[SATIRE!]
Ein neues Video des Gegenöffentlichkeitsprojekts und "Videoportal" Denkfunk.de, ein Autoren-Zusammenschluss der Crème de la Crème der politischen Kabarettistenszene, greift mutig das Thema Geschäftemacherei mit Esoterik und Spielsucht auf.
In der Tat findet sich die Kommerzialisierung von Esoterik immer wieder auf der gesellschaftlichen und politischen Agenda und bietet nicht zum ersten Mal Angriffsfläche für satirische Attacken oder kritische Fernsehberichterstattung.
Zur originellsten und zeitgleich mutigsten dieser gehört zweifellos der gefakte Auftritt der Aktivisten von PENG Collective! bei Astro TV im Februar dieses Jahres. Die Aktion hatte nicht zuletzt aufgrund von anwaltlichen Abmahnungen durch Astro TV ein breites Medienecho gefunden, den sogenannten Streisand-Effekt: Berliner Zeitung, Vice, stern, Netzpolitik.org, NDR, Bayerischer Rundfunk; sogar im Ausland: Kurier (Österreich), marketingdirecto (Spanien).
"Denkfunk.de" im Mainstream der Systemkritik
Quod erat demonstrandum: Wenn also auch Denkfunk.de das Phänomen von Geschäftemacherei mit Blauäugigkeit und Hoffnung aufgreift und kritisch anspricht, agieren unsere Kabarettisten damit tief aus der Mitte des Mainstreams der Systemkritik heraus.
AstroTV ist in dem von den peng-Collective-Aktionskünstlern kritisiertem Marksegment natürlich die oberste Liga. Dagegen macht das neue Video aus dem Hause Denkfunk darauf aufmerksam, dass das Business rund um Karten, Engel und Heilsversprechen schon im Kleinen und etwa im Affiliate-Marketing beginnt:
(Bildzitat Screenshot DigiStore24, Rubrik „Marktplatz“ > Spiritualität und Esoterik)
Denn es sind dieselben Themen wie bei Big Playern à la AstroTV: Kartenlegen, Heilsversprechen und andere esoterische Themen, die als Geschäftsmodell dienen.
(Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot DigiStore24, Rubrik Markplatz > Spiritualität und Esoterik)
"Denkfunk" spricht das Verdikt über die Abzocke von Zockern!
Denkfunk übernimmt da durchaus Verantwortung und verhängt auch ein schonungsloses Verdikt über diejenigen, welche Zocker abzocken. Richtig so! Spielsucht und deren gesundheitliche und existenzielle Folgen sind ein relevantes Thema in Gesellschaft und Politik.
(Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot DigiStore24, Rubrik Markplatz > Wettsystem)
Sie lesen es selbst: 98 Prozent aller Zocker verlieren. Wie man von dem Suchtpotenzial profitieren und das Geld der Verlierer aufs eigene Konto umleiten kann, dazu bietet DigiStore24 für Affiliate-Partner entsprechende Produkte an!
Und das Suchtpotenzial bei Sportwetten scheint zuverlässig zu sein, wie die Berliner Zeitung 2007 berichtet:
Richtig ist allerdings auch, dass das Suchtpotenzial von Sportwetten, wie sie von privaten Firmen wie Bwin angeboten werden, nicht unterschätzt werden darf: Denn so- genannte Live-Wetten verführen viele Spieler dazu, Verluste sofort durch neue Einsätze wieder ausgleichen zu wollen. So mancher hat da schon den Überblick verloren und am Ende viel mehr Geld verspielt, als er eigentlich einsetzen wollte.
(Berliner Zeitung 07.03.2007: Geschäfte mit der Spielsucht; Hervorhebg. von SaSe)
Der Spiegel skizziert 2012, welche Bevölkerungsgruppen bevorzugt Opfer dieses Angebots werden und welche Therapiemöglichkeiten bestehen.
Zu welchen existenziellen Folgen Spielsucht führen kann, darüber berät das online verfügbare Suchthilfe-Magazin:
Die Störung der pathologischen Glücksspieler beruht auf sich häufig wiederholendem, episodenhaftem Glücksspiel, das die Lebensführung der betroffenen Personen beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt. Die Betroffenen setzen ihre materielle Existenz aufs Spiel, um an Geld zu kommen oder die Bezahlung von Schulden zu umgehen.
