TS176/20: Das hatte die Gesundheitscoachin der Gemeinde Öpfingen gar nicht gesagt? Gericht untersagt Bauplatzvergabe!

Als wäre die erste globale Corona-Weihnacht nicht schon bitter genug, zentriert das Verwaltungsgericht Sigmaringen (nachstehend abgekürzt mit „VG Sig“) den über hundert Bauplatzbewerbern in der Gemeinde Öpfingen (Alb-Donau-Kreis) nun ein besonders sperriges und weit bis mindestens (wenn nicht …) in das Jahr 2021 hineinreichendes Geschenk unter den Weihnachtsbaum: Dem Antrag auf einstweilige Anordnung eines nicht zum Zuge gekommenen Bewerbers für einen der 24 Plätze im Baugebiet Halde hat das VG Sig nun stattgegeben: Das Gericht untersagt der Gemeinde Öpfingen, die Bauplätze zu vergeben.

SaSe hatte über diesen Nachfolgefall zur berühmten Causa Ummendorf schon hier und hier berichtet.

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Rechtssicherheit und
Baupilot GmbH: no risk, no fun?
Eine der ersten Lehren aus der Öpfinger Neuauflage von Gerichtsverfahren rund um die kommunale Bauplatzvergabe könnte auch die Frage sein, wie intelligent eine Kommune ist, die sich von einer sogenannten Gesundheitscoachin unter anderem zu Fragen der Rechtssicherheit bei einer so komplexen Aufgabe wie Bauplatzvergabe beraten lässt (hier).
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Die Gemeinde Öpfingen hatte sich zu den hochheiklen Fragen der kommunalen Bauplatzvergabe von einer Gesundheitscoachin beraten lassen, die ihr von der Firma Baupilot GmbH als sogenannte Expertin geschickt worden war. Jetzt hat die Kommune den Salat: Ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen verbietet ihr die Bauplatzvergabe und bringt alles im Baugebiet Halde zum Stillstand. Davon betroffen sind vor allem auch über hundert andere Bauplatzbewerber für die insgesamt 24 Bauplätze.
Bearbeiteter (rote Rahmungen) Screenshot der Internetpräsenz der Gesundheitscoachin Martina Maigler. (Die Webseite wurde erst nach dem SaSe-Artikel TS79/20 stillgelegt.)

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Es spricht Bände über die Seriosität der auch in Öpfingen mitmischenden Firma Baupilot GmbH, dass sie solcherart „qualifizierte“ Mitarbeiter auf arglose Gemeinderäte loslässt. Aber zum Thema Seriosität dieses Unternehmens gab es ja schon verschiedentlich „Zweifel“ (hier).

Und die SchwäZ berichtet fröhlich über die angebliche und von Baupilot entsandte „Expertin“, ohne zwei Minuten für die Internet-Recherche zu investieren, um herauszukriegen, um wen es sich bei dieser Martina Maigler eigentlich handelt. Sonst wäre die SchwäZ ja hier gelandet. (Die Seite wurde inzwischen wohl stillgelegt. Hö hö hö!)
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SchwäZ: Die Zeitung, welche die falschen Fragen stellt!
Aber SchwäZ-Redakteur Reiner Schick ist in seinen Vorurteilen zu diesem Thema, zu dem er sich offensichtlich nicht kundig macht, unerschütterlich. Das verrät auch sein Bericht im November 2020 zum Antrag auf einstweilige Anordnung beim VG Sig in der Causa Öpfingen. Dort stellt er in seiner Überschrift doch tatsächlich die völlige Banane-Frage: „Waren die Kriterien ungerecht?“ (hier).

Meine Güte! Darf es wahr sein? Die Frage ist nicht, ob die Kriterien gerecht sind; die Frage ist, ob die Kriterien und das ganze Baupilot-Verfahren RECHTSKONFORM sind. Und genau daran bestehen meiner (und nicht nur meiner) bescheidenen und juristischen Laien-Einschätzung nach erhebliche Zweifel.  Aber hallo!
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Solche Gerätschaften wird man im Baugebiet Halde in Öpfingen (Alb-Donau-Kreis) nun lange Zeit nicht sehen! In Ummendorf zog sich das Gerichtsverfahren knapp 1,5 Jahre hin!
Bild von Peter Dargatz auf Pixabay

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Was wir bisher zum Aktenzeichen 7 K 3840/20 wissen
Es ist natürlich auch kein Wunder, dass zu diesem gravierenden Beschluss des VG Sigs in der SchwäZ Ehingen bis dato nichts zu lesen ist [Stand: 24.12.2020]. Dazu müsste sich Redakteur Schick ja schon ein bisschen hinter die Recherche klemmen. Und das will oder kann er nicht, wie wir ja schon gelernt haben.

Überdies sind es natürlich maximal schlechte Nachrichten für die über hundert Bauplatzbewerber in Öpfingen – so kurz vor Weihnachten und insgesamt.

