+++ „Ein Panzer ist keine Satire“ – Leyendecker würdigt Idioten
War klar: Nun stürzen sich alle Medien und Zensoren auf die „Ilmtaler Asylabwehr“, den Panzer mit dieser Aufschrift bei einem Karnevalsumzug in Reichertshofen im Landkreis Pfaffenhofen. Damit besorgen sie das Geschäft der „Ilmtaler Asylabwehr“. Enttäuschend dazu Hans Leyendecker bei Deutschlandradio Kultur, der erst erklärt, dass es sich bei den Verantwortlichen für diese „Geschmacklosigkeit“ „nur um Idioten“ handele – die er dann aber mit seinem öffentlichen Statement, welches der Idiotie Gewicht verleiht, genau über diesen Rang hinaushebt.
Auch andere Medien lassen sich vor den Karren derjenigen spannen, die das Verdikt gegen diese Narrenfreiheit erfolgreich instrumentalisieren. Skandalisierend: Karneval-Schock! Benjamin Stahl von der Main-Post lässt sich (wegen Idioten!) zu einem Leitartikel mit der gewichtigen Überschrift Die Grenzen der Narrenfreiheit verleyten.
Tatsächlichen Nachrichtenwert dagegen hat die Meldung, dass diese Vorgang inzwischen die Staatsanwaltschaft beschäftigt, oder wenn über vergleichbare Vorgänge berichtet wird. Der für den Auftritt der „Ilmtaler Asylabwehr“ verantwortliche Zugleiter Konrad Moll hat seine Lektion gelernt und sich öffentlich entschuldigt. Ein Artikel in der Süddeutschen vermittelt den glaubwürdigen Eindruck, dass die „Künstler“ sich des problematischen Gehalts ihrer Botschaft angeblich nicht bewusst waren.
An dieser Stelle wäre die Story eigentlich zu Ende. Und jeder weiß: Sie ist es nicht! Die Empörungstanke wird vermutlich noch eine Weile medial angefahren. Unter den Aspekten von „Empörungslenkung“ ist die Aufregung über den Ilmtaler Asylabwehr-Panzer ein Glücksfall, um von Deutschlands Verhandlungen mit der Türkei und anderen global relevanten Problemen abzulenken.
Ohne den Ilmtaler Asylabwehr-Panzer noch einmal namentlich zu erwähnen und zu würdigen, untersucht Peter Grimm in einem Kommentar auf Die Achse des Guten die (auch nicht neue?) Banalisierung von Narrensatire. (Persönliche Anmerkung: … die bei mir dazu führt, dass mir diese ganzen Karnevalssitzungen unerträglich und unkonsumierbar geworden sind.) Auch Die Welt staunt über die nun doch ausgerufenen Grenzen der Satire und verrät das offene Geheimnis, dass diese mit politischer Korrektheit zusammenfallen. Und die ZEIT weiß auch etwas.
Senf: Die „Narren“ im Landkreis Pfaffenhofen haben einen Fehler gemacht. Sie hätten unter den Schriftzug „Asylabwehr Ilmtal“ in Klammern setzen sollen: „Nous sommes Charlie“. DAS wäre dann eine echte Herausforderung für die vielen Empörungsemittenten gewesen und hätte den Gesamtzusammenhang wieder sichtbar gemacht.
+++ Humorbestseller der vergangenen 12 Monate
Buchreport listet die Bestseller in der Humorsparte für die vergangenen zwölf Monate. Platz 1 hält Tommy Jaud mit Sean Brummel: Einen Scheiß muss ich. Mark-Uwe Kling besetzt mit seinen Känguruh-Chroniken bzw. der –Offenbarung die Plätze 2 und 5. Die Top 3 der lustigsten Verlage sind Fischer TB, Ullstein TB und Rowohlt TB.
+++ Cindy Crawford parodiert ihren Pepsi-Spot
Übergewicht ist in Amerika ein gewichtiges Thema. Dem zollt auch das ehemalige Super-Model Cindy Crawford Tribut. Zusammen mit dem britischen Comedian James Corden hat sie eine Parodie ihres Super-Bowl-Pepsi-Videos aus dem Jahr 1992 vorgelegt, die Furore macht. (Quelle: Meedia)
Die Vorlage aus dem Jahr 1992:
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Und hier die Parodie:
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+++ Johnny Depp parodiert Donald Trump
Noch eine US-amerikanische Parodie von einem Prominenten: Hollywood-Star Johnny Depp zieht das Enfant terrible der Präsidentschaftskandidaten Donald Trump 50 Minuten lang durch den Kakao. The Art of the Deal heißt der Clip, produziert von der Comedy-Webseite Funny or Die. Deutsche Kommentatoren meinen, so richtig witzig sei die Parodie am Ende doch nicht.
Der Trailer:
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#FODTrumpMovie: Compliments:
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Die Kritik moniert, die Pointen blieben Depp teilweise im Halse stecken:
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Zum Trump-Phänomen selbst nebst seinen deutschen Erscheinungsformen à la Beatrix von Storch & andere schräge Vögel kommentiert Sascha Lobo wohltuend im Spiegel. Plus neuer Begriffe: „Grenzverschiebungssätze“ und „Schreispirale“ als Social-Media-Nachfolger von Nölle-Neumanns „Schweigespirale“ und „Trumpelpfad“. Quintessenz: „Der politische Trumpelpfad des netzbefeuerten Pöbel-Populismus wird auch in Deutschland beschritten werden.“
+++ Katholiken-Aua wegen Katholiken-Satire von einem Katholiken
Was sollen all die religionsübergreifenden Grenzen-der-Satire-wo?-Diskussionen, wenn Katholiken noch nicht einmal die Satire ihrer Glaubensbrüder/-schwestern aushalten? Auf der Plattform Kath.net und verwandten Portalen findet sich ein drei Kilometer langer Aufschrei als Gastkommentar eines Dr. Tobias Klein (promovierter Germanist und Blogger über kirchliche Themen) in Reaktion auf die Satire seines Glaubensbruder Björn Odendahl (Autor bei katholisch.de): Erste Reihe Mitte oder Seitenschiff: Zehn Dinge, an denen Sie einen guten Katholiken erkennen. Dieser den Ursprungstext eiferisch filetierende Aufschrei krönt die Odendahl-Satire und beweist ihre Berechtigung.
Senf: Dem Zentralrat der Muslime zur Kenntnisnahme … für künftige Diskussionen über islamische Humortoleranz.
+++ Telefoninterview mit Till Reiners
Kennen Sie dieses Klischee: Kabarettpublikum ist „alt“, Poetry-Slam-Publikum ist „jung“? Till Reiners bestätigt es in einem Interview mit dem Campusradio für Bielefeld und erklärt die Gründe für den Wechsel vom Poetry-Slam zum Bühnenprogramm. Das Kabarettpublikum lache auch langsamer. Und: Wie er den Zeitgeist sieht (wird politischer; schrillere Diskussion). Er sei stets auf der Suche nach dem Urkonflikt. Vom kabarettistischen Moralapostelgewese grenzt er sich explizit ab.
Senf: Es ist nicht zuletzt diese bekennende Moralkeulenabstinenz von Till Reiners, die ihn in der aktuellen (politischen) Kabarettisten-Szene wohltuend alleinstellt und zu einem SaSe-Favoriten kürt.