Tritt die Gewinnsituation ein, bekommen Süchtige eine Art Allmachtsphantasie. An den ersten Gewinn kann man sich erinnern, wie andere an die erste Liebe. Bei Süchtigen findet das Verlusterlebnis nicht mehr statt, denn der Gedanke "Beim nächsten Mal klappt es bestimmt!" dominiert die Wahrnehmung. Süchtig machen vor allem Spiele mit hoher Ereignisfrequenz wie Spielautomaten, Poker oder Roulette, wo alle paar Sekunden die Kugel rollt. Die technologische Entwicklung (Spielen per Internet, Handy, Telefon etc.) fördert diese permanente Stimulation.
(Suchthilfe-Magazin, Spielsucht)
Hey, Denkfunk: Ist das nicht ein bisschen übertrieben?
Allerdings erscheint das neue Denkfunk-Video mit seinem hohen moralischen Anspruch und der Kritik an solchen Geschäftsmodellen dieser Redaktion doch etwas übertrieben? Schließlich sind alle die oben herausgegriffenen Beispiele völlig legal. Und das sie anbietende Unternehmen macht kein Hehl aus seinem Geschäftsmodell:
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(DigiStore24, FAQ; Hervorhebg. von SaSe)
Vor der eigenen Haustür gekehrt?
Aber man muss davon ausgehen, dass so ein exquisiter Zusammenschluss der besten Kabarettisten unseres Landes genau weiß, was er tut! Vermutlich will Denkfunk mit dem oben erfundenen neuen Video aufzeigen, dass sich dieses Autorenkollektiv nicht nur mit Themen beschäftigt, auf die der Durchschnittsbürger zunächst einmal ohnehin wenig oder keinen Einfluss hat: Vorratsdatenspeicherung, Banken- und Eurokrise, Waffenhandel, Guantanamo und Folter u. v. a. m.
Nein, Denkfunk ermöglicht seinem Publikum den direkten Zugriff auf einen ganz konkreten Handlungsfaden! DAS ist die Botschaft: Jeder Einzelne hat bei der Konzeption seines eigenen kleinen Geschäftsmodells oder seines Finanzierungsbackgrounds für die gute Tat die Möglichkeit zu beweisen, dass er seinen moralischen Ansprüchen gerecht wird und auch im Kleinklein darauf achtet, ethisch vorzüglich und durchgehend moralisch hochwertig zu handeln. Schließlich ist Doppelmoral von jeher ein wichtiges Thema im Kabarett. (Zum Screening von Doppelmoral bei Kabarettisten/Satirikern ist die Welt aus unbekannten Gründen bisher noch gar nicht gekommen …)
Ach herrjeh: leider verbuchselt!
Eijeijeijei, vergenäht und zugeflixt! ! Gerade erst gemerkt: SaSe hat da leider etwas verbuchselt! Das eingangs zitierte Video kann gar nicht von Denkfunk sein! Durch diese nicht zutreffende Zuschreibung wird das neue Videoportal und uneigennützige Informationsangebot völlig zu Unrecht in die Verdachtszone gezerrt! Also: SaSe nimmt das zurück, behauptet das Gegenteil und setzt sich persönlich dafür ein.
So ein Quatsch aber auch. Die „Nutzungsbedingungen“ von Denkfunk.de erklären doch ausdrücklich, dass Denkfunk.de Geschäftspartner von Digistore24 ist, also dem Unternehmen, das Geschäfte mit Esoterikkram und Spielsucht macht.
(Ausschnitt aus Bildzitat Denkfunk.de, Nutzungsbedingungen; Adress-Anonymisierung und farbliche Markierung von SaSe)
Dann ist die kommerzorientierte Welt ja wieder in Ordnung!
Auch wenn das natürlich immer noch nicht die Frage beantwortet, warum die besten Leute des deutschen Kabarettisten-Landes ein derart tolles und wichtiges Projekt wie Denkfunk.de mit gesellschaftlich und politisch hochrelevanten Botschaften in eine derart unpassende und angesichts der Inhalte widersprüchliche Gesellschaftsform (PatchworX Media GmbH) zwängen, ihren Gegenöffentlichkeitsanspruch durch das Auftreten dieser selbst widerlegen, plump-aggressive Abo-Werbung machen, damit Artikel 5 GG kapitalisieren, in der genannten Form eine kleine Zwei-Klassen-Gesellschaft errichten und das Ganze dann auch noch einer – (nur?) nach SaSe-Meinung – nicht gerade geschickt agierenden Geschäftsführung überlassen?