TS12/21: Mail-Tsunami aus Achberg: Das sagt der IT-Dienstleister

[Aktualisierung 31.01.2021]

Donnerkiel und Regenwetter: Man behaupte nicht, die Gemeinde Achberg sei zu gar keinen regulären Abläufen fähig. Immerhin – und vermutlich aus einer erlittenen Kränkung heraus – ist man dort jetzt dem Mail-Tsunami-Phänomen (hier) nachgegangen. Dafür hat Achberg sogar seinen IT-Dienstleister in Betrieb gesetzt. Dessen Analyse ist zwar nicht unbedingt beruhigend, erklärt aber immerhin den mysteriösen Vorgang vom vergangenen Montag, dass eine Mail des Bürgermeisters Dr. Johannes Aschauer mehr als einhundert Mal bei mir eingegangen ist.

Kommunikativ-strategisch nicht unbedingt ungeschickt, meldet sich zu dieser Causa der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Achberg, Manfred Vogler, gestern per E-Mail bei mir:

zu ihrem [sic1] Beitrag TS 09/21 erlaube ich mir folgende Richtigstellung [sic2]:
Die Ursache des von Ihnen beschriebenen Mail-Terrors lag in einem Serverproblem begründet.
Die fachliche Auskunft über diesen Fehler ist von dem für die Gemeinde Achberg zuständigen IT-Unternehmen beigefügt. Das Einverständnis des IT-Unternehmens für die Weitergabe dieser Auskunft liegt vor.
Im Sinne ihrer [sic3] journalistischen Sorgfältigkeit [sic4] würde ich mich über eine entsprechende Klarstellung [sic5] auf ihrem [sic6] Blog freuen.
(E-Mail des stellvertretenden Bürgermeisters der Gemeinde Achberg Manfred Vogler am 29.01.2021 an diese Redaktion; Hervorhebg. K. B.)

In Achberg hat man es nicht so mit Frauen und auch nicht mit Höflichkeit. Deshalb bitte ich die Abwesenheit der von Vogler fallweise kleingeschriebenen Höflichkeitsformen zu entschuldigen.

Der von Vogler verwendete Begriff „Richtigstellung“ ist in diesem Fall auch nicht angebracht, denn das in TS09/21 beschriebene Faktum der massenweise eingegangen Mail wird von der Gemeinde Achberg und dem IT-Dienstleister nicht nur nicht bestritten, sondern ausdrücklich bestätigt. Deshalb ist auch mit diesem weiteren Achberg-Artikel keine „Klarstellung“ zu leisten, sondern die Hintergründe des Phänomens werden aufgeklärt.

Aber sechs inhaltliche und orthografische Fehler in eine Mail von wenigen Zeilen zu hacken, ist erstens auch eine Leistung und gibt zweitens einen Hinweis auf die Professionalität und Sorgfalt, mit der in der Achberger Verwaltung gearbeitet wird. Möchten wir uns vorstellen, wie hier Flächennutzungspläne erstellt und Bauanträge bearbeitet werden?
Nein, das möchten wir lieber nicht!
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Wie sieht es aus mit der IT-Sicherheit im Achberger Rathaus?
Foto: MöchtenSieWohlGernWissen

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Beunruhigend: Der Server war in einem „inkonsistenten Zustand“?
Hinweis: Bei dem von der Gemeinde Achberg beauftragten IT-Dienstleister handelt es sich nicht um eines der größeren und (mir) bekannten Unternehmen, wie ich sie bei anderen Gemeinden finde. Abgesehen von Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge scheint dieser Dienstleister nach meinem Eindruck nicht großflächig mit der Betreuung speziell kommunaler Software befasst zu sein. Deshalb werde ich zum Schutz dieses Unternehmens den Namen nicht nennen.

Die von diesem Unternehmen zur Veröffentlichung ausdrücklich freigegebene Systemanalyse führt zu folgendem und, wie ich finde, eher beunruhigenden Ergebnis:

Doku /Analyse systembedingt fehlerhafter Mehrfachversand Mail
Am Montag, den 25.01.2021, fand vom Exchange-Server der Gemeinde Achberg ein Mehrfachversand von Mails statt.

