TS51/19: Südkurier findet glasklare Worte zum Maulkorberlass der Stadt Überlingen

Die New Ager nennen so etwas, glaube ich, ein morphogenetisches Feld? Derzeit lässt sich nachgerade eine Ballung hoffnungsschwangerer „Wunder“ rund um dieses Wochenende beobachten: Die österreichische FPÖ und deren so unerträglich von sich selbst überzeugter (bisheriger) Parteivorsitzender Hans-Christian Strache räumen sich sauber selbst von der politischen Bühne ab: „Ibiza-Gate“ und ein Video, das für mich in die Kategorie <Politischer Porno> fällt.

Dass die Sterne oder welche wunderbare Macht auch immer der Demokratie rund um dieses Wochenende besonders gewogen sind, zeichnete sich allerdings für unsere Region schon am 17. Mai 2019 ab. Das war der Tag, als der Südkurier-Redakteur Stefan Hilser in Überlingen für den vom Gemeinderat am 15. Mai 2019 beschlossenen Maulkorberlass für fraktionslose Gemeinderäte (Details hier) glasklare Worte fand:

Im Überlinger Gemeinderat zeigte sich bei der Debatte ums Amtsblatt „Hallo Ü“ in exemplarischer Weise, wohin es führt, wenn Staat gleich Medien macht: Der Gemeinderat als Organ der Legislative erteilt auf Antrag der Stadtverwaltung (Exekutive) einem einzelnen kritischen Gemeinderat ein Schreibverbot und schränkt damit die Meinungsvielfalt ein.
(Südkurier 17.05.2019 Kommentar Stefan Hilser: „Steilvorlage für Roland Biniossek“; Hervorhebg. K. B.)

Zur Erklärung der Überschrift: Roland Biniossek ist ein Überlinger Gemeinderat, der derzeit noch für DIE LINKE amtiert. Die jedoch besitzt keinen Fraktionsstatus und ist mithin von dem neuen Beschluss betroffen. Für die neue Legislaturperiode und die Wahl am kommenden Sonntag kandidiert Biniossek auf der Liste Bürger für Überlingen BÜB+. Ob diese Wählerinitiative es über die Fraktionshürde (drei Mandate notwendig) schaffen wird, wird sich in wenigen Tagen erweisen.

Zurück zu dem erfrischend klaren Kommentar des Südkurier-Redakteurs Stefan Hilser, der den Überlinger Oberbürgermeister Jan Zeitler erst vor kurzem wegen dessen Äußerungen im Kontext des Themas Gewaltenteilung kritisiert hatte.

Im aktuellen Kommentar knüpft Hilser unmittelbar an das fragwürdige Verständnis des Überlinger OBs zu diesem Verfassungsgrundsatz an und gleicht den aktuellen Gemeinderatsbeschluss zum Redaktionsstatut des Amtsblatts damit ab: „Dennoch beschreibt der Gemeinderat damit ein Verständnis von Gewaltenteilung, wie es die Väter des nunmehr 70 Jahre alten Grundgesetzes sicherlich nicht gemeint haben“ (ibid.).

Solche klaren Worte kenne ich vom Südkurier sonst nicht? Gäbe es dort mehr Redakteure vom Schlage Hilsers, könnte ich mir viel Arbeit auf diesem Blog sparen. Der Kommentar findet sich separat von der Nachricht und ist als solcher gekennzeichnet. Hilser tut das, was seines Amtes als Journalist und Vertreter der vierten Gewalt im Staate ist: Er ordnet ein. Und genau diese Einordnungen ist das, was vielen Lesern sowohl beim Südkurier (außerhalb von Überlingen) wie bei der Schwäbischen Zeitung in den letzten Jahren fehlt! Stattdessen: unkritischer Verlautbarungsjournalimus.

In Überlingen steppt nach dieser Südkurier-Bombe der Bär. Ich hatte heute Mühe, meine diversen Quellen überhaupt ans Telefon zu bekommen. Denn Hilsers Meinung sorgt für die verdiente Unruhe in Überlingen. Auch der BÜB+-Blog kommentiert den Kommentar.

Mit noch einem kräftigen Schluck aus der Pulle unerschrockenen Journalismus‘ müsste es dann doch vielleicht auch möglich sein, dass der Südkurier den von der SPD Uhldingen-Mühlhofen in den Raum gestellten Vorwurf aufgreift, dass die Gemeinde angeblich wissentlich und ohne bisher Abhilfe zu schaffen eine seit 14 Jahren ungültige Baurechtssatzung hätschelt?

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