+++ Flut satirischer Events auf Facebook
Spiegel online berichtet über ein neues Phänomen im Kontext mit Satire: sogenannte Veranstaltungssatire auf Facebook. Die Events titeln zum Beispiel Mit Crystal Meth zur Traumfigur, Blähungen unterdrücken – aktive Lernwoche oder Taschendiebstahl leicht gemacht etc.
+++ Satire vor Gericht: Aufrufung zur Bewaffnung ist keine
Zu den vielbesungenen Grenzen der Satire – zumindest in juristischer Hinsicht – gibt es jetzt wieder einen neuen Orientierungspunkt: Das Verwaltungsgericht Würzburg bewertet einen Aufruf zur Bewaffnung nicht als Satire und gab einem Landratsamt recht, dass aufgrund dieser „Satire“ die Waffenbesitzkarte des Aufrufers eingezogen hatte. Bericht auch auf infranken.de. Es berichten Mainpost und infranken.de.
Senf: Dies ist zweifelsohne ein Urteil, das Satire schützt! Und zwar vor dem Missbrauch durch jene, die mit Satire gar nichts am Hut haben und ihre zweifelhaften Äußerungen nur deshalb unter dieses Etikett stellen, um Rechtsfolgen abwehren zu können.
+++ „Zentrum für Politische Schönheit“ [sic]: Flüchtlinge fressen
Ich weise nicht jedes Mal auf die mangelnde Seriosität der Quelle hin, wenn ich Sputniknews verlinke (kein unabhängiger Journalismus; Sputniknews wurde gegründet vom staatlichen russischen Medienunternehmen Rossija Sewodnja). Aktuell thematisiert das Propagandaportal eine Aktion des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit [sic], das ohnehin einer eher kritischen Betrachtung würdig ist. Die Künstler thematisieren mit dem Video „Aufklärungskampagne zu den robusten Sanktionen gegen den Versuch der rechtswidrigen Einreise“ die neuen Exzesse der Flüchtlingspolitik.
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Zum Vergleich über die Berichterstattung unter russischer Ägide bietet sich die Lektüre eines thematisch identischen Artikels beim Spiegel an.
Senf: Bei den Aktionen des ZPS überwiegt nach meinem Empfinden die penetrante Ideologie den satirischen Gehalt und Wert bei Weitem. Diese Art von Satire bleibt weitgehend (politisch) wirkungslos: Sie bestätigt diejenigen, die es schon immer so gesehen haben, und kann diejenigen, die das anders sehen, aufgrund ihrer Banalität nicht erreichen.
Allerdings werden die Gelder für den reichlich intransparenten Verein hinter dem ZPS aufgrund des erstgenannten Wirkmechanismus wohl wieder reichlich fließen! Und ich habe das dumpfe Gefühl: Darum geht es hauptsächlich.
Des Weiteren kritisch und potenziell justiziabel ist die Verwendung des Logos und des Schriftzuges vom Bundesinnenministerium. Dieses illegitime Vorgehen war schon bei der letzten Aktion des Peng! Collective bemängelt worden (vgl. TS58/16) und wurde dann von den Verantwortlichen geändert – mitsamt Entschuldigung.
Grundsätzlich betrüblich ist auch der ärgerliche Fehler im Aktionsnamen mit der Großschreibung des Adjektivs, die hier schlicht falsch ist und den Sprachliebenden bei jeder Schreibung ärgert und irritiert. Ich frage mich immer, wie Leute mir die Welt erklären wollen, die noch nicht einmal die deutsche Sprache beherrschen?
Die der ZPS-Aktion zugrundeliegende Idee, die einem Land unangenehmen Bevölkerungsteile zum Verzehr vorzuschlagen, ist auch nicht neu und wurde schon 1729 von Jonathan Swift in seinem berühmten A Modest Proposal als Lösung für das englische Problem mit der Armut und Kriminalität der Iren vorgeschlagen.
Fazit: Die Aktionen des ZPS üben ihren Zauber vermutlich primär auf eher Unbedarfte aus; die dabei zum Einsatz kommenden Mittel sind mehr als problematisch.
+++ „Tagesspiegel“ berichtet über Realsatire.de
„Echt lustig“ sei das Angebot der erst jüngst online gegangenen Satire-Seite Realsatire.de, die zuvor mit einer spektakulären Crowdfunding-Aktion (Tischtennis-Match Kai Diekmann vs. Günter Wallraff) die Kohle dafür eingesammelt hatte. In dem Tagesspiegel-Artikel kommen auch die beiden (natürlich wieder männlichen!) Macher Jochen Markett und Andi Weiland zu Wort, die mit ihrem Projekt erreichen wollen, dass wir uns alle nicht mehr so ernst nehmen.
Senf: Die Seite ist gut, die Stories „bündeln den Irrsinn dieser Welt“. Der Anspruch (nicht ernstnehmen) jedoch scheint mir ebenso banal wie überzogen!