TS117/19: Überlingen: Grandiose Blamage für OB Jan Zeitler und Rechtsexperte Bruns

Tja, so sind’s, die Jungs, welche die Macht in den Händen halten. Mit allen Mitteln verteidigen sie die nämliche. Plöd, wenn Sonnenkönige dabei auf Gemeinderäte stoßen, die sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen lassen. Die Blamage, welche die (neue) Überlinger Gemeinderatsfraktion Bürger für Überlingen (BÜB+) zusammen mit der Fraktion LBU/Die Grünen Oberbürgermeister Jan Zeitler (SPD) und seinem „Rechtsexperten“, dem CDU-Gemeinderat Alexander Bruns, seines Zeichens promovierter Rechtswissenschaftler (!), jetzt beigebracht haben, ist umfassend!

Und das Schönste: Sie wird vom Südkurier in allen Facetten ausgeleuchtet.

Die BÜB+ war mit dem Versprechen angetreten, mehr Transparenz in die Überlinger Kommunalpolitik zu bringen. Mit dieser süßen Kunde hatten auch andere Wählerinitiativen in anderen Gemeinden der Region die Bürger gelockt. Der Rest ist bisher eher … Schweigen?

In Überlingen stellten die beiden Gemeinderatsfraktionen BÜB+ und LBU/Die Grünen jüngst den Antrag auf Änderung der Hauptsatzung dahingehend, dass Ausschusssitzungen „grundsätzlich“ (inzwischen ist man bei der Formulierung „in der Regel“) öffentlich sein sollen (Infos dazu auf dem BÜB+-Blog).
[Aktualisierung am 19.11.2019 / 23.00 Uhr: Da verlässt man sich 1 x auf den Südkurier und zitiert nach dessen Bericht! Und prompt! Wie mir der BÜB+-Stadtrat Dirk Diestel liebevoll mitteilt, wurde der Antrag NUR von der BÜB+ gestellt. Nach Umformulierung von „grundsätzlich“ in  „in der Regel“ schloss sich dann die Fraktion LBU/Die Grünen an.]

Das wäre ein starkes Zeichen für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung. Kein Wunder also, dass OB Jan Zeitler und seine CDU-Genossen (bitte überlesen Sie den Wortwitz nicht!) sich wenig begeistert von diesem Antrag zeigten. Mehr noch: Die dazugehörige Gemeinderatssitzung lief so dermaßen aus dem Ruder, dass Zeitler den Tagesordnungspunkt schließlich abbrach. Das übrigens vertrage sich gar nicht mit der Gemeindeordnung, die eine Änderung der Tagesordnung nur mit Mehrheitsbeschlüssen zulasse, wie BÜB+-Gemeinderat Roland Biniossek sofort reklamierte. Mit der bekannten Fett-auf-Teflon-Reaktion forderte Zeitler die Räte dennoch auf, ihre Änderungsanträge schriftlich einzureichen.
Basta.

Der Südkurier-Redakteur Stefan Hilser berichtet in seinem Artikel „Räte gegen zu viele Debatten hinter verschlossenen Türen“ eindrücklich über diese Sitzung, die so viel vom Machtverständnis der regionalen Bürgermeister und von ihren „Strategien“ zum unbedingten Machterhalt preisgibt.

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Immer ein „Experte to go“ zur Hand
Zeitlers „Strategie“ bestand darin, den promovierten Rechtswissenschaftler Bruns zur „Expertise“ aufzurufen. Der „Experte“ behauptete dann – falschliegend wie inzwischen feststeht -, dass eine solche Änderung der Satzung nicht mit der Gemeindeordnung Baden-Württemberg verträglich sei.

Interessant und für Südkurier-Gemeinderatsberichterstattung durchaus nicht typisch erklingt bei Hilser folgender interessanter Zwischenton:

Offenbar war Zeitler der Meinung, dass ihm das Gremium, abgesehen von der BÜB+, widerspruchslos folgen werde und dass damit die Satzung ohne weitere Änderungen beschlossen würde.
(Südkurier Stefan Hilser 09.11.19: „Räte gegen zu viele Debatten hinter verschlossenen Türen“; Hervorhebg. K. B.)

Von dem, was in Gemeinderatssitzungen und bei öffentlichen Veranstaltungen so häufig „offenbar“ ist, berichten Verlautbarungsjournalisten naturgemäß nämlich sonst nix.

Und die undemokratische „Meinung“ regionaler Verwaltungschefs, die widerspruchslose Gefolgschaft von ihren (Possessivpronomen!) Gemeinderäten erwarten, beschränkt sich durchaus nicht auf den die Partei eher diskreditierenden SPD-OB in Überlingen.
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Regierungspräsidium bestätigt Rechtsauffassung der BÜB+
In mir entflammt zunehmend eine prickelnde Leidenschaft für Regierungspräsidien (RP). Die BÜB+ nämlich wandte sich nach dieser turbulenten Gemeinderatssitzung an das RP Tübingen, um dort die Rechtmäßigkeit des BÜB+- und LBU-Vorschlags, Ausschusssitzungen künftig „in der Regel“ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,  prüfen zu lassen.

Die Juristen beim RP haben möglicherweise andere Rechtswissenschaften studiert als der CDU-Erklärbär Bruns, denn sie kommen zu dem auch vom Südkurier mit lesbarer Wonne berichtetem Ergebnis: „Falls der Gemeinderat eine Regelung wie von Ihnen vorgeschlagen beschließt, so bestehen hiergegen keine rechtlichen Bedenken“ (Quelle).

Lehre für Nicht-CDU-Gemeinderäte in den kleineren Kommunen mit genereller Unterwerfungsbereitschaft unter die bürgermeisterlichen Abstimmungsweisungen: Es lohnt sich, nicht alles widerspruchslos hin- und vor allem ungeprüft zu übernehmen, was der Rottenführer so von sich gibt.
Selbst wenn er noch schnell einen „Experten“ aus der Westentasche zieht!

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