TS65/20: Mantz‘ Hexenjäger-Wain: Offene Briefe – so hilfreich wie ein offenes Bein

Die Situation in der Gemeinde Wain (Landkreis Biberach) macht mir nach der schaurigen Eskalation in der Mainacht (hier) zunehmend ernste Sorgen. Weil: Es ist überhaupt keine Lösung in Sicht. Im Gegenteil. Jetzt geschieht das, was in jeder Kommune stets höchstes Alarmzeichen ist und schon in Spaichingen zu Zeiten des Unruhe-Bürgermeisters Hans Georg Schuhmacher die ausweglose Eskalation indizierte: offene Briefe einschlägiger Honoratioren und Funktionsträger, die gar nicht offen sind. Bedeutet: Nur ein ausgewählter Personenkreis erfährt überhaupt davon. Kein Zugang zu diesen gelogen „offenen“ Briefen in Zeiten von Internet.

In Wain gäbe es ganz aktuell zwei offene Briefe, wie die SchwäZ berichtet. Aber natürlich: Beide sind für die Öffentlichkeit jenseits von Wain nicht verfügbar. Schlimmer noch: Offensichtlich sind es de facto sogar drei!

Der eine stamme von Frieder Wegmann. Der ist zwar Mitglied des Kirchengemeinderats, betont aber gegenüber der SchwäZ, er habe den „offenen“ (geschlossenen) Brief als Privatperson geschrieben. Damit fängt der sicherlich gutgemeinte Dummfug aber erst an. *

Weg(e)männer ohne Streckenkenntnis
Und er setzt sich nahtlos fort mit der von der Zeitung kolportierten Behauptung des Frieden-Navigators, es gehe ihm nicht um Politik. Möglicherweise geht es ihm um Satire? Denn in einer hochpolitischen Situation einen pseudo-offenen Brief mit einem fragwürdigen Appell an die Beteiligten – Gemeinderäte und Bürgermeister – zu schreiben und gleichzeitig zu behaupten, es ginge (ihm) nicht um Politik, ist kabarettfähig.

Wegmann hatte sich mit diesem Papier gewordenen Widerspruch auch an Bürgermeister Stephan Mantz gewandt. Die skurrile Bitte des Kirchenmanns in persönlicher Mission: Mantz möge dieses Schreiben einer Privatperson bitte im Amtsblatt veröffentlichen. Hallo?

A – m – t – s – b –  l – a – t – t? Was sagt uns dieser Begriff? Vielleicht sollte Wegmann mal die Maus fragen?

Mantz zeigt ebenso überraschender- wie erfreulicherweise auf einmal Regelkonformität. Solche hätte man sich für die Gemeinderatssitzung am 12. März 2020 gewünscht, wo dieser Bürgermeister mutmaßlich rechtswidrig exzessive Meinungsäußerungen via Plakate und Buhrufe aus dem Publikum heraus gegen die gejagten Wainer Gemeinderätinnen zugelassen haben soll, wenn die Zeitungsberichterstattung dazu stimmt.

Nebenbei: Das dort abgedruckte Foto beweist auch das hohe Verantwortungsbewusstsein von Mantz für seine Bürger und seine aufrechte Sorge um deren Gesundheit. Zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Welt schon von Corona und den Infektionsgefahren wusste, veranstaltete er diese Gemeinderatssitzung ohne jede Abstandsregeln. Es kam, was kommen musste: Alle Teilnehmer mussten anschließend in Quarantäne (Quelle)! Dem Hörensagen nach sollen Einzelne und für diese Gesundheitsgefährdung primär Verantwortliche dann auch noch gegen die Quarantäne-Auflagen verstoßen haben.

Zurück zu Frieders Friedensappell: Schon gegenüber der Tageszeitung hatte Mantz auf eine rechtliche Prüfung des Friede-Freude-Eierkuchen-Verwesers verwiesen. Der zweite SchwäZ-Artikel zur Flut unbekannter offener Briefe in Wain informiert den Leser dann über das vorausschaubare Ergebnis: Das gehe (natürlich) nicht! Betonung liegt auf „natürlich“ – siehe Begriff „Amtsblatt“.

Immerhin sollen alle Wainer Bürger diesen „offenen“ Brief Wegmanns als Wurfsendung zusammen mit dem Amtsblatt im Briefkasten erhalten. Auch sei das Schreiben digital verbreitet worden. Wovon nur leider Google so gar nichts weiß. Außenstehende erfahren dessen Inhalte nicht. Wäre es der SchwäZ an der Information ihrer Leser gelegen, hätte sie – das Einverständnis des Kirchenmannes vorausgesetzt – den Brief natürlich (zumindest in der Online-Ausgabe) veröffentlichen können.  Fahrradkette.

