TS163/20: Bauplatzvergabe Öpfingen: Endlich klagt mal wieder ein Bewerber!

[Aktualisierung vom 22.11.2020 betr. Kriterien; in der Erstversion zu wenig differenziert]

Frohe Botschaft in schlechten Zeiten: In der Gemeinde Öpfingen, Alb-Donau-Kreis, wehrt sich jetzt endlich wieder einmal ein Bauplatzbewerber gegen das offensichtliche Unrecht bei der kommunalen Bauplatzvergabe. Der letzte spektakuläre Fall dazu war die Causa Ummendorf; das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (VG Sig) fiel entsprechend und zugunsten des Klägers aus.

Dass die Bauplatzvergabe viel zu vieler Kommunen – und übrigens fast immer im Zusammenwirken mit dem Gschmäckle-Unternehmen Baupilot GmbH – mutmaßlich rechtswidrig ist, hatte SaSe erst jüngst wieder hier thematisiert.

Dieser Verdacht stützt sich auch auf die Pressemitteilung der Anwaltskanzlei Hindennach, Leuze & Partner, die „weiterhin gemeindliche Bauplatzvergabe entgegen gerichtlicher Auffassung“ vermutet. Anwalt Oliver Leuze war auch der Rechtsbeistand des Klägers in der Causa Ummendorf.

Inzwischen wurde auch die Europäische Kommission von der mutmaßlich weiterhin rechtswidrigen Vergabepraxis besonders (vermutlich aber nicht nur) in Baden-Württemberg verständigt. Feedback von dort bisher: Danke für den Hinweis. Man werde das prüfen.

Die nächste Klage, der nächste Antrag auf einstweilige Verfügung im Kontext von Bauplatzvergabe in all den Fällen, wo definierte Kriterien und damit dann wieder die Firma Baupilot zum Einsatz kommen, konnte man also in Ruhe abwarten. Jetzt ist sie da!

Die Schwäbische Zeitung berichtet aus dem Alb-Donau-Kreis: „Mitbewerber stoppt vorerst Vergabe von 24 Bauplätzen: Waren die Kriterien ungerecht?“.

Aua, aua, aua. Da ist schon die Frage vom SchwäZ-Redakteur Reiner Schick falsch. Der entscheidende Punkt nämlich ist der, ob überhaupt irgendwelche nicht sozialen Kriterien (z. B. mit Ortsbezug – wie gerecht auch immer) zum Einsatz kommen DÜRFEN. Das ist gemäß oben verlinkter Rechtsauffassung in Rückgriff auf das Ummendorf-Urteil NUR dann der Fall, wenn es sich um subventionierte Bauplätze handelt.

Abgesehen davon ist auch die Frage nach „gerecht“ versus „ungerecht“ völlig daneben. Vielmehr geht es in diesem Kontext um die Frage danach, ob Kriterien und Anwendung geltendem Recht entsprechen.

Dem SchwäZ-Artikel ist zu diesem wichtigen Merkmal der Angelegenheit überhaupt kein Hinweis zu entnehmen. Erst nach telefonischer Rücksprache mit dem Autor des Beitrags, der von der Relevanz dieses Kriteriums ganz offensichtlich gar keine Ahnung hat, war zu erfahren, es soll sich bei dem infrage stehenden Baugebiet in Öpfingen nicht um subventioniertes Bauland handeln.

Darauf einen Hopfensteiner! Ob und was der Öpfinger Bürgermeister Andreas Braun dazu weiß, habe ich nicht recherchiert. SaSe-Leser wissen, warum (nicht) …

Auf jeden Fall hat der abgewiesene Bauplatzbewerber in Öpfingen beim VG Sig einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Wir notieren uns schon einmal das Aktenzeichen: 7 K 3840/20. Schön, da lerne ich neue Richter kennen. Für Öpfingen zuständig ist jetzt die 7. Kammer. Die Ummendorf-Entscheidung des VG Sig wurde von der 3. Kammer gefällt.