Die Fehleranalyse hat ergeben, dass alle Mails jeweils nur 1x im Outlook versendet wurden. Die Mails wurden aber mehrfach vom Exchange-Server versendet. Bei einem Empfänger soll zum Beispiel das gleiche Mail 150x angekommen sein.
Die Ursache war, dass der Exchange-Server nach einem Windows-Sicherheitsupdate am Samstag Mittag in einem inkonsistenten Zustand war. Unser Kontroll-Email [sic] nach dem Update ging noch am Samstag um 13:41 Uhr durch. Somit arbeitet [sic] der Server zu diesem Zeitpunkt noch fehlerfrei. Bald danach muss der Server in einen Fehler-Zustand gegangen sein. Erst durch einen Neustart am Montag um 09:30 Uhr, [sic] arbeitete der Exchange-Server wieder normal.
In dieser Zeit wurden alle „gesendeten“ Mails von allen Arbeitsplätzen zwar an den Exchange-Server übergeben. Dieser nahm diese Mail auch entgegen. Es kam vom Server aber keine Rückmeldung, dass diese Mail entgegen genommen wurde. Somit wurde jedes Mail im Hintergrund vom Outlook nochmals an den Exchange-Server das gleiche Mail übergeben. So alle 10 Minuten wurde wieder das gleiche Mail an den Exchange-Server übergeben [sic]. Somit entstanden diese Kopien.
Dabei verhielt sich Outlook und die OWA-Oberfläche im Microsoft Edge-Browser gleich.
Weil keine Meldung kam, fiel das nicht auf. Erst als die Mails dann am Montag um 09:35 Uhr versendet wurden, fiel es bei den Empfängern auf. […]
(Zur Veröffentlichung freigegebenes Fehleranalyse-Attestat des von der Gemeinde Achberg beauftragten IT-Unternehmens, das ungenannt bleiben soll; Hervorhebg. K. B.)

Zu meiner Angelegenheit halten wir zunächst fest:
1. Wie von mir in TS09/21 beschrieben, bestätigt der IT-Dienstleister den Mehrfachversand von Mails über den Server der Gemeinde.
2. Ich habe von IT so gut wie null Ahnung. Aber mich persönlich beunruhigt es, wenn hier einer Gemeinde, die über eine Menge hochsensibler Daten ihrer Bürger verfügt, vom eigenen IT-Dienstleister attestiert wird, dass der „Exchange-Server nach einem Windows-Sicherheitsupdate“ vom Samstag an bis Montagmorgen in einem „inkonsistenten Zustand“ war, den keiner bemerkt habe.

Und nur so nebenbei: Die Header der bei mir eingegangen über 100 Aschauer-Mails beweisen sehr wohl, dass die Mail mehrmals und zu verschiedenen Zeitpunkten am vergangen Samstag abgeschickt wurden; ganz unabhänging von irgendwelchen Serverproblemen!

Ein SaSe-Leser und IT-Experte warnt mich ausdrücklich davor, im Kontext „IT-Sicherheit im Achberger Rathaus“ auch noch folgende Fässer aufzumachen:

Ist die genutzte IT-Infrastruktur auf aktuellem Stand?
Ist nach dem Einspielen der Updates auf dem Exchange-Server ein Neustart durchgeführt worden?
Ist nach dem E-Mail-Versand dem Absender zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verzögerungsbenachrichtigung zugestellt worden?
(Leserzuschrift zum Thema IT-Sicherheit der Gemeinde Achberg an diese Redaktion)

SaSe-Leser wissen ja, dass ich solche Hinweise unbedingt befolge und deshalb dieses Fass schweren Herzens nicht aufmache. Kriege ich dafür jetzt einen Keks?
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Keks für Karin, weil sie ein sich penetrant anbietendes Fass nicht aufmacht!
Foto: Lucia Barbara / pixelio.de

 

Keine Entschuldigung der Gemeinde Achberg
Ach so, ja: Für eine Entschuldigung der Gemeinde Achberg oder ausgedrücktes Bedauern für die Unannehmlichkeiten und den Aufwand, der dieser Redaktion durch den genannten Systemfehler entstanden ist, hat es in der Mail von Vogler natürlich nicht gereicht. Aber man kann ja auch nicht alles haben! Immerhin wissen wir jetzt: a) SaSe hat hinsichtlich des Mail-Tsunamis wahr geschrieben, b) um die IT-Sicherheit der Gemeinde Achberg kann man sich ruhig noch ein bisschen mehr sorgen und kümmern?

Die komischen Äußerungen des Achberger Bürgermeister-Stellvertreters in Wendungen wie „Klarstellung“ und „Richtigstellung“ besorgen mich, ob ich ihm und dem, den er da so grandios vertritt, doch bitte hoffentlich nicht noch ihre Organisationspflicht erklären muss?
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Das sagt VERDI Bayern zum Ausspionieren des Bauhof-Mitarbeiters
Aber jetzt bin ich schon einmal in Schwung, dann wollen wir die Causa Achberg professionell und mit „journalistischer Sorgfältigkeit“ weiter aufarbeiten.

Wir erinnern uns: Der Öffentlichkeit liegt das verblüffende schriftliche Geständnis des Achberger Bürgermeisters Dr. Johannes Aschauer vor, dass er einen Bauhof-Mitarbeiter der Stadt Lindau ausspioniert habe. Seine sich nahezu „zufällig“ (wörtlich: „nicht gezielt“) ergebenden Beobachtungsergebnisse führten anschließend zur fristlosen Kündigung des Mannes. Die Stadt Lindau widerspricht Aschauer und gibt dieser Redaktion gegenüber an, eine solche Überwachung niemals beauftragt zu haben.

