TS68/16: Plagiatoren, Bescheidene, Großverdiener und Entglaubwürdigte der Satire-Szene

+++ Kurt Krömer: Die Plagiatoren unter den Komikern
Oliver Pocher
, Bülent Ceylan, Giovanni Zarella und Jan Leyk sollen Witze klauen. Schreibt Meedia und bezieht sich dabei auf den Komiker Kurt Krömer, der diesen Ideenklau entdeckt hat. In einem humorigen Brief „vom Bundesamt für Witzeverwaltung“ konfrontiert er die Plagiatoren mit dem Vorwurf – und verwendet dabei eine weiteren satirischen Dreh (er schreibt sich selbst an). Von der Technik her bemerkenswert!


+++ Interview mit Christian Ehring
Satire erregt inzwischen sogar die Aufmerksamkeit von Portalen wie finanzen.net. Dort findet sich ein Interview mit Christian Ehring, dem – dem Interview, nicht Ehring – zuvorderst anzuloben ist, dass es erneut den Fokus auf den Anfang der ganzen vermaledeiten Böhmermann-Affäre richtet: den vom „Irren vom Bosporus“ (Diktum Martin Sonneborn) nicht goutierte extra3-Satire in Liedform. Ehring gibt darin an, Böhmermann nicht gram sein zu wollen für die gestohlene Show. Er sei trotz seines Fernsehjobs „ein öffentlichkeitsscheuer Mensch“; Medienhypes seien ihm zuwider. Die extra3-Redaktion bezeichnet er – sympathisch – als „bodenständige Satire-Manufaktur“.
Es ehrt ihn die Bescheidenheit mit so Äußerungen wie: „Mir ist das immer einigermaßen peinlich, wenn sich in Deutschland Satiriker als mutige Freiheitskämpfer inszenieren.“ Und der Satiriker schlägt wohltuend durch in:

[Frage] Was macht Ihnen Angst?
Die Hysterie, mit der in Deutschland inzwischen Debatten geführt werden. Wir zeigen auf die Amis mit ihrem Trump: „Ach, guck mal, wie doof.“ Ich glaube, die sind uns einfach nur etwas voraus. Die Art, wie in Deutschland über die Flüchtlingskrise diskutiert wurde, hatte Anzeichen einer Hysterie. Die Art, wie über den Böhmermann-Skandal diskutiert wurde, ebenfalls. Und da beziehe ich die Medien ausdrücklich mit ein. Bei der geflissentlichen Böhmermann-Exegese tat sich für mich in den vergangenen Wochen eine offene Flanke zum Wahnsinn auf, sowohl in den Jubel-Arien, als auch in den Totalverrissen. Es ist ein beunruhigendes Gefühl, sich bei der Zeitungslektüre zu fragen, ob unsere vierte Gewalt noch alle Tassen im Schrank hat.
(finanzen.net 23.05.16: „Satiriker Ehring: ‚Komik ist die einzige Rettung‘“; Hervorhebg. SaSe)

Insgesamt fällt Christian Ehring durch eine Bescheidenheit auf, die schier krass ist für den, der sich regelmäßig im selbstgefälligen Output von Kabarettisten und Satirikern bewegt. Gerade eben hatte ich eine Meldung gelöscht, wo ein Kabarettist sich selbst als Gott indizierte


+++ Die HNA analysiert die Fernsehsatire-Szene
Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) durchleuchtet in dem Artikel Wie das ZDF den Privatsender in Sachen Comedy etwas vormacht die Satire- und Comedy-Szene in Öffentlich-Rechtlichen im Abgleich mit den auf diesem Sektor abschmierenden Privaten.
Konsens mit diesem Blog:

Dafür könnte die ARD ruhig großzügig ausmisten. Die meisten anderen Donnerstagabend-Sendungen von Dieter Nuhr und seinen Kabarett-Kollegen kommen recht ideenlos daher. Interessanter sind da Formate des WDR wie „PussyTerror TV“ mit Carolin Kebekus und die von einer Handpuppe moderierte „Wiwaldi Show“. Die ARD darf sich gern häufiger so kreativ zeigen.
(HNA 23.05.16: „Wie das ZDF den Privatsendern in Sachen Comedy etwas vormacht“; Hervorhebg. SaSe)

Das ZDF wird für seine Experimentierfreude gelobt:

Von anfänglichen Schwierigkeiten der Formate hat sich der Mainzer Sender nicht verunsichern lassen und tut das auch heute nicht. So schaffen es immer wieder neue Ideen ins Programm, wie aktuell „Sketch History“, wo ein großartiges Schauspiel-Ensemble Ereignisse aus der Geschichte clever parodiert. Solche Experimentierfreude sollten mehr Sender haben.
(ibid.)


