TS109/20: Langenargen: Integrationsbeauftragter droht traumatisierter Mutter mit Wegnahme der Kinder

Ein aktueller und ganz hervorragender Südkurier-Artikel zur Flüchtlingsunterkunft Untere Seestraße in Langenargen zeigt den Idealfall im Lokaljournalismus: Synergie-Effekte der Berichterstattung über einzelne Medienhäuser und Blogs hinweg! Nachstehend zu Be-Senfendes ist leider in dieser Herrlichkeit ein viel zu seltener Einzelfall. Als solcher ist er hinsichtlich der Mitwirkung des Südkuriers der brillanten freien Mitarbeiterin Katy Cuko zu danken!

Die Bloggerin Elke Krieg, die in Langenargen lebt, hatte den Fall einer afghanischen Flüchtlingsfamilie im Juli 2020 aufgegriffen und auf ihrem Blog Agora-La mehrfach über die katastrophale Unterbringung durch die Gemeinde berichtet (hier). SaSe wiederum hatte Kriegs Berichterstattung verlinkt und besenft (hier). Der junge Langenargener Gemeinderat Tizio Pfänder hatte dann in der letzten Gemeinderatssitzung Bürgermeister Achim Krafft unter dem Punkt „Diverses“ offen auf die Missstände, von denen er sich zuvor persönlich überzeugt hatte, angesprochen und die Unterbringung als „menschenunwürdig“ bezeichnet (SchwäZ berichtete, SaSe kuratierte).
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Bild von Markus Winkler auf Pixabay

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Ritterschlag für
Agora-La von der SchwäZ
Auch die Redakteurin Tanja Poimer von der Schwäbischen Zeitung hatte den Vorgang im Rahmen ihrer Gemeinderatsberichterstattung aufgegriffen. Dafür wurde sie von einem anderen Blog in Langenargen aufs übelste und sehr ungerecht attackiert. Offensichtlich verstehen die „Kritiker“ dort nicht, was Gemeinderatsberichterstattung ist und was sie zulässt. Die Kritik an Poimer ist also hier nicht nur ungerechtfertigt. Sie ist auch noch unterirdisch dämlich!

Vielleicht erklärt sich deren Kritik aber auch aus der Tatsache, dass die SchwäZ Elke Kriegs Berichterstattung ausdrücklich und namentlich erwähnt. Es ist schon fast als „Ritterschlag“ der SchwäZ zu bewerten, wenn Poimer in ihrem Artikel auf Kriegs Veröffentlichungen zum Thema verweist:

Elke Krieg berichtet beispielsweise auf ihrem Internet-Blog „Agora-LA“ unter anderem von nur einer Dusche, die in einem der beiden Wohnräume untergebracht sei und viel zu kleinen, überlaufenden Mülltonnen.
Die einzige Toilette entspreche in keiner Weise unseren zivilisatorischen Ansprüchen.
(Schwäbische Zeitung 04.08.2020: „Zoff um Zustand der Notunterkunft – herrschen dort menschenunwürdige Verhältnisse?“)

Damit gibt Poimer dem Leser Gelegenheit, sich noch weiter zu diesem Thema zu informieren und sich auf Kriegs Blog zum Beispiel die Fotos der Unterkunft anzusehen!

Da die zunehmende Anzahl von Internetblogs aber auch immer eine Form der Konkurrenz für die großen Verlage sind und manche dieser Blogs (an welchen ich jetzt wohl denke?) die beiden Regionalzeitungen schonungslos kritisieren, ist diese Erwähnung Kriegs durch Poimer keine Selbstverständlichkeit!
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Foto von nile auf Pixabay

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Katy Cuko krönt das Ganze mit weiterer Hintergrund-Recherche

Und dann kommt die freie Südkurier-Mitarbeiterin Katy Cuko und recherchiert auch noch die ebenso skandalösen Hintergründe zu der „Umsetzung“ der Familie (von der Gemeinde zunächst verwendeter Begriff, der stark an das Umtopfen von Pflanzen erinnert!) durch die Gemeinde Langenargen. Das rundet die publizistische Synergie ab!

