Ganz schön gruselig: Gerade laufen die Proteste gegen den vorliegenden Entwurf des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben (RPBO) zunehmend aus dem Ruder (hier und Meinung hier), die Petition der Initiative zukunftsfähiger Regionalplan marschiert, der dazugehörige Blog ist zumindest für mich die tägliche erste Informationsquelle im Netz, da starten €DU, Wirtschaft und der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) mithilfe der Schwäbischen Zeitung eine Charme-, Marketing- und (Des-)Informationskampagne.
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Genau DAS erfahren die Leser nicht!
Die von mir behauptete Desinformation beginnt schon mit der Überschrift zum ersten diesbezüglichen Artikel vom 8. Mai 2021: „Was hinter dem Regionalplan von Oberschwaben steckt und wo er Einfluss nimmt“. Bitte lesen Sie den Artikel. Sie werden schnell feststellen, dass Sie eines auf gar keinen Fall erfahren: WAS und WER hinter dem aktuellen Entwurf des RPBO steckt. Sie erfahren (bisher) nicht, welche massiven wirtschaftlichen Interessen in den Entwurf Eingang gefunden haben und welche Lobbygruppen Einfluss nehmen.
Stattdessen werden die Leser in einen kaum nachvollziehbaren Dschungel von verwaltungsrechtlichen Vorgaben und Zuständigkeiten geführt.
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RPBO – einseitig aus ökonomischer Sicht betrachtet
Das ist auch kein Wunder. Denn wie der Artikel wenigstens unumwunden zugibt, stammen alle dessen Weisheiten von der „Planungsreferentin Nadine Kießling“. Das Funktionsetikett „Planungsreferentin“ hört sich harmlos an? Ist es aber nicht. Und was daran nicht harmlos ist, das verschweigt die SchwäZ dem Leser.
Die junge Dame ist nicht wie etwa die renommierten RPBO-Kritiker von Scientists for Future eine erfahrene Wissenschaftlerin, die auf eine lange Reihe von seriösen Publikationen zum relevanten Themenbereich (nämlich Klimaschutz) verweisen kann.
Nein, Nadine Kießling ist Doktorandin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Regionalökonomie und -entwicklung an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft im schweizerischen Birmensdorf (hier). Es liegt also auf der Hand, dass Kießling den RPBO vorzüglich aus wirtschaftlicher Perspektive betrachtet. Und ihn auch nur in dieser Relevanz darstellt.
Also vollständig einseitig. Oder prägnanter gesagt: am Thema vorbei. Wieder sollen die Leser der SchwäZ den RPBO ausschließlich in seiner wirtschaftlichen Dimension wahrnehmen.
Der Fairness halber – und wegen dem Seitenhieb betreffs der (fehlenden) wissenschaftlichen Publikationen – sei aber darauf verwiesen, dass Nadine Kießling immerhin einige Bücher geschrieben hat. Allerdings nicht wissenschaftliche. Stattdessen: Belletristik. Der Titel des letzten befeuerte die Phantasie der Satirikerin gefährlich: „Als der Nebel sich lichtete“. (Dort unter Autorenporträt auch nähere Angaben zur Vita der 31-Jähringen). Und Vorsicht hinsichtlich Kießlings Emissionen zum RPBO: Sie habe „mehrere Jahre den Kurs <Kreatives Schreiben> von Frau Kerstin Auer“ belegt. Ui, uii, uiii.
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Rider heißt jetzt Twix und Franke Kießling
Überdies scheint Kießling jetzt das kompensieren zu müssen, was RVBO-Verbandsdirektor Wilfried Franke durch sein wenig überzeugendes Auftreten der vergangenen Monate versemmelt hat. Sein Name ist mehr oder weniger „verbrannt“ – nicht zuletzt durch gleich zwei Dienstaufsichtsbeschwerden der letzten Wochen.
Logisch erwähnt der obige SchwäZ-Artikel deshalb auch nicht Kießlings eigentliche Funktion beim RVBO: Sie ist die designierte Stellvertreterin von Wilfried Franke; Amtsantritt zum 1. August 2021 (hier). Und nicht einfach nur irgendeine subalterne „Planungsreferentin“.
Was muss ich von einer Zeitung halten, welche mir als Leser eine so relevante Information unterschlägt? Und wie sehr muss sich die Region vor einer Franke-Stellvertreterin fürchten, die über Kenntnisse in Creative Writing verfügt? Und sich noch bekennend und dokumentiert mit Nebel auskennt?
Was macht denn Frau Kießling sonst noch so? Sie engagiert sich für die Tourismus-Wirtschaft. Und firmiert hier als Autorin der Bregenzer Wald Tourismus GmbH. Erstaunlich das Datum der letzten Aktualisierung: Im März 2021, als beim RVBO gerade der Bär steppt und tausende von Einwendungen gegen den RPBO eingehen, hat Frau Keißling, designierte Franke-Stellvertreterin, noch Zeit dafür, zu den landschaftlichen Zauberhaftigkeiten Vorarlbergs zu publizieren (bzw. diese zu aktualisieren).
Immerhin können wir aus dieser Erkenntnis den wohltuenden Nektar der Gewissheit saugen, dass die Doktorandin bei den ökonomischen Profiteuren gut vernetzt ist?
Die SchwäZ kündigt in obigem Artikel „eine kleine Serie“ an. Darin werde der RPBO – ausschließlich – von Nadine Kießling beleuchtet. Nach den uns nun vorliegenden Informationen ist damit klar, wohin die Reise geht. Ich würde dann doch die Kolleg*innen von der Initiative zukunftsfähiger Regionalplan sowie die S4F bitten, genau hinzulesen, was da inhaltlich in dieser Serie sonst noch kommt und wo der Kritiker-und Argumente-Haken einzurammen ist.
Um dieser komplett einseitigen und für das Welt- und Regionalklima gefährlichen Darstellungdes RPBO etwas mehr Ausgewogenheit zu verschaffen, hier die Links auf aktuelle Themenbearbeitungen vonseiten der Planeten- und Verstandesfreunde: Zum Beispiel zum Vorwurf „militanter Vorgänge“ bei den Klimaaktivisten (ob „unabhängig“ oder nicht) sowie eine aktuelle Pressemitteilung der Initiative zukunftsfähiger Regionalplan, Barbara Herzig. Und nicht zuletzt auf den faktenreichen neuen KONTEXT-Artikel von Wolfram Frommlet.
Nadine Kießling ist noch sehr jung. Sie hat gute Chancen, die von der Wissenschaft zweifelsfrei prognostizierten Folgen dieser höllischen Regionalplanung mitzuerleben. Deshalb möchte dieser Blog unbedingt seinen Beitrag dazu leisten, dass die einschlägigen Suchmaschinen sie auch jenseits des vom RVBO erzeugten Pseudo-Notwendigkeiten-Nebels und in ihrer enormen Verantwortung für die Regionalentwicklung in den genannten drei Landkreisen wiederfindet. Und erfahrungsgemäß sind die Google-Ergebnisse dieses Blogs ja exzellent …