Tag Archiv:Dieter Nuhr

TS16/21: Und die Satire vorneweg: Jan Böhmermann und die Frontex-Papers

Sie ist auf dem Vormarsch: die investigative Satire! Nachdem das vergleichsweise neue Phänomen erstmals 2015 vorrangig im Kontext der ZDF-Satire-Sendung „Die Anstalt“ – unter der damals neuen „Führung“ von Claus von Wagner und Max Uthoff – etikettiert, exekutiert und diskutiert wurde (vgl. TS26/15 und TS61/15), treibt momentan der Satiriker Jan Böhmermann diese eleganteste und effizienteste Form der Satire zu neuen Höhen.
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Kritik am ZDF: Ändern Sie bitte die URL! Darin kommt der Begriff „Comedy“ vor. Das verstehe ich als eine ungerechtfertigte Herabwürdigung des Neo Magazin Royale, das meilenweit von der niveaulosen „Comedy“ entfernt ist, wie sie die einschlägigen Clowns von Mario Barth bis Dieter Nuhr absondern. Auch wenn ich Nuhrs Verdienste um die redundante Erfindung des staatstragenden Kabaretts nicht schmälern möchte (hier).

Neu an Böhmermanns Fortentwicklung der investigativen Satire ist auch, dass er dies nicht alleine, sondern im synergetischen und zeitlich abgestimmten Verbund mit anderen medialen Multiplikatoren tut, die weder zum Fernsehen noch zur Satire gehören. Dafür sorgen sie aber für die entsprechende Verbreitung. Im Fall der Frontex-Papers sind das die Internetportale Netzpolitik.org sowie FragDenStaat.de: „Frontex-Files: Wie die EU-Grenzpolizei das Parlament belügt“.

Die SaSe-Stammleser achten hierbei auf den feinen Unterschied: Auf EU-Ebene müssen die Verantwortlichen im Parlament lügen. Auf Kommunalebene – wie etwa im Gemeinderat von Öpfingen – machen die „Volksvertreter“ (= Gemeinderäte) mit dem „Machthaber“ (= Bürgermeister Andreas Braun) gemeinsame Sache zu dessen Vorteil (hier). Die zur Anwendung gebrachten Strukturen und die gemeinschaftsschädlichen Ziele sind aber auf allen Ebenen dieselben! Auf allen Ebenen dasselbe ist auch, dass höchstens noch Satire und deren Senfe in Blogformat für etwas Aufklärung sorgen …Auf kommunaler Ebene ist die vierte Gewalt ansonsten ein Totalausfall.
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TS84/16: Comedy-Preis 2016: Der schamlose Dieter Nuhr und seine Amigos

Wir können es dazu sehr kurz halten, denn alles, was man über dem Comedy-Preis 2016 wissen muss, steht in diesem wohltuend auf den Punkt gebrachten Meedia-Artikel (dpa Christoph Driessen):

Die Verleihung des Deutschen Comedypreises ist eine jener Sendungen, bei denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit die Ausgabe des vergangenen Jahres wiederholen könnte, ohne dass es groß auffallen würde. Die Nominierten, Laudatoren, Preisträger, Moderatoren und Juroren – sie werden jedes Jahr nur ein bisschen gemischt, und dann ist eben derjenige, der letztes Mal den Preis ausgereicht hat, diesmal selbst Empfänger und umgekehrt. Zur besseren Orientierung gab es jetzt wenigstens einen Moderatorenwechsel: Erstmals führte Max Giermann (41) durchs Programm – in Nachfolge von Carolin Kebekus und Dieter Nuhr.
Nuhr ist dem Comedy-Preis in besonders vielfältigen Funktionen verbunden. Er ist langjähriger Moderator, mehrfacher Preisträger, und Vorsitzender der Jury –  so auch in diesem Jahr. Bester Komiker und Juryvorsitzender – das vielleicht die beste Pointe am ganzen Comedypreis, allerdings ist der Witz nicht neu.
(Meedia 26.10.16: „Deutscher Comedypreis 2016: Nuhr und Kebekus weiter auf Comedy-Thron – Böhmermann und P7S1 gehen leer aus“; Hervorhebg. SaSe)

SaSe-These: Dass Jan Böhmermann aus dem Boot geworfen wird, ist kein Wunder. Man mag von ihm halten, was man will: No way, dass er auch nur „Dienstbeflissenheit“ gegenüber dem pudelnackten König Dieter Nuhr zeigen würde (vgl. auch SaSe31). Weiterlesen