Kommt erschwerend und den offenen Brief weiterhin unter Verschluss haltend hinzu: Frieder Wegmann spricht nicht mit Nicht-SchwäZ-Journalist*innen. Meine dringende Rückrufbitte blieb unbeantwortet. Passt gut zu den verweigerten Presseauskünften in der Causa Baupilot von Bürgermeister Stephan Mantz.
*

Spitzenidee: Kooperation mit Kriminellen?
Nehmen wir den wenigen Trost, den der Kirchenmann uns zu spenden vermag: Die Ereignisse der Mainacht beschönigt er nicht:

„Mit der verabscheuungswürdigen Aktion auf dem Reinhardsberg wurden sämtliche rote Linien überschritten. Bei dieser menschenverachtenden Aktion gibt es nichts gut zu reden, sie ist auf das Schärfste zu verurteilen und als schwere kriminelle Handlung zu werten.“
(Frieder Wegmann, geheimer offener Brief, zitiert nach Schwäbische Zeitung 05.05.2020: „Fast 150 Bürger verurteilen makabren Maischerz“)

Aber schon mit dem nächsten Zitat aus diesem ominösen Brief, der von rund 150 Wainer Bürgern unterzeichnet worden sein soll, kollabiert die Sehnsucht nach Kenntnisnahme weiterer Inhalten wie eine Corona-Lunge: „Wir wünschen uns Wertschätzung statt Verachtung, vielleicht mal ein Kooperieren, statt ständig reines Konkurrieren“, fordern die Unterzeichner“ (ibid.).

Okay. Es wird keine Lösung in Wain geben, solange die drei gejagten Rätinnen Julia Freifrau von Herman, Lotte Obrist und Faiza Gummersbach nicht der Forderung der mutmaßlichen Kriminellen nachkommen und ihr Mandat zurückgeben. Denn nicht weniger als das wird gefordert. Was den Damen blüht, wenn sie dieser politischen (!) Forderung nicht Folge leisten, haben die geköpften und gehängten Strohpuppen auf dem Reinhardsberg anschaulich gemacht.

Und mit diesen Personen sollen die Frauen nun nach Auffassung des KIRCHENMANNES (Kirche + Mann, da kann ja nix bei rauskommen!) „kooperieren“? Denn der Appell richtet sich ja wohl, so ist es in dieser Kategorie üblich, an die beiden streitenden Parteien – i. e. Mantz und die sechs ihm applaudierenden Gemeinderäte auf der einen Seite gegen die vier Mantz kritisierenden Gemeinderäte auf der anderen.

Ich habe Herrn Wegmann noch nie gesehen. Aber er muss blaue Augen haben? So naiv kann doch selbst ein Kirchenmann nicht sein? Appeasement hat bei Kriminellen und solchen, die ihre persönlichen Ziele mit allen Mitteln durchsetzen, noch nie funktioniert.

Überdies ist „Kooperation“ kein für die Demokratie geeignetes oder ihr auch nur förderliches Verhalten. Sie ist das Gegenteil von Demokratie – und ganz nahe an Filz und Korruption. Für Gemeinderäte ist sie ein Verrat ihres Mandats, das  – unter anderem – lautet: den Bürgermeister zu kontrollieren. Im Auftrag der Bürger!

Wenn nun aber noch ein beträchtlicher Teil Wainer Bürger diesen Appell unterzeichnen, belegt das meines Erachtens nur die Tatsache, dass es dort keine demokratische Lösung geben wird. Offensichtlich haben die Wainer immer noch nicht verstanden, dass es hier um Demokratie und Rechtstaatlichkeit geht. Es geht nicht um „Kooperation“, Harmonie und die anderen Ingredienzien oben genannten Backwerks. Wie kann es denn bitte sein, dass einige Kommunal-Terroristen öffentlich fordern, dass gewählte Gemeinderäte ihr Mandat zurückgeben? Warum stellt sich Mantz nicht schützend vor die Verfolgten des Wainer Terrorregimes?
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Keine Silbe zur Hexennacht im aktuellen Amtsblatt
Gerade ist das aktuelle Amtsblatt in Wain für diese Woche online. Glauben Sie es oder nicht: Im aktuellen Amtsblatt findet sich kein einziges Wort zu den Vorgängen der Mainacht, zu denen jetzt auch die Polizei ermittelt. Keine Silbe – noch nicht einmal in der Kategorie „Was sonst noch interessiert“.

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Offener Brief des Bürgermeisters – nicht im Amtsblatt, nicht online
Stattdessen erfährt der/die/das Staunende aus der SchwäZ, dass Mantz ebenfalls einen pseudo-offenen Brief an die Wainer verfasst habe. Der steht aber auch nicht im Amtsblatt, sondern werde, so die Zeitungsberichterstattung, ebenfalls zusammen mit dem Mitteilungsblatt verteilt.

Meine Meinung: haarsträubend! Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass ihn damit auch nicht alle Wainer Bürger erhalten, sondern ja nur diejenigen, welche das Amtsblatt abonniert haben.

