TS64/19: 1.000-Kühe-Stall Ostrach: Beginn der Bauarbeiten und der Transparenz

Die Schwäbische Zeitung berichtet am 27. Juni 2019 von dem am vergangenen Montag im kleinen Kreis vollzogenen Spatenstich für den 1.000-Kühe-Stall in Ostrach-Hahnennest  (Landkreis Sigmaringen). Die Erdarbeiten hätten begonnen. Die weiterhin als „Landwirte“ desinformierend fehletikettierten agrargroßindustriellen Verantwortlichen für diesen Anachronismus rechnen mit einer Bauzeit von etwa zwei Jahren.

Auffallend an dem SZ-Artikel ist die penetrante Wiederholung der Transparenzversprechen der Hahnennester Nicht-Landwirte. So gibt Georg Rauch zu Protokoll:

 „Wir werden unser Wort halten und nicht nur an einem Tag der offenen Tür. Die Besucher sollen selber beurteilen können, wie die Kühe und Kälber bei uns leben oder besser gesagt wohnen“ […]
(Schwäbische Zeitung 27.06.2019: „Mega-Stall für 1.000 Kühe soll in zwei Jahren fertig sein“)

Die Hahnennester Kühe wohnen? (Zum Zeitpunkt dieser Aussage extreme Hitzewelle – auch im Landkreis Sigmaringen …)

Das mit der Transparenz ist eine beeindruckende Frechheit. Denn bisher hatten die im Verein mit EnBW und Erdgas Südwest agierenden Agrarunternehmer des Energiepark Hahnennest kritische Fragen nicht beantwortet.

Ebenfalls kein Wort im SZ-Artikel zum Stand der Dinge bezüglich der juristischen Intervention des BUND Pfullendorf.  Deren Vorsitzende Anna Waibel informiert zeitgleich per Mail, dass der BUND-Anwalt seinen Widerspruch zur BIMSCH-Genehmigung beim Landratsamt Sigmaringen eingereicht habe. Diese Woche habe er beim Verwaltungsgericht Sigmaringen das Eilverfahren gestartet, da mit Fotos vom Bauzaun rings um das Gelände und den Erdbewegungen jetzt ein Grund für das Eilverfahren bestehe. Konkret habe er beantragt, „die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Neubau eines Milchviehstalles für 1.000 Kühe mit Futterlagerhalle […] wiederherzustellen.“
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Energiepark Hahnennest bei Ostrach (Landkreis Sigmaringen): Fernblick auf die weit in die schützenswerte Landschaft hineingreifende Betonkrake. Foto: privat (März 2019)

Energiepark Hahnennest bei Ostrach (Landkreis Sigmaringen): Fernblick auf die weit in die schützenswerte Landschaft hineingreifende Betonkrake des Argrarindustriekomplexes. Die Bauarbeiten zur Erweiterung der Anlage um einen 1.000-Kühe-Stall haben diese Woche begonnen.
Foto: privat (März 2019)

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Im Übrigen darf man gespannt sein auf die Neuerfindung des Rades durch AUFSTEHEN Ravensburg. Dort hatte man sich vergangene Woche erneut getroffen, um wieder einmal verschiedene Aktionen zum beziehungsweise gegen den Mega-Stall in Ostrach anzudenken.

Allein das Tempo der Ravensburger AUFSTEHEN-Gruppe ist atemberaubend. Nach dem Vortrag von Anna Waibel, Vorsitzende des BUND Pfullendorf, im März 2019 in Ravensburg haben sich Vertreter der politischen Protestbewegung nur drei Monate später (!) am vergangenen Sonntag in Hahnennest selbst einen Eindruck von den Örtlichkeiten verschafft.

Es sieht ganz so aus, als könnten die avisierten imposanten Protestaktionen von AUFSTEHEN & Co. ganz friedlich und parallel zum Stallbau verlaufen?