Die Familie nämlich war am vorherigen Wohnort in Langenargen ganz offensichtlich massiven rassistischen Übergriffen ausgesetzt. Und das über Jahre hinweg! Und zwar, ohne dass der zuständige Integrationsbeauftragte Mirko Meinel, der Kenntnis von diesem rassistischen Mobbing gehabt haben soll, interveniert hätte.

Der Südkurier-Artikel „Integrationsbeauftragter droht mit Jugendamt, um Flüchtlingsfamilie zum Umzug in Notunterkunft zu drängen“ berichtet erschütternde Details dazu.
[Hinweis : Auch für Leser ohne Südkurier-Online-Abo müsste der Text verfügbar sein, wenn sie die Anzahl „freier“ Artikel eines Monates noch nicht überschritten haben.]

Nachdem die Kinder (!) der Geflüchteten-Familie von den Nachbarn offensichtlich anlasslos so derbe mit Pfefferspray attackiert worden waren, dass ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt die Folge war, habe der Integrationsbeauftrage des Gemeindeverwaltungsverbandes Langenargen, Eriskirch, Kressbronn, Mirko Meinel, sie dazu gedrängt, einem Umzug zuzustimmen. Er habe dies unter Androhung der Einschaltung des Jugendamts getan:

„Er hat uns gesagt, dass er das Jugendamt rufen muss, wenn wir nicht rausgehen, und die nehmen uns dann die Kinder weg“, erzählt Sabi Surkhabi und schließt mit dem Satz „Wir hatten Angst, was sollen wir machen?“
(Südkurier 11.08.2020: „Integrationsbeauftragter droht mit Jugendamt, um Flüchtlingsfamilie zum Umzug in Notunterkunft zu drängen“; Hervorhebg. K. B.)

Die Gemeinde Langenargen hat also die Opfer potentiell rassistischer Übergriffe im vorherigen Mehrfamilienhaus erneut zu Opfern gemacht. Wenn dort eine Kindswohlgefährdung tatsächlich bestanden hätte (Argumentation der Gemeinde), hätten selbstverständlich die Täter dieser offensichtlich seit Jahren andauernden Übergriffe „entfernt“ werden müssen – nicht deren Opfer!
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Beruhigend, dass derzeit noch polizeiliche Ermittlungen zu den Vorgängen laufen, wie der Südkurier ebenfalls berichtet.

Der Südkurier-Artikel informiert dann weiter und wenig überraschend, dass sich Bürgermeister Achim Krafft auch noch hinter seinen Integrationsbeauftragten Mirko Meinel stellt, der hier einer Familie über den Verweis auf das Jugendamt mit Kindesentzug gedroht hatte, um deren Einverständnis zur „Umsetzung“ zu erpressen.

Sorry, aber meiner Meinung nach ist dieser Mann sofort seiner Funktion eines „Integrationsbeauftragten“ zu entkleiden. Wes Geistes Kind Meinel ist, hatte er letztes Jahr schon hier offenbart.

Elke Krieg versichert mir glaubwürdig, es liege ein ärztliches Attest zum aktuellen Gesundheitszustand der ohnehin durch die Flucht schwer traumatisierten Mutter der Familie vor. Das Attest bestätige, dass die arme Frau durch diese Art der brutalen „Umsetzung“ erneut traumatisiert worden sei.

Am 8. November 2020 sind in Langenargen Bürgermeister-Wahlen. Es steht zu hoffen, dass die Bürger dort bis dahin nicht vergessen haben, wie rücksichtslos und brutal Krafft hier im Wiederholungsfall (2016: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg kritisiert Gemeinde Langenargen) mit Geflüchteten verfährt. Überdies erweist sich Krafft als nicht lernfähig und beratungsresistent, wenn er 2020 eine Neuauflage der skandalösen Vorgänge von 2016 zur Aufführung bringt.

Und das übrige Ausfransen dieser Gemeinde nach rechts unter Bürgermeister Achim Krafft sollte an der Wahlurne auch nicht vergessen werden!

Hinweis:
Es mag den einen oder anderen Leser irritieren, dass Krieg und ich von 8 Bewohnern in der Unterkunft schreiben. In dem Südkurier-Artikel ist jedoch von 9 Personen die Schreibe. Die Differenz erklärt sich durch den de facto in Langenargen abwesenden Vater der Familie, der sich noch in der Türkei aufhalte.

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