Sobald die Sigmaringer Richter in der Causa Öpfingen eine Entscheidung treffen, wird SaSe seine Leser informieren.
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Systematisch und gezielt verbreitete Unkenntnis zur Rechtslage
Und man kann nur hoffen, dass der berichtete Frust der in die lange Warteschleife geklagten übrigen Bauplatzbewerber irgendwann einmal dazu führt, dass sich alle zur Materie kundig machen und vielleicht irgendwann dahinterkommen, dass die mutmaßlich rechtswidrige kommunale Bauplatzvergabe bei nicht subventionierten Flächen vor allem das Geschäftsmodell der Firma Baupilot ist. Die kommt – für entsprechendes Geld – nämlich nur dann oder überwiegend dann zum Einsatz, wenn nach Kriterien vergeben wird, die sich mehr oder weniger verdeckt um den Einheimischen-Bonus drehen.

Der Frust in Öpfingen nach der dazugehörigen Gemeinderatssitzung mit Bekanntgabe des Stopps im Verfahren gestaltet sich dann so:

Noch lange nach dem Ende des öffentlichen Teils der Sitzung stand etwa ein Dutzend der Besucher draußen vor der Öpfinger Mehrzweckhalle. Darunter vermutlich auch Bauplatzbewerber, die ein alles andere als schönes vorweihnachtliches Geschenk bekommen hatten. Wohl nichts wird aus dem Traum vom baldigen Baubeginn fürs Eigenheim am Heimatort.
(Schwäbische Zeitung 19.11.2020: „Mitbewerber stoppt vorerst Vergabe von 24 Bauplätzen: Waren die Kriterien ungerecht?“; Hervorhebg. K. B.)

Aber etwas haben die jetzt Verantwortlichen und ihre Rechtsbeistände aus dem Fall Ummendorf dann doch gelernt: keine Fakten im laufenden Verfahren zu schaffen! Das wird auch besser sein. Im Fall Ummendorf hatte Bürgermeister Klaus B. Reichert entgegen mehrfacher gerichtlicher Anordnung notarielle Kaufverträge abgeschlossen. Bürgermeister dürfen sich selbstverständlich ungestraft über gerichtliche Anordnungen hinwegsetzen. Es  hat keine Konsequenzen für sie (hier).

Pech allerding für die übrigen Bauplatzbewerber in Öpfingen, die jetzt weiß Gott/Göttin/Allah wie lange mit ihren Kaufverträgen und dem Baubeginn warten müssen. Ansprechpartner für deren Kummer ist zuvorderst die Gemeinde Öpfingen, Ivo  Gönner und die Firma Baupilot GmbH. Mindestens die zwei Letztgenannten wissen genau, was los ist: niente Rechtssicherheit!
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Symbolfoto zu kommunaler Bauplatzvergabe: Da schütteln sich gar viele Hände: die Kommunen, der GTBW, die Firma Baupilot GmbH mit Ivo Gönner und und und und. Bei jedem Händeschütteln gehen Steuergelder über die Wupper! Wäre aber alles gar nicht nötig und ist meines Erachtens nur ein verdammt einträgliches Geschäftsmodell. Foto: Jorma Bork / pixelio.de

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Ivo Gönner hängt sich ziemlich weit aus dem Fenster
Unser alter Spezl Ivo Gönner, Rechtsanwalt, Ulmer Ex-OB und anwaltliches Feigenblatt der Baupilot GmbH, hängt sich in der SchwäZ auch wieder ziemlich weit aus dem Fenster. Das ist für ihn schon deshalb kaum ein Risiko, weil der Verfasser des Artikels von der Sache wenig bis gar keine Ahnung zu haben scheint.

Der Mitbewerber, der den Gang vors Gericht gewählt hat, bemängelt die angeblich fehlende Transparenz des Vergabeverfahrens, außerdem sieht er sich durch aus seiner Sicht ungerechte oder fehlende Kriterien benachteiligt. Das erklärte der Ulmer Rechtsanwalt und Ex-OB Ivo Gönner, dessen Kanzlei das Punktesystem für die Online-Plattform Baupilot ausgearbeitet und als „rechtssicher“ eingestuft hatte. Nicht nur Öpfingen, auch Oberdischingen und zahlreiche andere Gemeinden in der Region setzen auf diesen Weg der Bauplatzvergabe.
(ibid.; Hervorhebg. K. B.)

