SaSe86: „Vereinsheim Schwabing“ 19.02.16: Lisa Eckhart schleppt das Wasser in die Ideenwüste

Nichts gegen Mathias Tretter als neuen „Gastgeber“ der BR-Kabarettsendung Vereinsheim Schwabing. Aber für mich persönlich ist diese Sendung unauflöslich und atmosphärisch passend (nur) mit Hannes Ringlstetter verbunden. Zu den Gründen für den Moderatorenwechsel kann ich nichts recherchieren. (Und für die nächste Presseanfrage an einen Kabarettisten fehlt mir im Moment die Kraft … Artikel zum letzten Kräfteverzehr folgt.) Aber Ringlstetter ist vielfach anderweitig engagiert mit seinen Auftritten bei Hubert & Staller, seiner Musikband und seinem prallen Bühnenauftrittskalender. Doch es persistiert mein kleinkindliches Trotzdem.

Und Ringlstetters Nominierung für den Grimme-Preis (Kategorie: Unterhaltung / Spezial)) als Teammitglied von 3. Stock links – Die Kabarett-WG ehrt zwar die für diese Sendung teilweise arg gescholtenen Satiriker, gestaltet aber keinen Zipfel meiner Lebensrealität.
En passant sehr schmeichelhaft für SaSe festzustellen ist, dass die Grimme-Preis-Jury und dieser Blog in ihren Urteilen zur Sendung harmonieren!


Jung, präsent und belebend frech
Moderatorenvorlieben sind Geschmackssache. Die eigentliche Würze der Sendung kommt von den auftretenden Künstlern. Und da fiel für Vereinsheim Schwabing am 19. Februar 2016 die Nachwuchskünstlerin aus Österreich Lisa Eckhart auf. Mit 22 Jahren hat diese (ebenfalls – vgl. Hazel Brugger und Jan-Philipp Zimny) der Poetry-Slam-Szene entsprungene weißblonde Zartheit den Mut, fassweise Wasser in die Ideenwüste des deutschen Kabaretts zu schleppen. Lebenselixier für dessen Umgang mit Fascho-Themen wie zum Beispiel Rassismus. In dem knapp zweiminütigen Auftritt Ein Hoch auf Eugenik macht Eckart es den „Alten“ vor – wie man kreativ und mit satirischem Werkzeug und noch dazu in der immer risikobehafteten lyrischen Form die Auseinandersetzung mit faschistischen Phänomen – hier: Rassismus – leisten kann! (Satirische) „Argumente“ – anstelle von Polemik, konkrete Beispiele – statt Polemik, ein alternatives Konzept. Mittenheraus aus der Fülle satirischer Instrumente – anstatt der sattsam bekannten kabarettistischen polemischen Allgemeinplätze. Kunst!
(Nichts gegen Polemik – wo wäre ich ohne sie? Aber NUR?)

Lisa Eckhart bei Slam 2015:

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Hier ein Auftritt von Lisa Eckhart 2014:

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Die Versform als Karriere-Fessel?
Lyrik ist bei der heutigen Textkompetenz durchschnittlicher Mediennutzer anstrengend und beschwert die junge Künstlerin als eher nicht mainstreamtauglich für das Fernsehkabarett. Auch wenn Eckarts gesellschaftskritischen Botschaften raumgreifend glänzend klar verständlich aus dem Versmaß hervortreten.
Schon fast zu viel von ihr verrät dieses Interview im Kontext ihres Auftritts bei Vereinsheim Schwabing.

Lisa Eckhart kategorisiert sich sowohl mit Inhalt wie mit Form in der Spitzenkategorie <satirische Künstler> in der insgesamt dreigliedrigen SaSe-Wertekaskade Comedian – Kabarettist (von Beruf, nicht aus Berufung). Einen tieferen Einblick in die Persönlichkeit abseits der Versform gewährt auch ihr Facebook-Account, der so tolle Postings wie dieses hier birgt.

Dem neidjungen Talent zu wünschen ist, dass sie den kapitalistischen Verlockungen des Fernsehkabaretts widersteht und sich selbst treu bleibt! Dass (auch) dieses Juwel aus Österreich kommt, gibt gleichfalls zu denken! Zumal das österreichische Kabarett mit Frauen ansonsten so gar nichts anfangen kann: Frauenquote beim österreichischen Kabarettpreis 8,3 %!

Lisa Eckhart scheint mir ein extrem vielversprechendes Nachwuchstalent, das alle Voraussetzungen zum Scheitern beim Mainstream schon mitbringt. Wobei die zuletzt sterbende Hoffnung darauf keimt, dass ich den Mainstream fehleinschätze.

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