Ehre, wem Ehre gebührt. Und bundesweite Aufmerksamkeit für eine Gemeinde, deren Führung und Verwaltung so schillernd ist – im Sinne des am Bodenseeufer vor sich hin verwesenden Fisches -, dass mir dafür keine nicht justitiablen Zuschreibungen einfallen.
Die Wochenzeitung KONTEXT berichtet in ihrer heutigen Ausgabe über die nach rechts ausfransenden Sicherheitsdienste in der Bodensee- und Tourismus-Gemeinde Langenargen. Schon allein der anwaltlich bestätigte Plural solcher Dienstleister für eine knapp 8.000 Einwohner zählende Kommune ist rekordverdächtig. Oder nur verdächtig?
Wieso b u n d e s w e i t e Aufmerksamkeit?
Nun ja: KONTEXT ist nicht nur online verfügbar. Die deutsche Wochenzeitung erscheint darüber hinaus in einer Printversion als unabhängige Beilage der Wochenendausgabe der Tageszeitung taz. Die verkaufte Auflage der taz-Printversion am Wochenende liege bei über 60.000 Exemplaren bundesweit (Quelle).
Ach, ist der Rasen schön grün … *
Langenargen: Wo Gemeinderäte für Demokratie öffentlich gerügt werden!
Das ist gut so. Das mit der Verbreitung und der Aufmerksamkeit. Denn Langenargen hat es mehr als verdient, bundesweit bekannt zu werden. Auf meinem Wunschzettel stehen wöchentliche Berichte über Langenargen in bundesweit verfügbaren Medien?
Schau’n wir mal …
Wenn ich allein an die Vorgänge vergangener Woche denke, die zu kommentieren ich bisher arbeitstechnisch noch gar nicht bewältigt habe:
Erst setzen Verwaltung und Bürgermeister Achim Krafft (CDU) ein Thema auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung, das – so legt es die Empörung im Nachgang nahe – dort gar nicht hingehört hätte? Weil es angeblich in die Zuständigkeit der Nachbargemeinde Eriskirch falle.
Dann fügt sich die neue Gemeinderatsfraktion Offene Grüne Liste (OGL) bei der Abstimmung nicht der Weisung des amtierenden Sonnenkönigs Krafft, was die Hofberichterstatterin der SchwäZ, Tanja Poimer, schon nachlesbar erstaunte. Auch Susanne Porstner, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, sprang der OGL bei.
Nach dieser schier als Revolte zu kategorisierenden Eigenmächtigkeit im Langenargener Gemeinderat baden die Eriskircher Ratskollegen ob dieser Kompetenzüberschreitung im Empörungsschaum, den die SchwäZ genüsslich abschöpft: „Eriskircher Gemeinderäte sind sauer auf Kollegen aus Langenargen“.
Und die Krönung: Die stellvertretende SchwäZ-Redaktionsleiterin Tanja Poimer rügt die Räte der Langenargener OGL in einem verfassungsvergessenen Kommentar für ihr demokratisches Votum. Sie kanzelt die „neuen“ Gemeinderäte nachgerade ab, bezichtigt sie wie kleine Kinder der „Unerfahrenheit“ und fabuliert im – möglicherweise durch Flädle oder gar Fritatten induzierten? – Fieberwahn von Grenzen, die überschritten worden seien.
Verdacht: Sind es womöglich die Grenzen, an die sich der Klimawandel auch nicht hält? Der nämlich stand Pate bei dem mutigen Votum der neuen Gemeinderäte in Langenargen.
Eine Tageszeitung im Jahre der Herrin 2019 rügt Gemeinderäte für ein demokratisches Votum, obwohl es – wenn überhaupt – Bürgermeister und Verwaltung waren, die hier einen Fehler gemacht haben. An dem Ich-blamier-mich-so-gut-ich-kann-Kommentar erkennt man auch sehr eindrücklich, was hemmungsloser Pfannekuchen-Konsum anzurichten vermag. Da nützt die ganze Lege-artis- Journalisten-Vita nüchts.
So etwas gibt es am Bodensee!
Sahne-Häubchen gefällig? Kein Problem in den Trio-infernale-Gemeinden Eriskirch, Langenargen, Kressbronn. Der Eriskirchner CDU-Gemeinderat Tobias Plümer schafft es bei seinem Wutanfall im von der SchwäZ zur Verfügung gestellten Empörungsraum, bis in die Zeit vor Napoleon zurückzufallen und das Gebiet der Verfassung dieses Landes bekennend zu verlassen. Derweil Poimer diensteifrig mitschreibt, verweist er auf ein „ungeschriebenes Gesetz“, das in diesen Demokratiehorror-Kommunen gelte.
Die Napoleon zu dankende Kodifizierung des Rechts, ohne die ein Rechtsstaat nicht denkbar ist, scheint grußlos sowohl an Plümer wie Poimer – beide mit „p“ wie „peinlich – vorbeigegangen zu sein?
Uups, der Rasen ist braun.