Und Ihre nächste Frage, ob dieser pseudo-offene Brief des Bürgermeisters an seine Bürger, der noch nicht einmal den Weg ins Amtsblatt findet, ansonsten irgendwo verfügbar ist, muss ich mit leichtem Tadel zurückweisen. Lesen Sie mir nicht zu? Das wäre ja transparent. In Wain aber gibt es null Transparenz!

Alles, was zu diesem Brief in Erfahrung zu bringen ist, ist dies:

In den Briefkästen der Wainer Haushalte liegt am heutigen Donnerstag noch ein weiteres Schreiben zur aktuellen Situation im Dorf – aus der Feder von Stephan Mantz. Der Bürgermeister sagt, er lasse es „ganz bewusst“ ebenfalls separat vom gemeindlichen Mitteilungsblatt verteilen. „Ich möchte auch Stellung beziehen“, erklärte er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Dabei sei es ihm wichtig gewesen, auch auf Vorgänge vor der Mainacht abzuheben.
Das Zusammenleben in Wain werde zurzeit durch die Unruhe im Gemeinderat, einen offenen Brief vom 17. April und die „geschmacklosen und makabren Aktionen“ in der Nacht zum 1. Mai erheblich gestört und belastet, schreibt Mantz. Die Aktion auf dem Reinhardsberg verurteile auch er auf das Schärfste. „Ich appelliere an alle Bürgerinnen und Bürger, zu einer sachlichen Diskussion mit einem respektvollen Umgang miteinander zurückzukehren.“
(Schwäbische Zeitung 06.05.2020: „Enthauptete Puppen: Zwei offene Briefe verurteilen menschenverachtenden „Maischerz“; Hervorhebg. K. B.)

Dieser Brief ist ein wahres Unding. Hier appelliert ein Bürgermeister – als Privatperson zu politischen Sachverhalten und potentiellen Straftaten. Dafür gibt es meines Wissens noch nicht einmal eine Kategorie?
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Auch der 17.-April-offene-Brief ist geschlossen
Dem aufmerksamen Leser wird es bei Kenntnisnahme obigen Zitats nicht entgangen sein: Es gibt noch einen „offenen“ Brief in Wain: vom 17. April 2020. Der habe „Unruhe“ gebracht? Kein Wunder. Vielleicht hätte es geholfen und hülfe es auch jetzt noch, wenn man diese Flut von pseudo-offenen Briefen endlich mal der Öffentlichkeit zugänglich macht?
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Mehr Intransparenz geht nicht
Weil so viel Intransparenz in der Wainer Kommunalpolitik so langsam die Sicht vernebelt, was, so mein persönlicher Eindruck, ganz offensichtlich von den Verantwortlichen auch so gewünscht ist, hier noch einmal das Gesamtwerk in der Übersicht:

+ Bürgermeister Stephan Mantz beantwortet kritische Presseanfragen nicht (z. B. hier).

+ Ein angeblich „offener“ Brief der als Hexen gejagten drei Gemeinderätinnen vom 17. April 2020 ist nicht öffentlich verfügbar. Ich finde ihn auch nicht im Wainer Amtsblatt vom 17.04.2020.

+ Die drei Gemeinderätinnen Julia Freifrau von Herman, Lotte Obrist, Faiza Gummersbach verweigern (mir) jede Presseauskunft (hier) und jeden Kontakt.

+ Ein angeblich „offener“ Brief des Kirchengemeinderat-Mitglieds Frieder Wegmann als Privatperson ist öffentlich nicht verfügbar und wird auch im Wainer Amtsblatt nicht abgedruckt, jedoch in Papierform an die Amtsblatt-Abonnenten von den Amtsblatt-Austrägerinnen (Schwarzarbeit?) verteilt.

+ Ein angeblich „offener“ Brief des Wainer Bürgermeisters Stephan Mantz zu den kriminellen Vorgängen in der Mainacht und dem Terror gegen drei Gemeinderätinnen ist öffentlich nicht verfügbar und wird auch im Wainer Amtsblatt nicht abgedruckt. Er wird – nach Zeitungsberichterstattung – in Papierform an die Amtsblatt-Abonnenten von den Amtsblatt-Austrägerinnen verteilt. Hier müsste der Zoll prüfen, ob damit der Straftatbestand der Schwarzarbeit erfüllt ist. Denn selbstverständlich dürfen diese Austräger keine „private“ Post zustellen. Sowohl der Brief des Privatmanns Wegmann wie das private Schreiben von Bürgermeister Mantz sind m. E. als solche zu bewerten.

Nein, Sie müssen nicht leise sein. Der Tiefschlaf der Rechtsaufsicht im Landratsamt Biberach ist komatös und durch nichts zu stören.
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OLYMPUS DIGITAL CAMERA Foto: Wolfgang Dirschert / pixelio.de

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