TS10/18: Langenargen: „Bürgerbeteiligung verläuft im Sande“

Immerhin: Mit auffallend langer Vorlaufzeit hat sich die Schwäbische Zeitung (SZ) nun doch dazu aufraffen können, über das gescheiterte Projekt <Bürgerbeteiligung in Langenargen> zu berichten. Um so viel „kritische“ Berichterstattung der im Monopol vor sich hin wurstelnden Tageszeitung ausreichend zu würdigen, muss man wissen, dass die SZ Geschäftspartner der Gemeinde Langenargen ist. Die SZ-Redakteure Mark Hildebrandt und Angela Schneider sind zeitgleich – und offensichtlich ohne die ausreichende Sorgfalt – Redakteure des Montfort-Boten.

Deshalb hat es wenigstens noch halbwegs den Anstrich „unabhängiger“ Berichterstattung, wenn es die stellvertretende Regionalleiterin (in der SZ-Redaktion Friedrichshafen) Tanja Poimer ist, die für den Artikel „Bürgerbeteiligung verläuft im Sande“ verantwortlich zeichnet.

Warum sie in dem gesamten Beitrag die engagierte Bürgerrechtlerin in Langenargen stets nur als „die Frau“ bezeichnet, bleibt vorderhand ungeklärt. „Die Frau“ wurde von Tanja Poimer gar nicht erst gefragt, ob sie womöglich doch bereit wäre, namentlich genannt zu werden. Und nachdem das Rathaus Langenargen die gesamten persönlichen Daten von „die Frau“ unerlaubt mit einer öffentlich zugänglichen Sitzungsvorlage veröffentlicht hatte, sind deren Persönlichkeitsrechte ohnehin schon unwiderruflich verletzt. (Die entsprechende Sitzungsvorlage liegt dieser Redaktion vor!)

„Die Frau“ auf der einen Seite – ohne vorherige Freigabe die Nennung von Vor- und Nachnamen, Adresse, Festnetz-Telefonnummer und Mobilnummer in einer öffentlich zugänglichen Sitzungsvorlage auf der anderen Seite: Trefflicher lässt sich der Irrwitz und der gefährliche Dilettantismus in Langenargen nicht darstellen!

In dem genannten Artikel zitiert Tanja Poimer zwei Gemeinderäte, deren Statements die unterschiedlichen Positionen dort markieren. Wow! Journalismus in Reinkultur. Keks! Betrüblicherweise gabelt eins dieser Statements erneut den Dummfug von der voraussetzenden „Wertschätzung“ auf. Das ist eine dem Jahre 2018 durchaus nicht angemessene moralische Fixierung des Bürgermeisters, die er zur Voraussetzung der Bereitschaft zum Dialog mit dem Bürger macht. Wie bitte soll man einen Rathauschef „wertschätzen“, der – nur ein Beispiel von vielen – die persönlichen Daten einer Kritikerin im groben Verstoß gegen jeden Datenschutz veröffentlicht?

Mehr Aua macht die Freie-Wähler-Gemeinderätin Susanne Porstner dann mit dem Hinweis, es wäre wünschenswert gewesen, „wenn sich die Initiative, die sie nur aus der Vorlage kenne, im Gemeinderat vorgestellt hätte.“

Frage an Frau Porstner: Wünschenswert – für wen? Für Bürgermeister Achim Krafft offensichtlich nicht, sonst hätte er die Initiatoren doch einladen können?

Im Übrigen betrübt wieder einmal die publizistische Schlampigkeit der SZ. Zwei Tage ist der Artikel schon online. Aber keiner bemerkt den Tippfehler in der Zwischenüberschrift, der bei einem Minimum an Sorgfalt gar nicht vorkommen würde.

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Fehler, insbesondere Tippfehler wie hier, passieren jedem Schreiber. Warum ein so fetter Tippfehler wie hier in einer Zwischenüberschrift keinem in der Redaktion einer so großen Zeitung wie der Schwäbischen auffällt, ist für mich nur eine rhetorische Frage. Bildzitat Screenshot Schwäbische Zeitung 26.11.2018: "Bürgerbeteiligung verläuft im Sande"

Fehler, insbesondere Tippfehler wie hier, passieren jedem Schreiber. Warum ein so fetter Tippfehler wie hier in einer Zwischenüberschrift keinem in der Redaktion einer so großen Zeitung wie der Schwäbischen auffällt, ist für mich nur eine rhetorische Frage.
Bildzitat Screenshot Schwäbische Zeitung 26.11.2018: „Bürgerbeteiligung verläuft im Sande“

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Gern auch schöpfe ich für Tanja Poimer aus meinem Linguistinnen-Fundus und weise sie zärtlich darauf hin, dass die Redewendung „sich berufen fühlen“ heutzutage einen leicht diskreditierenden Beiklang hat. Wer sich „berufen fühlt“, kann häufig nicht auf adäquate Legitimation verweisen. Bestes Beispiel dafür ist das von mir ohnehin sehr geschätzte, auf biblische Quelle zurückgehende Diktum „Viele fühlen sich berufen, aber wenige sind auserwählt.“ Im heutigen Sprachgebrauch impliziert die Wendung immer den Verdacht: Wer sich (nur) berufen fühlt, der ist es mutmaßlich nicht.

Ist es das, Frau Poimer, was sie über „die Frau“ zum Ausdruck bringen wollten?

Der Gedanke, dass Bürger pur aufgrund ihres Bürgerseins tatsächlich „berufen“ sind, sich an der Kommunalverwaltung zu beteiligen, liegt für solche Sprachverwender vermutlich dort, wo gestern eine Sonde gelandet ist. Also gibt es selbst im Universum Annäherung – in Langenargen nicht!

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P. S.: Dank aufmerksamer SaSe-Leser halten sich meine Tippfehler nicht so lange! Zum wiederholten Male hatte ich aus dem „Achim“ einen „Arnim“ gemacht. Danke für den Leserhinweis!

 

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