TS68/16: Plagiatoren, Bescheidene, Großverdiener und Entglaubwürdigte der Satire-Szene

+++ Kurt Krömer: Die Plagiatoren unter den Komikern
Oliver Pocher
, Bülent Ceylan, Giovanni Zarella und Jan Leyk sollen Witze klauen. Schreibt Meedia und bezieht sich dabei auf den Komiker Kurt Krömer, der diesen Ideenklau entdeckt hat. In einem humorigen Brief „vom Bundesamt für Witzeverwaltung“ konfrontiert er die Plagiatoren mit dem Vorwurf – und verwendet dabei eine weiteren satirischen Dreh (er schreibt sich selbst an). Von der Technik her bemerkenswert!


+++ Interview mit Christian Ehring
Satire erregt inzwischen sogar die Aufmerksamkeit von Portalen wie finanzen.net. Dort findet sich ein Interview mit Christian Ehring, dem – dem Interview, nicht Ehring – zuvorderst anzuloben ist, dass es erneut den Fokus auf den Anfang der ganzen vermaledeiten Böhmermann-Affäre richtet: den vom „Irren vom Bosporus“ (Diktum Martin Sonneborn) nicht goutierte extra3-Satire in Liedform. Ehring gibt darin an, Böhmermann nicht gram sein zu wollen für die gestohlene Show. Er sei trotz seines Fernsehjobs „ein öffentlichkeitsscheuer Mensch“; Medienhypes seien ihm zuwider. Die extra3-Redaktion bezeichnet er – sympathisch – als „bodenständige Satire-Manufaktur“. Weiterlesen

SaSe94: Rezension „Ist das jetzt Satire oder was?“: Die besten Handwerksmeister der Zunft

Dieses Buch hat das Zeug zur (neuen) Satire-Bibel – post Charlie Hebdo! Für den von der ewigen Qualfrage („Was darf Satire?“) bis aufs Blut gepeinigten Satirefreund bringt es tiefenwirksame Erleichterung, süffig-herb im Abgang! Heraus quellen Linderung und Klärung verheißende Worte von einer Satire-Elite des Landes, wie sie in den Redaktionen von Titanic und taz-Wahrheit vor sich hin erkennt.

Herausgegeben haben diese Labsal spendende Wundauflage mit dem Werbespruch „aktuelle Beiträge zu einer alten Frage“ Heiko Werning und Volker Surmann. Letzter ist praktischerweise gleich der Verleger (Satyr-Verlag). Werning ist ständiger Mitarbeiter des Satiremagazins Titanic, bloggt und schreibt für taz, Jungle World und andere Medien. Hört, hört!

Die Anthologie vereint 38 Autoren, wobei die schändliche Frauenquote (total: 23 Prozent; im Nur-Textbereich gleich nur noch 16 Prozent) leider gleich wieder einen separaten Peitschenhieb mit langem Anlauf verdient hat. Die sieben (von 31) Textbeiträgen aus femininer Feder stammen von Hazel Brugger (die aber auch nur einen Text aus ihrem gerade erschienen Buch Ich bin so hübsch verwurstet – schade!), Silke Burmester, Kirsten Fuchs, Jacina Nandi, Margarete Stokowski, Ella Carina Werner und Elke Wittich. Katharina Greve und Miriam Wurster steuern Cartoons bei. Weiterlesen

TS66/16: Überflutung + Nachbereitung + Hindernis + Sieger + Event und 3 Offtopics

+++ „Ständige Überflutung mit satirischen und pseudosatirischen Sichtweisen“
Alarmierendes Empfinden? Die Neue Passauer Presse leitet eine Theaterkritik zu einem Auftritt von Nadine Konietzny und Sascha Ciric, Ensemble Cabaret des Grauens,  mit folgendem Text ein:

Mal ganz offen gesagt – wer in diesen Tagen durch die ständige Überflutung mit satirischen und pseudosatirischen Sichtweisen der aktuellen politischen Themen nicht schon am Rande seiner Leidensfähigkeit angekommen ist, der hebe den Finger. Soll man sich da wirklich noch einen ganzen Abend mit Satire Live geben? Ja – man sollte! Denn was das Ensemble des „Cabaret des Grauens“ abliefert, entschädigt für so manche unerträgliche Peinlichkeit ihrer meist prominenteren Kollegen.
(Neue Passauer Presse 17.05.16: „Gute Satire im Cabaret des Graunes„)