Zum Glück gibt’s SaSe: Und ich kann den Betroffenen immerhin die zum Aktenzeichen 7 K 3840/20  gehörige Mitteilung der Pressestelle des VG Sig zitieren:

Die als Beschluss ergangene Entscheidung lautet:
„Der Antragsgegnerin [i. e. der Gemeinde Öpfingen – Anmerkg. K. B.] wird es im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Bauplätze für das Baugebiet >Halde< zu vergeben und notarielle Kaufverträge abzuschließen, soweit dies auf einer Anwendung der „Bauplatzvergaberichtlinie der Gemeinde Öpfingen für das Baugebiet Halde“ in der Fassung vom 01.07.2020 beruht.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.“

Dies bedeutet, dass die Gemeinde Öpfingen die Bauplätze an die Beigeladenen (= Bewerber um ein Baugrundstück) nicht vergeben darf. Ein Hauptsacheklageverfahren ist derzeit nicht anhängig.
Der vollständige Beschluss (also die inhaltliche Begründung) liegt noch nicht vor, ist aber in den ersten Januarwochen zu erwarten […].
Die (unterliegenden) Beteiligten haben dann nach Zustellung des vollständigen Beschlusses die Möglichkeit, binnen zwei Wochen Beschwerde einzulegen, über die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zu entscheiden hätte.
(Presseinformation Verwaltungsgericht Sigmaringen Pressestelle zum Antrag auf einstweilige Anordnung Az.: 7 K 3840720  am 23.12.2020 an diese Redaktion; Hervorhebg. K. B.

Sowohl der Verfügungskläger wie die Gemeinde Öpfingen und die über hundert Bauplatzbewerber müssen sich also für den Moment noch gedulden, bis die inhaltliche Begründung zu dem Beschluss vorliegt. Erst danach auch ergibt eine Presseanfrage an die Gemeinde Öpfingen Sinn. Es wäre dann zu erkunden, welche weiteren Schritte sie – begleitet ausgerechnet vom Baupilot-Anwalt Ivo Gönner! – zu unternehmen gedenkt.
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Das Mandanten-Akquise-Modell der Gönner-Kanzlei
By the way: Das Mandanten-Akquise-Modell der Gönner-Anwaltskanzlei Derra, Meyer und Partner, welche die Gemeinde Öpfingen in dem nun anstehenden Rechtsstreit vertritt, verdient unbedingte Bewunderung. Erst dübelt man den Kommunen eine Bauplatzvergabe-Praxis auf, von der man spätestens seit dem Ummendorf-Urteil ziemlich sicher weiß oder wissen könnte, dass sie eben nicht rechtssicher ist. Und dann vertritt dieselbe Kanzlei eben jene Baupilot-Kunde-Kommune auch noch im dazugehörigen Gerichtsverfahren. Süßer die Kassen nie klingeln – und es ist bei beiden Absahntouren immer das Geld des Steuerzahlers, das in die Taschen von Baupilot und Gönner fließt! Angesichts der geschätzt (über?) hundert Kommunen (im Februar 2020 hatte ich mal 78 gezählt), überwiegend in Baden-Württemberg, die „Kunden“ von Baupilot sind, dürfte das auf Jahre hinaus eine verlässliche Einnahmequelle bieten?

Übrigens fällt auf: Es sind überwiegend sehr kleine Gemeinden, die sich auf dieses brandgefährliche Spiel einlassen. Meine Vermutung: In der Verwaltung größerer Kommunen sitzt zu viel Brain. Die lassen sich nicht so leicht die Story vom verkappten Einheimischen-Modell-Gaul erzählen?

Fakt ist: Die Bauplätze im Öpfinger Baugebiet Halde dürfen nicht vergeben, notarielle Kaufverträge nicht geschlossen werden. Stillstand. Und die Kosten für den ganzen Murks werden wieder einmal korrekt sozialisiert. Danke, Baupilot – ein Unternehmen, das unbedingte System-Treue in Baden-Württemberg garantiert! Und mit seinen Netzwerken auch bei den Hochschulen des Landes hochwillkommen ist. Dort wird in den dazugehörigen Pressemitteilungen dann aber ganz unwissenschaftlich verschwiegen, dass Baupilot-Geschäftsführer Stephan Mantz zweigleisig unterwegs ist …
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Beschäftigung für SchwäZ-Redakteur Reiner Schick?
Aber wie beschäftigten wir die Blitzbirne Schick bis zum möglichen Hauptsacheverfahren in der Causa Öpfingen? Mein Vorschlag: Machen Sie es doch wie Ihr Kollege Markus Dreher der SchwäZ-Redaktion Biberach. Der hatte in der Causa Ummendorf im Januar 2019 alle betroffenen Bauplatz-Bewerber (minus Verfügungskläger) buchstäblich mit Kind und Kegel im stillgelegten Baugebiet zusammengetrieben (hier). Was das eindrucksstarke Foto der Kollateral-Geschädigten nicht hergab, das leistete dann sein Text. Darin wurden die vom Vorgänger-Beschluss des VG Sigs betroffenen Familien, die jetzt genau wie jene in Öpfingen nicht bauen konnten, zu armen, armen Opfern und der nicht genannte Verfügungskläger in Ummendorf zu Lord Voldemort stilisiert. Dreher hatte damit ganze Arbeit geleistet – die Kläger-Familie war mitsamt ihren Kindern einem jahrelangen und teilweise krümelgrellen Mobbing ausgesetzt.

