Wer ein Schild aufstellen darf, der hat Macht. Ermächtigt sind etwa Ortspolizeibehörden, Unternehmen und Eigentümer. Die Elite. Schilder von Hartz-IV-Empfängern, Leiharbeitern und Zwangsprostituierten außerhalb von denen mit Protest im Kompositum sind mehr als rar. Die klassische (und möglicherweise obsolete) Sozialisierung in Deutschland trainiert die Schilderdikta als Ultima Ratio: „Rasen betreten verboten“. Geschrieben in Fleisch und Blut. Die ins Blech gestanzten Dekrete sind Stellvertreter der Mächtigen und in dieser Funktion ein so wirkungsvolles ES, dass der Stellvertretete sich auf ihre Wirkung weitgehend verlassen kann. Wer Schilder „angreift“, in Frage stellt oder gar verhohnepipelt, der greift die Mächtigen an.
Diese Attacke hat sich Comiczeichner, Karikaturist und Schriftsteller Gerhard Seyfried zur Lebensaufgabe gemacht. Und der Westend-Verlag ermöglicht es jetzt seinen Sympathisanten und denen seiner überzeugenden Sache, an dieser inspirierenden Subversion teilzuhaben.
Politisch steht er – klaro – links und sympathisiert vernehmlich, notwendig und wohltuend mit den Unterdrückten. 2013 unterstützte Seyfried die Linke im Wahlkampf.
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Schilder Guerilla [sic!] titelt das Bilderbuch, das im August 2016 erschienen ist. Und ein Bilderbuch ist es in der Tat. Es kommt – abgesehen von Bildunterschriften – mit einer Seite „Text“ aus, eine Art Vorwort des Autors, das auch einen kurzen Einblick in seine Vita gewährt. Ansonsten sprechen die 192 ihr Geld werten Seiten so klar und deutlich, wie es 192 Seiten Text nur schwerlich vermögen würden. Weiterlesen