[eine satirische TV-Kritik]
Am Zeitungskiosk können Medienkonsumenten selbst entscheiden, ob sie das Springerblatt DIE WELT kaufen möchten, in dem dann möglicherweise Artikel über das demokratieverzehrende Phänomen AfD stehen, verfasst von einem Redakteur, der sich dieser Anführungszeichenpartei als PR-Berater angedient hat. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben sie diese Wahl nicht. Dort finanzieren sie ungefragt eine Kabarettsendung mit, deren Satiriker auf offene Bühne verzweifelt versuchen sich aus ihrer Zwangsjacke zu befreien. Der tatsächlichen und der ideologischen.
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Christoph „der Versieber“ (copyleft: Schroeder) ist die gesamte Sendung über damit beschäftigt, an seinem viel zu engen Jackett herumzunesteln, es zu befummeln und zu befingern. Er knöpft es auf. Er knöpft es zu. Er zerrt an den Rändern. Er fasst sie zusammen. Er lässt sie fahren. Der Stoff spannt zum Gotterbarm und nimmt ihm die Luft zum Atmen. Und das Licht zum Denken.
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Dabei ist der Befreiungsversuch Siebers aus dem ihn quälenden Textilformat nur symbolisch.
Viel erbarmungsloser noch hat die beiden Kabarettdarsteller auf der Bühne die Occupy-Ideologie ihres Chefs Tom Aslan alias Umman Aslan im Griff. (Heimlicher) Cheffe von Denkfunk, dieser seltsamen und völlig undurchsichtigen Kabarettistenzusammenrottung, die fast alle Satiriker des ZDF stellt und einer deren Redakteure personalidentisch mit einem der beiden Geschäftsführer des Vereins Global Change Now e. V. ist. Natürlich behauptet er, sein Name sei Ha(a)se. Er wisse von nichts.
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Entsprechend sind die Themen, die Tobias Mann & Christoph Sieber (oder ihre Mit“autoren“) auf die GEZ finanzierte Bühnen bringen (müssen?). Unter diesen Zwängen ist es völlig abwegig von politischem Kabarett im Februar 2016 zu erwarten, sich mit den aktuellen und wahrlich nicht marginalen Problemen der Gegenwart zu beschäftigen: Syrien, Sicherheitskonferenz, Türkei, Pressefreiheit, Nationalismus in Europa, das Kalte-Krieg-Statement des russischen Premierministers Medwedew in München oder ähnlich brennende Zeitfragen mit innenpolitischer Relevanz. Stattdessen müssen der sichtbar in der Zwangsjacke Steckende und sein haspeliger Stichwortgeber die Global-Change-Now– und Occupy-Agenda rauf und runterreiten: Kapitalismuskritik, soziale Ungerechtigkeit, Demokratie in Not (geht immer!), soziale Ungerechtigkeit, Kapitalismuskritik, Seehofer (als Indikator für „Demokratie in Not“). Vor und zurück. Wieder, wieder und wieder. Ad nauseam.
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Schlecht werden muss dem Zuschauer auf einem Witzekarussell mit deart magenfeindlich begrenztem Radius. Dann ist es gut, wenn man beide Hände frei hat, um sich festzuhalten. Zum Beispiel am eigenen Jackett:
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Diese Greifwerkzeuge-Freiheit ist natürlich nur dem gewährt, der kein geistiges Schwert führen muss. Das ist weder bei Christoph Sieber noch bei Tobias Mann der Fall. Sie werden ewig an der Clown-Leine hängen: leidlich witzig, gefesselt an die und von den ewig selben Themen – unabhängig von der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage. Erwartbare Pointen, ausgefahrene Humorstrukturen, Kabarett auf Stammtischniveau. Zeitlos. Der große Wurf wird da nicht kommen. Das lässt schon der Anzug nicht zu:
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So weit waren wir schon mal? (Siehe oben!) Der gespannte Anzugjackezustand symbolisiert den thematischen Fortgang der Sendung in Perfektion!
Mangels eigener Ideen greifen die beiden Lenkfunker dabei erfolgreich auf die Konzepte ihrer großen Kollegen zurück. Zum Beispiel die Themeninszenierung des legendären Latenight-Talker Harald Schmidt anhand von Playmobil-Männchen. Um dieses Plagiat zu vertuschen, lässt Mann, Sieber! eben die Playmobilmännchen weg. Dabei gelingt es ihnen noch nicht einmal, die Quintessenz dieser phantastischen Dokumentation kabarettistisch zu klammern.
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Weil aber wohl auch Tom Aslan merkt, dass sich Denkfunk und seine ZDF-Marionetten zunehmend auf absteigendem Akzeptanz-Ast bewegen,
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… hat er sicherheitshalber und zum x-ten Male den Verschwörungstheorie-affinen Denkfunk-Autor Dirk Müller in der auf Mann, Sieber! folgenden Sendung Markus Lanz gesetzt. Der kämpft auch nicht mehr gegen seine Fesseln …
Jetzt bleibt dem Marionettendisponenten im dunklen Hintergrunde nur noch zu hoffen, dass es nicht noch mehr Frohgemüter wie diese TV-Köchin Meta Hildebrandt bei Markuskann’s(nicht) gibt, die auf das Welt-und-Banken-Untergangsszenario von Diki mit einem so wohltuend erdenden Statement reagierte, dass Mister Dax am Ende seiner Redezeit als das dastand, was er ist. Prophet ohne Wüste.
Doch zurück zu den im regulären ZDF-Programm als „Kabarett“ (?) installierten Verkündern von Occupy-Thesen:
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Flammendes Plädoyer aus Humanität
Das Plädoyer für diese Sorte gebundener und gefesselter Kabarettisten kann schon aus humanitären Gründen nicht anders als flammend sein. Es ist unfair, Systemkritik von jenen zu erwarten, die so bekennend und lebhaft Teil des Systems sind. Die sich über systemstabiliserende „Likes“ auf Facebook freuen wie Pegida, die AfD und die NPD auch – selbst wenn sie deren Gefälltmir-Sphären nicht einmal annäherend erreichen. Immerhin teilen sie mit diesen dieselben Werte! Sie bilden die so häufig beschworene Wertegemeinschaft!
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Kabarettisten, die jeden veröffentlichten Satz mit einem Konsumangebot koppeln müssen!
Die sich – wie bei der „Lügenpresse“ vermutet – von Dritten ihre Themen vorgeben lassen (müssen?).
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Wie jeder erbärmliche Klopapierhersteller ständig die Werbe- und Verkaufstrommel rühren!
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Sich auch sprachlich mit den Nazis gleichmachen.
Wenn sich solche Hände im erregten Textilpatting an den eigenen Rock klammern, tun sie schon nichts Übleres …
Und diejenigen, welche die Hände frei haben – etwa für die TV-Fernbedienung -, ritzen die Qualität dieser bedürftig-hilflosen Form von politischem Kabarett in die Quotentafeln.
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