Abgesehen von der Satire-Füllstandsanzeige: Das – Cabaret des Grauens – muss ja eine dolle Truppe sein?
Angesichts des zunehmenden Versagens des deutschen Fernsehkabaretts – eine der als Dauerregen niedergehenden Klimaxen an satirischer Gehaltlosigkeit dürfte Mann, Sieber! vom 17. Mai 2016 sein – ist der düpierte Satire-Freund zunehmend aufgefordert, sich an Satire in Buchform (= spitzenmäßig! Rezension folgt) zu halten oder das analoge Angebot auf den Kleinkunstbühnen abzugrasen. Wem es noch an Motivation dazu fehlt, kann sich hier täglich neu frustrieren lassen. Weiterlesen

TS61/15: Kein Ende + Kein Spaß + Kein Humor + Kein Zugang + Kein Arsch

+++ „Nuhr ab 18“: Neue Staffel ab 9. Juni 2016
Im Juni startet die ARD-Kabarett-Nachwuchssendung Nuhr ab 18 in die zweite Runde. Als „Neuerung“ bietet die Vermarktung der Serie unter der moderierende Aegide Dieter Nuhrs, des „verlängerten Arms der Pegida“ (Diktum Volker Pispers), an: „Jeweils ein Comedian beschäftigt sich etwas ausführlicher mit ‚seinem Berlin‘“ (Quelle). In der ersten Sendung soll das Felix Lobrecht aus Neukölln sein.
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Senf: Lobrechts Stil kommt einem irgendwie bekannt vor?
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+++ „heute show“: Eine Peinlichkeit, die Kluth zum Schaudern bringe
Eine Abrechnung mit deutschem Humor und der fehlenden Antenne für Ironie habe Andreas Kluth (Leiter des Berliner Büros von The Economist) geleistet, unterrichtet uns die Huffington Post. Sein Artikel sei so treffend, dass er sich schon zum Viralhit entwickelt habe. Als besonders eindrückliches Beispiel für die defizitäre deutsche Satire nennt der Autor die heute show, ein offensichtliches Plagiat von Jon Stewarts The Daily Show. Die Sendung sei so peinlich, dass sie ihn regelmäßig zum Schaudern bringe. Weiterlesen

TS55/16: Hass, Prix SatireSenf und Nuhr-Blasphemie

+++ “ Hassist“ Serdar Somuncu beklagt Hass-Mails
Nachdem jetzt der kursorische Hype um Jan Böhmermann allmählich etwas abklingt, legen sich die darunter liegenden und relevanten Strukturen frei. So berichten diverse Medien, dass der türkisch-stämmige Kabarettist Serdar Somuncu aufgrund seiner Solidaritätsbezeugungen mit dem Kollegen Böhmermann mit Hass-Mails von in Deutschland lebenden Türken nachgerade überflutet werde, die ihn unter anderem des Verrats an der stolzen türkischen Nation bezichtigen. Mehr bei: N24 + Die Welt + Focus + Huffington Post + Blick (Schweiz) et al.
Senf: Auf den realsatirischen Aspekt im Gesantkunstwerk Somuncu geht die Berichterstattung leider nicht ein: Da tritt einer bekennend als „Hassist“ auf und wundert sich dann über Hass-Mails? Herrlich!

Dazu ergänzend noch aus der Somuncu-Kolumne in der Wirtschaftswoche: Deutschland ist humorbefreite Zone.


+++ Hazel Brugger beim Prix Pantheon ausgeschieden
Die im Dunkeln sieht man nicht … und bei dem nervenden Preisverleihungsgewese wird über die Verlierer nicht gesprochen. Lediglich FM1Today notiert, dass die beiden Schweizer Kabarettisten Hazel Brugger und Roger Stein beim Prix Pantheon ausgeschieden seien. Weiterlesen

TS54/16: Das Prostata-Tröpfeln der Affäre Böhmermann und der frische Strahl

+++ Großbritannien: Schmähgedicht-Wettbewerb
Es ist eine Reaktion auf den Fall Jan Böhmermann: Die englische Wochenzeitung The Spectator hat einen Schmähgedicht-Wettbewerb auf den türkischen Staatspräsidenten Recip Tayyip Erdogan ausgerufen: „Wer den türkischen Präsidenten am effektivsten in Limerick-Form beleidigt und diffamiert, kann ein Preisgeld von 1.000 Britischen Pfund gewinnen“ (Meedia). Der Herausgeber Douglas Murray betont ausdrücklich, dass der beleidigende Charakter der Poesie Vorrang vor politischen Inhalten habe.
Senf: Ich halte das für eine satirische Aktion, die den demokratiezerstörenden Taten des „Irren vom Bospurus“ angemessen ist! Geht in Großbritannien, in Deutschland leider nicht – wegen des noch bestehenden Majestätsbeleidigungsparagraf 103 Strafgesetzbuch.