Einzelne Mitglieder des Aktionsbündnis gegen den 1.000-Kühe-Stall schütteln auf Nachfrage zu diesen Ankündigungen von AUFSTEHEN nur mit dem Kopf. Die hatten nämlich die vergangenen fünf Jahre genau mit den Bemühungen, Recherchen, Protesten, Informationen, Aufklärung der Bevölkerung, Vernetzung etc.  verbracht, über die AUFSTEHEN Ravensburg jetzt so gespreizt nachdenkt.
Keiner möchte mit seiner Bewertung namentlich zitiert werden, aber hinter vorgehaltener Hand und vorbehaltlich der Ergebnisse der juristischen BUND-Intervention ist man sich einig: Der Drops ist gelutscht.

Trost verströmen allein die bisher vorliegenden Leserzuschriften zu dem SZ-Artikel. So schreibt Robin S.:

Schnell noch was für den Klimawandel tun, bevor sich die Erkenntnis durchsetzt, dass man es doch nicht hätte tun sollen… Weil Fleisch- und Milchproduktion massig Klimagase produziert, vor allem durch die damit verbundenen intensive Landwirtschaft und den massiven Verbrauch von Feldfrüchten…
(ibid.)

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Nahaufnahme des agrarindustriellen Großkomplex Energiepark Hahnennest: beunruhigende Mützchen. Noch nicht einmal direkte Nachbarn in Ostrach können dem Betrachter erklären, was genau sich unter welchem dieser Mützchen verbirgt. Foto: privat (März 2019)

Nahaufnahme des agrarindustriellen Großkomplex Energiepark Hahnennest: beunruhigende Mützchen. Noch nicht einmal direkte Nachbarn in Ostrach können dem Betrachter erklären, was genau sich unter welchem dieser Mützchen verbirgt.
Foto: privat (März 2019)

 

Neue Player, schärfere Dynamtik?
Als (vormals!) intime Kennerin der Tierschützer- und Tierrechtler-Szene avisiere ich schon einmal potentiell neue Akteure auf der Bühne, sobald der Stall erst einmal steht. Denn erst wenn er steht, produziert er Bilder, mit denen sich Spenden sammeln lassen. Dann tauchen möglicherweise (endlich) die Player auf, die sich bisher und aus für den Szene-Insider gut erklärbaren Gründen zurückgehalten haben: eben die vorgenannten Tierschützer und Tierrechtler.

Da können sich die Hahnennest-Unternehmer dann aber warm einpacken; Hitzewelle hin oder her. Denn diese Akteure ziehen vollkommen andere Register als es den vergleichsweise harmlosen Mitgliedern des Aktionsbündnisses möglich war.

Einzig spannend für mich: Wer entdeckt die Goldgrube zuerst? PETA, SOKO Tierschutz (in Ba-Wü sehr aktiv), ARIWA (Animals Right Watch) oder gar der industrienahe Deutsche Tierschutzbund?

Wer fummelt zuerst raus, was aus den vielen Kälbern in Hahnennest wird? Wann sehen wir das erste YouTube-Video über deren Abtransport und Reise wohin auch immer? Wann kommen die ersten heimlichen Aufnahmen aus dem Stall?

Nein, die Spannungskurve Mega-Stall Ostrach liegt noch nicht am Boden!

1 Kommentar

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Wir wissen ja, zumindest mir ist es klar, dass die SZ viel schreibt, was einfach subjektiv dargestellt wird. In Falle des Hahnennest-Komplexes, von dem SatireSenf in vielen Blogs berichtet und wirklich per excellence auch verdammt gut recherchiert hat, so stelle ich mir investigativer Journalismus vor.

Nun, es wird m.E. keine wirklichen neuen Player geben. Wir, das kleine eiserne Grüppchen der Aktiven des Bündnisse gegen den 1000-Kühestall, was auch immer gern in den lokalen Medien unterschlagen wird, haben alles versucht und zum Schluss die Fahnen streichen müssen, alles an legitimen Mitteln ausgereizt.
Jetzt muss das Gericht urteilen und dann wird man weitersehen.

Die o.g. Player sehe ich nicht wirklich aktiv werden, zuviele Baustellen, auch zuviel Gruppen-Egoismus.

Hoffen wir also auf den voläufigen Baustopp.

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