Natürlich weiß (bzw. müsste wissen) der Jurist Gönner, dass es derzeit in der Bundesrepublik Deutschland und der EU überhaupt noch gar keine rechtssicheren Kriterien für die Kommunen gibt. Dazu fehlen die entsprechenden verbindlichen Vorgaben, vor allem aber die entsprechenden Gerichtsurteile. Das Urteil des VG Sig in der Causa Ummendorf (hier) war meines Wissens das erste bundesweit zu dieser Frage. Und die wenigen inhaltlichen Hinweise, welche die dritte Kammer dort gegeben hat, widersprechen Gönners ziemlich frecher Behauptung eklatant.

Und der Hinweis, dass alle möglichen anderen Gemeinden ihre Bauplätze mutmaßlich auch rechtswidrig vergeben (wenn nach Kriterien und mit Baupilot), war noch nie ein Argument, Herr Schick!

Pikant die Tatsache, dass nun ausgerechnet Gönners Kanzlei die Gemeinde Öpfingen im Verfahren vertritt, wie der Nichtdurchblicker Schick uns schreibt. Gruezi, Herr Gönner, im Hauptsacheverfahren könnten wir uns dann endlich einmal persönlich begegnen … Gleich meine Bitte: Zwinkern Sie mir ja nicht zu, wie Reichert es bei der Hauptverhandlung in Sigmaringen respektloserweise tun zu müssen meinte. Dieses Mal habe ich meine Kamera parat!

Und auch die Tatsache, dass der Gemeindetag Baden-Württemberg (GTBW), ein hundsbanaler und von jeder Kontrolle freigestellter eingetragener Verein, meint, selber solche Kriterien ausknobeln zu können, die dann von dem mit dem GTBW kooperierenden Unternehmen Baupilot in klingende Münze verwandelt werden, hat wenig bis gar nichts mit „Rechtssicherheit“ zu tun – iuscomm (eine mit dem GTBW kooperierende Anwaltssozietät) hin, Vetterleswirtschaft her. Der GTBW hatte sich schon in seiner rechtlichen Einschätzung im Fall Ummendorf und dem Klageteil zur Befangenheit eines Ummendorfer Gemeinderats nachweislich „getäuscht“.
(Natürlich „täuschen“ die sich meiner Meinung nach nicht bzw. hat das mit Täuschung nichts zu tun. Der GTBW & Co. wissen ganz genau, was Sache ist! Aber das Geschäft mit der künstlich verkomplizierten Bauplatzvergabe läuft doch prima und ist sehr einträglich!)
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Kenn‘ Se nich? Sollten Sie aber, zumindest wenn Sie irgendwas mit der Firma Baupilot GmbH zu tun haben. Das nämlich ist Stephan Mantz, nicht nur der hauptamtliche Bürgermeister der Gemeinde Wain (Landkreis Biberach), sondern gleichzeitig auch noch Geschäftsführer der Firma Baupilot GmbH.  Und die Geschäfte mit seinen Amtkollegen laufen prima, was man so von hier aus sehen kann …
Foto: Jens Volle / KONTEXT

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Wermutstropfen in der Causa Öpfingen
Leider sind die sozialen Eckdaten im Öpfinger Fall nicht so ganz das, was bei der Bauplatzvergabe für mehr Gerechtigkeit sorgen soll. Dazu habe ich bisher aber nur ungesicherte Informationen und möchte deshalb im Moment nicht weiter ausführen.
Gack, gack, gack, null Ei.

Abgesehen von diesem Wermutstropfen sind der andere Experte und ich (*lol) uns einig, dass jedes weitere Gerichtsurteil, egal unter welchen Voraussetzungen, für mehr Gerechtigkeit bei der kommunalen Bauplatzvergabe sorgen wird. Denn mit jedem Urteil nähern wir uns dem, was Verkünder Gönner schon für sich erobert zu haben behauptet: (etwas mehr) Rechtssicherheit und vor allem Gerechtigkeit bei der kommunalen Bauplatzvergabe und das so wichtige Ende der ewigen und grundgesetzwidrigen Bevorzugung von Einheimischen.

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