

+++ Satire-Tagung in Osthofen: Vorbild bei Jonathan Swift
Die Allgemeine Zeitung /Rhein-Main-Presse berichtet über die Satire-Tagung in der Gedenkstätte des KZ Osthofen am vergangenen Wochenende (vgl. auch TS51/15). Die Frage, ob man über Hitler lachen dürfe, sei von allen Referenten und Teilnehmern bejaht worden. Dies habe aber mit einem gewissen Maß an Reflektion zu geschehen. Als Leitorientierung für die Bewegungsfreiheit von Satire und ihren Leitlinien sei der Klassiker Jonathan Swift mit seinem A Modest Proposal (1724). Ob Satire verstanden werde, hänge nicht nur von deren ästhetischer Qualität, sondern vom Grad der Betroffenheit des Rezipienten und seiner Fähigkeit zur kognitiv-reflektierenden Distanzierung ab. Gute Satire müsse den Feind bestimmen. Daraus ergebe sich zumindest für Dr. Jesko Friedrich, freier Autor und Darsteller für NDR extra3, eine mangelnde Eignung des Sujets "Mohammed".  

Vier Workshops und eine Podiumsdiskussion beschäftigten sich mit dem Thema künftige Nutzung von Humor und Satire in der Öffentlichkeit und Bildungsarbeit. Dabei könne „Satire ein wirkungsvolles Mittel sein, Impulse zu geben, Festgefahrenes aufzubrechen und Empathien zu wecken“ (Quelle).


+++ Wien: Ambivalente Theaterkritik über den Hassisten Serdar Somuncu
Da hat sich der österreichische Standard aber ordentlich Mühe gegeben-  mit einer Theaterkritik zu einem Auftritt von  Serdar Somuncu im Wiener Stadtsaal: Die doppelten Böden billiger Pointen. Der „deutsche Kabarettist türkischer Herkunft“ sei ein „geisteswacher Wüterich“, hinter dem auch der „besonnene geisteswache Zeitkritiker“ stecke. Beim Sichtbarmachen von Intoleranzmechanismen zeige er immer wieder Parallelen zur Genese des NS-Regimes auf. Dann ist von „billigen Fäkalpointen“ die Rede, die plötzlich einen doppelten Boden erhielten. Das wiederum sei eine natürliche Folge des Somuncu-Einsatzes für Ambivalenz. Weiter geht es mit der Kritik am Tugendterror und all dem, was die Welt vom Ambivalenten reinigen möchte und den Pluralismus gefährde. Die Frage, ob sich das Wiener Publikum beleidigt gefühlt habe, will der Theaterkritiker nicht beantworten und nimmt stattdessen die stehenden Ovationen als Wertung.
(Hut ab vor dem Autor der Kritik, Roman Gerold, der den Ambivalenz-Anspruch des Besprochenen in seiner Besprechung akkurat aufrechterhält!)
 

+++ 22. Rüsselsheimer Filmtage: Mit Satire gegen Ausländerfeindlichkeit
Aus rund 90 eingereichten Produktionen errangen Rupert Höller und Bernhard Wenger mit ihrem satirischen Film Ausstieg rechts (hier auf FB) zum Thema Ausländerfeindlichkeit den ersten Platz bei den 22. Rüsselsheimer Filmtagen. Die beiden Studenten der Wiener Filmakademie erzählen darin in sechs Minuten „wie ein Fahrgast in einem Autobus einen Streithahn, der einen dunkelhäutigen jungen Mann verbal mit ausländerfeindlichen Parolen attackiert, auf schlichte Weise austrickst und mitten in der Pampa einfach aussetzt. Der Film baut auf sich verdichtende Spannung und plötzliche, witzige Auflösung des Plots mit der klaren Botschaft: Ausländerfeindlichkeit? Nein, danke“ (Quelle).


+++ Friedenswinter-Elsässer-Wagenknecht-Dschungel: Bei "stoersender.tv" steppt der Bär
Differenziert sich die Linke aus? Oder kaputt? Wem kann man überhaupt noch glauben? Wie verhält es sich mit dem Friedenswinter? Sind Jürgen Elsässer & Co. grundsätzlich keine Gesprächspartner? Was ist dann mit den Nachdenkseiten? Urteilsbildung in Zeiten von mannigfaltigen Gegenöffentlichkeitsprojekten wird eher schwieriger? Der einzige Ankerpunkt bleibt der BILDblog, der sich auf Fakten konzentriert und die Fehlleistung der Medien dokumentiert statt Meinung zu verbreiten. Zumindest werfen die diversen Gegenöffentlichkeitsprojekte  in den vergangenen Monaten mehr Fragen auf als sie beantworten. Einer der Konflikte ist jetzt aufgebrochen: Jutta Ditfurth kritisierte einen Tweet von der Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht als „deutschnational“. Stoersender.tv springt Ditfurth bei und teilt den Beitrag. Daraufhin entbrennt eine leidenschaftliche Diskussion auf dessen Facebook-Account, die wiederum von den „Watch-Seiten“ aufgegabelt und bedankt wird. Einige Poster wenden sich empört von stoersender.tv ab und sehen Dieter Hildebrandt im Grab rotieren.
Die Kriegsvorbereitungen laufen davon unberührt weiter …

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