+++ Christopher Lesko: Ernüchterndes Zwischenfazit zur Causa Böhmermann
Der letzte Aufruf zu Kommentaren zum Fall Böhmermann hat gefruchtet: Christopher Lesko resümiert die aus allen Fugen geratene Angelegenheit auf Meedia ernüchternd und sehr kritisch. In seiner Betrachtung bleibt nichts von der Heldenhaftigkeit und Genialität übrig, welche der Oliver-Kalkofe-Interpretation eignet. Lesko zeichnet einen unreifen egozentrischen Künstler, der auf den extra3-Zug aufgesprungen sei wie nach ihm andere (namentlich: Dieter Hallervorden) und mitnichten etwas für die Pressefreiheit in Deutschland gewonnen habe. Weiterlesen

TS53/16: Letzter Aufruf zu Kommentaren #Böhmermann

+++ Kazim Akboga löscht Böhmermann-Videos
Der türkisch-stämmige Kabarettist und Satiriker Kazim Akboga hatte etwas riskiert und auf Facebook einen Song zur Causa Böhmermann veröffentlicht. Die darauf erfolgenden Kommentare veranlassten ihn dann zu einem weiteren Video. Kurz darauf hat er beide gelöscht, wie er auf Facebook erklärt:

Ich habe die Videos gelöscht, weil ich Angst bekommen habe. Ich wollte die Sache etwas auflockern, habe jedoch das Gegenteil bewirkt. Ich will kein Öl ins Feuer gießen und die Sache so schnell wie möglich vergessen. Ich bitte um euer Verständnis.
(Facebook Kazim Akboga Posting 17.04.2016)

Grundgütiger: Akboga wollte  … „die Sache etwas auflockern“???
Es berichtet: Die Welt.


+++ Palfrader #böhmermann: So geht man in Österreich mit Satire um
Der gottbegnadete österreichisch Satiriker Robert Palfreder nimmt auf Facebook Stellung zur Causa Böhmermann und erinnert an einen parallelen Fall 2013, als der Staatsanwalt wegen einer Satire auf den niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll gegen Palfrader ermittelte – und das Verfahren einstellte. Quelle. Weiterlesen

TS51/16: #Böhmermann: Die mutige „heute-show“ und eine FAZ-Spitze gegen den Böhmermann-Anwalt Schertz

+++ Das Zitat der Woche!
Der Strafrechtsexperte Udo Vetter bringt die Entscheidung der Bundesregierung im Fall Jan Böhmerman hinsichtlich der Ermächtigung zur Strafverfolgung nach dem uralten Majestätsbeleidigungspargrafen 103 Strafgesetzbuch, bei der das Votum von Angela Merkel den Ausschlag gegeben hatte, mit seinem Zitat auf den Schwachsinnspunkt:

Die Regierung erlaubt die Strafverfolgung wegen eines Gesetzes, das sie für unnötig hält. Finde den Fehler.
(zitiert nach Meedia 15.04.16: „Udo Vetter zur Merkel-Entscheidung: ‚Einladung an ausländische Despoten, mehr deutsches TV zu gucken'“)


+++ Satiriker-Reaktionen auf die Entscheidung der Bundesregierung

Zum Beispiel: Oliver Kalkofe auf Facebook, der Merkel die Werte dieses Landes verraten sieht.
Auch interessant: Dieter Nuhr hält es für angebracht, „Verständnis“ für die Entscheidung der Bundesregierung zu zeigen (Quelle). Dazu muss man vielleicht aber auch wissen, dass Nuhr im Sommer 2015 selbst fett Zoff mit Böhmermann hatte.
Christoph Sieber kategorisiert bei Denkfunk die Entscheidung der Regierung als erwartungsgemäß und rückgratlos. Weiterlesen

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