TS123/20: Bürgermeisterwahlkampf: Podiumsdiskussionen in Kommunen ohne Südkurier

Das skurrile Konzept einer Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl in Salem unter Ägide des gewerblichen Anbieters Südkurier wurde hier schon vorgestellt. Zutritt zu dieser wichtigen Veranstaltung haben nur Südkurier-Abonnenten, die vorher ausgelost werden. Noch dazu findet die Veranstaltung im Neuen Rathaus statt. Dort ist Amtsinhaber und Mitbewerber Bürgermeister Manfred Härle (CDU) Hausherr. Das geplante Event ist insgesamt eine unfaire Konstellation mit Zumutungscharakter für die anderen beiden Bewerber.

Einzelne derer (Kriegen Sie das gerechnet? *lol*) kündigten semioffiziell an, sich der Veranstaltung zu verweigern. Offizielles und Zitierbares dazu ist bis dato aber nicht zu finden. Man weiß ja auch wieder nicht, wie der kumpelhafte Bürgermeistermacher sich dazu verhält …

Ausgesuchte lokalpolitische Honoratioren, denen die Südkurier-Redakteure eine persönliche Einladung zukommen ließen, lehnten dankend und mit argumentierten Fragezeichen zur „Unabhängigkeit“ der verantwortlichen Journalisten ab.

Doch all die Empörung, Ablehnung und Unruhe in Salem zu dieser Veranstaltungskonstellation jucken die stolze Eiche (noch) amtierender Machtinhaber und ihre Schreiberlinge nicht.  Diesem Südkurier-Artikel ist zu entnehmen: Es bleibt dabei. Die Veranstaltung am 22. September 2020, 19.00 Uhr, soll dann per Livestream auf https://www.suedkurier.de/ übertragen werden (Achtung: falsche URL im Artikel!).
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So macht man es in Halle / NRW
Deshalb der kurze Blick in eine Kommune, in der es solche demokratischen Zumutungen nicht gibt. Eine Podiumsdiskussion mit den Kandidaten aber sehr wohl. Die nordrhein-westfälische Kleinstadt Halle (knapp 22.000 Einwohner) – dort sind am kommenden Wochenende Kommunalwahlen  inklusive Bürgermeisterwahl – hat das so gelöst: Auf Initiative der Bürger für Halle, einer Arbeitsgemeinschaft der Bürgerinitiativen in Halle, fand eine Podiumsdiskussion an neutralem Ort statt. Also nicht in einem wie auch immer schmeißteuren neuen Rathaus, zu deren explodierenden Kosten der Bürgermeister in Corona-Zeiten eine milllionenschwere Eilentscheidung am Gemeinderat vorbeiwinkt, wozu es hinterher eine Bravo-Pressemitteilung der CDU gibt, deren Metadaten Herkunftshinweise geben, welche die Verantwortlichen später … Aber wir verplaudern uns!

Geladen zu der Veranstaltung hatte die Volkshochschule Ravensberg.  Merke auf: Im Einladungstext der Stadt dagegen kommen die Bürger für Halle schon gar nicht mehr vor.

Die Nachtigall wieder …

Moderiert wurde das Happening von der freien Journalistin Christiane Gerner. Die Veranstaltung wurde live ins Internet übertragen und ist auch nachträglich für jeden Interessierten in diesem Video zu sehen, das sich leider nicht einbinden lässt – hier aber auf YouTube direkt angeschaut werden kann.
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Leider, so beklagt der Sprecher der Bürgerinitiative Alleestraße, den namentlich zu nennen mir verboten wurde (hö???), wurden bei dieser Veranstaltung die von Bürger für Halle entwickelten „Wahlprüfsteine“ nicht behandelt. Das „leider“ scheint berechtigt, vergleich man die Thementiefe der Wahlprüfsteine mit der Seichtigkeit der in der Veranstaltung gestellten Fragen.

Diese Harmlosigkeit der Veranstaltung bzw. der den Kandidaten gestellten Fragen eröffnet der Moderatorin aber immerhin Berufsperspektiven, sollte sie je eine Wohnsitzverlagerung in Richtung Bodensee in Erwägung ziehen. Journalist*innen, die den Bürgermeister-Kandidat*innen nur harm- und arglose Fragen stellen,  sind bei den beiden regionalen Tageszeitungen hier gern gesehen!

Warum binde ich das Video ein? Eigentlich ist das der verschämte SaSe-Service für den Südkurier-Redakteur Stefan Hilser, wenn er noch nach Kandidatenfragen sucht, die nicht wehtun, die keins der aktuell wirklich wichtigen Themen berühren (Klimawandel, Corona, Soziales etc.)  und die dem Wähler an der Urne so derart keine Hilfe sind, dass der sich dann an das Alte und Bekannte hält.
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„Bürger für Halle“ – Modell mit Vorbildcharakter
Halle in NRW ist nicht Salem. Grundsätzlich jedoch scheint mir dieses Konstrukt der Bürger für Halle nachgerade ein Musterbeispiel dafür, wie auch in den SaSe-Berichtsgemeinden mehr Bürgerbeteiligung, mehr Transparenz und mehr Demokratie herstellbar wäre.

Wenn ich mich nicht täusche, ist derzeit in Ochsenhausen etwas in dieser Richtung im Gange? Dort allerdings wird man schwer aufpassen müssen, dass nicht wieder Personen die Macht an sich reißen, die politisch gebunden und damit vorbelastet sind.

Das Besondere an Bürger für Halle: Es ist eben keine parteipolitische Gruppierung. Durch den Charakter einer nicht themenfixierten Bürgerinitiative mit dem einzig formulierten Ziel, mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen, verschafft sich diese Gruppe Gehör, Aufmerksamkeit und Gewicht.

Auch mein hoch geschätzter (das ist jetzt echt mal satirefrei!) Gesprächspartner Thomas Dreier von dem phantastischen Blog Buergeranregung.de bestätigt mir, dass Bürger für Halle wie auch die in diesem Bündnis langjährig erfolgreiche Bürgerinitiative Alleestraße inzwischen eigeninitiativ von den Kommunalpolitikern aufgesucht und angehört werden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Podiumsdiskussion mit den Bürgermeister-Kandidaten nicht so verlaufen ist, wie deren Initiatoren es geplant hatten. So leistet sie einen Beitrag zur Lernkurve …

Mein etwas schwieriger Gesprächspartner (ich glaub, der war früher Lehrer?) aus dem weiteren Kontext von Bürger für Halle meint übrigens, dass eine Wahlkampf-Veranstaltung in der Konzeption der Salemer Südkurier-Podiumsdiskussion im Rathaus nach dem Landeswahlrecht in NRW gar nicht erlaubt wäre. Ich habe das auf die Schnelle so nicht verifizieren können.

Allerdings klappte es allen meinen Haller Gesprächspartnern die Fußnägel hoch, als ich ihnen von der geplanten Südkurier-Veranstaltung in Salem berichtete. Irgendwie tröstet (mich) das!
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Bild von Klaus Hausmann auf Pixabay

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