TS107/19: Überlingen: Gemeinderatsbeschluss auf der Grundlage falscher Informationen?

In TS103/19 hatte SaSe über einen wichtigen Gemeinderatsbeschluss in Überlingen berichtet, wie er so oder in Varianten derzeit in vielen Gemeinden fällt. Es sind Gemeinden, die im Wirkungsbereich des neuen Entwurfs Regionalplan Bodensee-Oberschwaben stehen, der die Landkreise Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen betrifft.

Beim politischen Streit und den Diskussionen geht es immer um dasselbe: Flächenverbrauch  und Gewerbeentwicklung. Alle Kommunen fürchten nichts mehr als in ihrer gewerblichen Entwicklung womöglich gebremst zu werden. Um sich die Wachstumsoption offenzuhalten, werden vormals ausgewiesene Grünzüge massenhaft aufgegeben und umgewidmet. So geschehen in Überlingen, so geschehen in Salem.

Dabei sind die Argumente der jeweiligen Bürgermeister, die dieses „Opfer“ fordern, auffallend gleichförmig: Es handele sich vorerst nur um eine „Option“. Ob die vormaligen Grünzüge später dann tatsächlich Gewerbegebiet werden, stehe ja noch gar nicht fest.

Es ist keine Überraschung, dass sich kaum ein Bürgermeister findet, der dem Entwurf des Regionalplans widerspricht. Sie sitzen mehrheitlich in der Verbandsversammlung , deren Mitglieder von den Kreistagen der Regionen gewählt werden (Mitgliedsliste als pdf-Download hier). Dazu gehört auch der Überlinger Oberbürgermeister Jan Zeitler (SPD).

So sieht Demokratie auf kommunaler Ebene in Deutschland aus – die wichtigen Entscheidungen werden in den verschiedenen Gremien (Regionalverband, Gemeinderäte, Kreistage) stets von denselben Personen getroffen.

Konkrete Bedarfe allerdings lassen sich in den meisten Fällen gar nicht nachweisen – ein Kardinalproblem des Regionalplan Bodensee-Oberschwaben (guckst du hier).
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Jede Menge Tricks
Mit welchen Tricks und Kniffen bei dem Bemühen gearbeitet wird, entgegen jeden gesunden Menschenverstandes und in Ignoranz gegenüber der Klimawandeldiskussion ungehemmtes Wachstum garantieren zu können, lässt sich in den verschiedenen Kommunen schnell feststellen. In Langenargen etwa wurde das Pferd von hinten aufgezäumt. In der Gemeinderatssitzung vom 23. September 2019  wurde erst über den Flächennutzungsplan abgestimmt (Quelle). Erst in der darauffolgenden Sitzung stand der Regionalplan zur Diskussion. Diese Reihenfolge ist unlogisch.

Journalisten und Bürger, die sich über die Themen der Gemeinderatssitzung am 21. Oktober 2019 informieren wollten, fanden dazu auf der Gemeinde-Langenargen-Webseite am 20. Oktober 2019 keine Informationen, wie die Kollegin Elke Krieg auf ihrem Blog dokumentiert.
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Armes Owingen: ohne weitere Gewerbeflächen
Zurück nach Überlingen: Dort ging es im Gemeinderat um 20 Hektar Grünzug oberhalb des Teilortes Andelshofen. Die sollen nun doch für die gewerbliche Entwicklung zumindest optional (Strategie siehe oben) zur Verfügung stehen. Ein zentrales Argument der Verwaltung und von Bürgermeister Jan Zeitler war dabei die Situation der Gemeinde Owingen. Der stünden ansonsten keine Flächen zur Verfügung. Deshalb müsse unbedingt ein (weiteres) interkommunales Gewerbegebiet her. Die Fraktion BÜB+ berichtete hier.

Auch die Südkurier-Berichterstattung über die Gemeinderatssitzung greift das Owingen-Argument auf:

Kooperation mit Owingen und Sipplingen
In dem im April 2016 beschlossenen Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) ist das Gebiete bei Andelshofen zwar als wichtiges Flächenpotenzial benannt, bei dem einen Monat später verabschiedeten Entwicklungskonzept für Gewerbeflächen ist es jedoch kein Thema.
[…]
Deshalb wurde eine Kooperation mit den Gemeinden Owingen und Sipplingen angeraten, um ein gemeinsames Konzept zu entwickeln. In der Verwaltungsgemeinschaft mit den beiden Nachbarn hat man sich auf die Option bei Andelshofen verständigt und will einen Zweckverband für die gemeinsame Nutzung gründen.
(Südkurier Gemeinderatsberichterstattung 10.10.2019: „Mehrheit steht zu Gewerbegebiet bei Andelshofen“)

Der Überlinger Gemeinderat folgte der Verwaltungs- und Bürgermeisterempfehlung mehrheitlich.
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Luftaufnahme zu den bei Andelshofen derzeit zur Disposition stehen Flächen für Gewerbeansiedlung. Das Foto habe ich vom BÜB+Blog stiebitzt. Foto: Bürger für Überlingen BÜB+ "Das wars dann mit dem Grünzug in Andelshofen"

Luftaufnahme zu den bei Andelshofen derzeit zur Disposition stehen Flächen für Gewerbeansiedlung. Der linke Bereich bleibe frei.Das Foto habe ich vom BÜB+-Blog stiebitzt.
Foto: Bürger für Überlingen BÜB+Das wars dann mit dem geschützten Grünzug

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Flächenstarkes Owingen mit Golfhotel-Phantasien
Die Überlinger staunten dann nicht schlecht, als sie kurz danach aus dem Südkurier-Artikel „30 Hektar für Gewerbe und ein Golfhotel: So hat sich Owingen in der Debatte um Gewerbeflächen positioniert“ erfuhren, dass dieser Gemeinderatsbeschluss womöglich unter falschen Voraussetzungen gefasst wurde? Denn wie dem Südkurier-Artikel zu entnehmen ist, beantragt die Gemeinde Owingen im Zuge des Anhörungsverfahrens zum Regionalplan Bodensee-Oberschwaben nun plötzlich die Ausweisung von 30 Hektar Gewerbefläche auf eigener Gemarkung.

Wenige Tage zuvor hieß es noch, dass Owingen keine weiteren Flächen zur gewerblichen Entwicklung zur Verfügung stünden.

Die Stadträte der BÜB+ sind alles andere als begeistert von dieser überraschenden Information. Sie haben zunächst einen Einspruch/Widerspruch an den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben  formuliert, der empfiehlt, unter Berücksichtigung dieser neuen Informationen die zur Disposition stehenden 20 Hektar Grünzug in Andelshofen (doch) nicht zugunsten eines Gewerbegebiets zu opfern.

Über weitere Schritte und Anträge zu diesem Punkt werde die Fraktion in ihrer nächsten Sitzung beraten.

Der Beobachter solcher Schachzüge der Bürgermeister und Verwaltungen erhält zunehmend den Eindruck, dass in der entscheidenden Endphase zum Regionalplan Bodensee-Oberschwaben mit wirklich allen Tricks gearbeitet wird, um maximal viel Fläche vormaliger Grünzüge in potentielle Gewerbeflächen umwidmen zu lassen. Oder sollen die Bürger etwa glauben, dass die Stadt Überlingen und die Gemeinde Owingen vorher nicht miteinander gesprochen haben?

Die BÜB+-Stadträte kommentieren dieses Vorgehen so.

Und ich könnte jetzt dringend so einen Kuh-Keks gebrauchen!

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