Donnerstag, 2. Juli 2015: Der Kabarettist Bruno Jonas sitzt in der ZDF-Talkshow Markus Lanz (Mediathek). Dort bewirbt er sein neues Buch Vollhorst: Der Erfolgstyp in Politik, Kultur und Gesellschaft (vgl. SaSe–Rezension).
In genau diesem Buch hatte Bruno Jonas seine (angeblichen?) Reaktionen auf Einladungen zu Talkshows – Markus Lanz ist eine Talkshow! – und seine (vorübergehende?) Meinung zu diesen Sendung ausführlich und über mehrere Seiten hinweg (S. 244 fff) "dargestellt". Zum Beispiel so:
Letztlich ist es auch völlig egal, welche Redaktion für welche Talkshow versuchte, mich „in die Runde“ einzuladen. Sie funktionieren alle nach einer ähnlichen Dramaturgie.
(Bruno Jonas: Vollhorst, S. 244)
Also: Talkshows = alles ein undifferenzierter Klumpatsch!
So eine Talkshow funktioniert nach dem immer gleichen Muster. Besetzt wird die Show wie eine Komödie, manchmal leider wie eine Schmierenkomödie, das liegt daran, dass sie keine versierten Darsteller mehr bekommen. In einer Talkshow sagt keiner, was er wirklich denkt, da denkt jeder, was sage ich, damit keiner merkt, was ich wirklich denke. Und doch will jeder authentisch rüberkommen. Es geht aber nicht um Authentizität. Es geht um das überzeugende Darstellen von Authentizität.
(ibid.; Hervorheb. SaSe)
Der Kabarettist Bruno Jonas begibt sich sehenden Auges in eine "Schmierenkomödie", wo er, wie zuvor angekündigt, nicht sagt, was er denkt. Brav reiht er sich ein in die Darsteller von Authentizität, die bei Markus Lanz auf der Hähne-Stange sitzen und außerhalb ihres Selbstdarstellungsparts Interesse und Anteilnahme an der Selbstdarstellung der anderen Gäste zu heucheln gezwungen sind.
Es wird aber noch schlimmer. Dort tut er dies:
Aber am liebsten trägt jeder die Meinung vor, von der er annimmt, dafür Beifall zu bekommen. Auf einer solchen Bühne darf der Vollhorst nicht fehlen. Dort fühlt er sich wohl, da trifft er immer die Richtigen. Deshalb sagt er auch gerne zu, wenn die Einladung in die Talkrunde erfolgt.
(ibid.; Hervorhebg. SaSe)
Wenn das stimmt, was Bruno Jonas seinen Lesern im Vollhorst schreibt, war sein Gelaber bei Markus Lanz am 2. Juli 2015 nur das, von dem er annimmt, dafür Beifall zu bekommen – beziehungsweise dafür sein Buch verkaufen zu können. Als Teilnehmer einer solchen Talkshow ist Bruno Jonas ein Vollhorst.
Wohlgefühlt hat er sich aber ganz offensichtlich nicht! Links von Lanz sitzend, dokumentiert die Kamera ziemlich durchgehend, wie er sich auf seinem Stuhl windet (guckst du hier!). Seine Mimik ist eine Offenbarung!
Lässt sich das Glaubwürdigkeitsgeschnetzelte, das uns der (einst?) aufrechte Kabarettist Bruno Jonas hier liefert, noch irgendwie reparieren? Schließlich geht es bei der Markus-Lanz-Laberrunde, deren Moderator übrigens ein aalglatter Medienvertreter genau des Systems ist, das politische Kabarettisten karikieren – nicht um ein vorgegebenes Thema. Hier sollen bekannte, prominente oder mutmaßlich interessante Menschen und Persönlichkeiten und ihre Erlebnisse/Taten/Erfahrungen vorgestellt werden. In einer Schmierenkomödie (siehe oben). In einer nicht authentischen Schmierenkomödie, wo jeder dem Zuschauer nach dem Maul redet (siehe oben). Der polemische Kabarettist würde in diesem Fall von Maulhuren sprechen!
Nein! Das Geschnetzelte ist angerichtet: Im Zuggeschirr kapitalistischer Rituale wie zum Beispiel eine Buchvermarktung raspelt Bruno Jonas mit diesem Auftritt bei Markus Lanz seiner Gilde und sich selbst eine fette Scheibe Glaubwürdigkeit ab und spuckt auf sein eigenes Buch.
Der Fremdschäm-Kreis Schade, Bruno, und tschüs! trifft sich heute Abend auf dem Friedhof der Glaubwürdigkeit des deutschen politischen Kabaretts!