An diesen katastrophalen psychosozialen Folgen für die Klägerfamilie, Herr Schick, werden Sie sich schon messen lassen müssen? Kriegen Sie das für Öpfingen hin?

Aber die Konsequenzen für die nicht klagenden Bauplatz-Bewerber sind tatsächlich maximal bitter: Bestellten Handwerkern muss abgesagt, Mietverträge müssen unter Umständen verlängert werden, der Baubeginn kann sich um Monate bis Jahre verzögern, vom Hinterherwinken zum möglicherweise entgehenden Baukindergeld ganz zu schweigen. Bis die Ummendorf-Chose komplett durch war, vergingen (nach meiner Zeitrechnung) fast eineinhalb Jahre.

Im Ummendorf-Urteil allerdings hat das Gericht ausdrücklich eine Staatshaftung festgeschrieben. Wir drücken den in Öpfingen gelackmeierten Bauplatzbewerbern fest die Daumen, dass sich solche Chancen in ihrem Fall auch ergeben! Und sie dann bitte auch von diesen Gebrauch machen. Sonst hört der Irrsinn ja nie auf!

Im ganzen SchwäZ-Artikel Ummendorf im Januar 2019 allerdings von der Wahrheit kein Wort. Die stand dann erst in der Urteilsbegründung, nachdem im Hauptsacheverfahren das Urteil gefällt worden war: Die Gemeinde Ummendorf hatte gleich in vierfacher Hinsicht gegen geltendes Recht verstoßen. Aber keine Sorge: Für Gemeinde und Bürgermeister haben solche Rechtsverstöße keinerlei Konsequenzen (hier).

Außerdem: Es möge sich bitte eine Kommune nicht über ein Gerichtsverfahren beklagen, die sich zu der oberheiklen Frage der Rechtssicherheit bei der kommunalen Bauplatzvergabe von einer „Gesundheitscoachin“ beraten lässt – oder die sich überhaupt auf so einen anrüchigen Laden wie die Firma Baupilot einlässt! Wo ein Akteur wie Stephan Mantz gleichzeitig hauptamtlicher Bürgermeister in Wain UND Geschäftsführer der Vermittlungsplattform  ist …! Da gibt es dann am langen und bitteren und vor allem (für den Steuerzahler) teuren Ende nichts mehr zum Wundern.
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Sieht harmlos aus. Das täuscht. Es ist der Wainer Bürgermeister und einer der beiden Baupilot-Geschäftsführer Stephan Mantz. Und ich versichere Ihnen: Den anderen GF wollen Sie gar nicht erst kennenlernen
Foto: Jens Volle / KONTEXT

 

Ein winterfestes Vögelein singt mir von … Hochdorf?
Um insbesondere meinen wachsenden Leserkreis zum Thema Bauplatzvergabe bei der Stange zu halten, gackere ich hier schon mal ein bisschen rum, auch wenn das Ei noch nicht gelegt ist. Das nächste Verwaltungsgerichtsverfahren rund um die kommunale Bauplatzvergabe im besonderen Kontext der von mir so sehr geschätzten Firma Baupilot GmbH, die nach wie vor steif und fest von Rechtssicherheit ihres Vergabe-Verfahrens parliert,  könnte vielleicht demnächst vor dem VG Stuttgart anhängig sein?
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Bearbeiteter (rote Rahmungen) Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot am 24.12.2020 der Webseite Baupilot GmbH, die den Kommunen nach wie vor und trotz des Urteils zu Ummendorf und weiterer Erfahrungen Rechtssicherheit bei ihrem speziellen Vergabeverfahren verspricht. Mit von der Partie ist dort insbesondere der Ulmer Oberbürgermeister a. D. und Rechtsanwalt Ivo Gönner. Ein großer Name – der nicht hält, was er verspricht. (Das Porträt Gönners wurde zum Schutz seiner Rechte am eigenen Bild unkenntlich gemacht.)

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Es geht eventuell um diese Bauplätze der Gemeinde Hochdorf (bei Plochingen im Landkreis Esslingen).

Wie bitte? Ja, natürlich. Ich bleibe am Ball. Eine muss es ja tun …

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