+++ Martin Sonneborns gut bezahlter Alltag in Brüssel

… zeigt nachstehendes Video, dem die SPAM-Redaktion des Spiegels etwas mehr Aufmerksamkeit verschafft.

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+++ „Die Anstalt“ verliere weiterhin an Zugkraft
… bei den über 49-Jährigen, berichtet Quotenmeter. Die letzte Sendung vor der Sommerpause am vergangenen Dienstag (Gäste: Christine Prayon, Masud, Chin Meyer = Denkfunk wie auch die beiden Anstalt-Kabarettisten)   fand aber immerhin noch 2,68 Millionen Zuschauer mit einem Marktanteil (wichtig?) von 12,4 Prozent.

Senf: Wenn ich nicht so viel über Denkfunk wüsste (und schon publiziert hätte) und jüngst auf diesem Blog [siehe Quelle 1] noch viel mehr Gruseliges erfahren, hätte mich die letzte Anstalt-Sendung mit dem Thema TTIP begeistert; zumal meine Lieblingskabarettistin Christine Prayon zu Gast in einer Sendung war, für deren Federführung sie selbst einst im Gespräch gewesen war. Ausrufezeichen. Aber wenn Kabarettisten erst einmal grundsätzlich ihre Glaubwürdigkeit verloren haben, was im Fall Max Uthoff noch stärker zutrifft als für den sich bei Denkfunk angenehmerweise zurückhaltenden Claus von Wagner, können die Themen und ihre Darbietung noch so toll sein – man glaubt ihnen nicht (mehr)! Den nachstehend genannten Artikel „Querfront-Kabarett“, den ich aus rechtlichen Gründen leider nicht hyperlinken kann, gebe ich Interessierten zur Information (viele Belege und Dokumente!) zur Kenntnis, ohne mir die Inhalte der anonym betriebenen Seite in irgendeiner Form zu eigen zu machen.
Im Übrigen warte ich mit Spannung darauf, ob sich eins der Leitmedien endlich einmal wieder zu einer Theaterkritik zu Die Anstalt aufraffen kann.

Quelle 1: „Querfront-Kabarett und/oder dubioser Denkfunk?!“
https://hartzvierrebellin.wordpress.com/2016/05/25/querfront-kabarett-oderund-dubioser-denkfunk/


+++ Comics zum Katholikentag
Der Artikel der Leipziger Volkszeitung selbst liegt hinter einer Bezahlschranke, klingt aber interessant. Passend zum mit riesigen Bramborium beworbenen Katholikentag in Leipzig läuft dort eine Ausstellung des Comiczeichners Ralf König, der sich noch traut, Satire über Religion zu machen!


+++ „Schroeder“ schroedert wieder!
Na, endlich. Eine gewisse Unbeständigkeit muss sich die satirische Puppe schon vorwerfen lassen mit ihren im Mehrmonatsrhythmus wechselnden digitalen On-Off-Zuständen. Gerade hatte man sich angewöhnt, sich den täglichen Trost und die wohltuende Inspiration auf seinem Facebook-Account (leider!)  abzuholen, da tritt schon wieder eine Publikationspause ein. Und nach einer solchen braucht der „Witzenschaftler“ dann immer etwas, bis er wieder auf Betriebstemperatur kommt. Die scheint jedoch jetzt wieder erreicht zu sein: hier und hier.

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Grafik mit freundlicher Genehmigung von "Schroeder"

Grafik mit freundlicher Genehmigung von „Schroeder“

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Sehr schön auch zu Hagen Rether …. Bei den Leserkommentaren dort wird eine in dieser offensiven Tonalität noch nie gelesene uralte (2011) Rether-Kritik auf Lizas Welt verlinkt.

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