Der Sohn von Dr. Aschauer behauptet dessen ungeachtet auf Facebook aktuell weiterhin, sein Vater sei mehrfach genau dazu aufgefordert worden; den Begriff „Stadt Lindau“ verwendet er dabei allerdings nicht …
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Bearbeiteter Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot Facebook-Gruppe „Achberg diskutiert“: Der Sohn des Achberger Bürgermeisters verteidigt öffentlich weiterhin die Überwachungsaktion seines Vaters bei einem Bauhof-Mitarbeiter der Stadt Lindau. VERDI Bayern erklärt, wie diese Observation zu bewerten ist.

So kommen wir natürlich nicht weiter.

Pikant und weiterer Ausweis der gefährlich defizitären Rechtskenntnisse des Bürgermeistersohns ist die Tatsache, dass dieser Bauhof-Mitarbeiter in Achberg vielen Bürgern namentlich bekannt ist. Aschauer junior schädigt mit diesem Post den Ruf des betreffenden Mannes noch ein weiteres Mal, wenn er ihm hier „dubiose Krankschreibungen“ anlastet. Kann er das belegen? Allein das ist schon wieder eine üble Rechteverletzung, die anwaltlich kostenpflichtig abmahnfähig wäre! Wie sehr möchte sich die Familie Aschauer an diesem armen Menschen denn jetzt noch vergehen?

Zur Bewertung der Bürgermeister-Spionage habe ich mich an die Profis für solche arbeitsrechtlichen Fälle gewandt, an VERDI Bayern. Per Presseanfrage habe ich die Gewerkschaft gebeten, nicht zur erfolgten Kündigung an sich zu kommentieren, sondern allein zu der Tatsache, dass hier ein Bürgermeister seine Einwohner arbeitsrechtlich mit verheerenden Konsequenzen überwacht. Schreibt VERDI Bayern dazu wie folgt:

Sofern ein Arbeitgeber konkrete Zweifel hat, ob sich ein Mitarbeiter während einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit genesungswidrig verhält, hat er ggf. die Möglichkeit eine Detektei als professionelle Stelle zu beauftragen. Vorher muss die Verhältnismäßigkeit (Einhaltung Persönlichkeitsrechte, Datenschutz) von Überwachungsmaßnahmen geprüft werden, ob es mildere Mittel gibt, z. B. Vorladung bei MDK (medizinischer Dienst der Krankenkassen) oder direkte Befragung des Mitarbeiters.
Das Verhalten eines Bürgermeisters, ein subjektiv vermutetes Fehlverhalten im Rahmen der Arbeitsunfähigkeit eines nicht bei der eigenen Kommune beschäftigten Arbeitnehmers gegenüber dessen (externen) Arbeitgeber beurteilen zu wollen und entsprechend auch noch Informationen weiterzuleiten, sehe ich persönlich durchaus kritisch. Auch datenschutzrechtlich wäre der gegenseitige Austausch persönlicher Daten eines Dritten wohl höchst problematisch.
(Presseauskunft VERDI Bayern Werner Röll an diese Redaktion am 27.01.2021; Hervorhebg. K. B.)

Noch Fragen?
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Achberger Bildungsdesaster auf Facebook
Und es ist nicht so, dass außer der Fehleranalyse des Achberger IT-Dienstleisters diese Woche im Nachgang zur SaSe-Senfproduktion (hier und hier) nichts geschehen sei.

So etwa dokumentiert eine phasenweise ausufernde Diskussion in der Facebook-Gruppe „Achberg diskutiert“, dass ein Teil der Probleme in dieser Gemeinde möglicherweise auch in einem kapitalen lokalen Bildungsdesaster liegen könnten? In der Gruppe diskutieren nicht vornehmlich „Bürger“ – und schon gar nicht diejenigen, die den ganzen Mist angezettelt haben, die Kritischen Achberger Bürger KAB. Wortführer auf Facebook sind vor allem der Sohn des Achberger Bürgermeisters, der unter einem für jeden User leicht enthüllbaren Pseudonym auftritt, und der Bürgermeisterkandidat Tobias Walch sowie eine komplett durchgeknallte Furie.

Walch ist Jurist. Der schlimmen Rechteverletzung gegenüber einem seiner potentiell zukünftigen Bürger, besagtem Bauhof-Mitarbeiter, durch obiges Posting des Bürgermeistersohns sieht er tatenlos zu!

Insbesondere der Bürgermeistersohn entrollt in der Gruppe mit schockierender Unbeschwertheit seine Bildungsdefizite. Weder er noch seine Mitstreiter scheinen den Unterschied zwischen Straf- und Zivilrecht zu kennen. Für die besonders Wütende scheint es jenseits aller Wissenshorizonte zu liegen, dass man die Rechte Dritter verletzen kann, ohne eine Straftat zu begehen.

Und wer zur Hölle ist „Frau Brugger“?

Der Aschauer-Sohn scheint noch nicht einmal zu wissen, dass die Administratoren von Facebook-Gruppen im vollen Umfang für dort erfolgende Rechteverletzungen haften müssen (hier bei „Rechtliche Pflichten des Facebook-Administrators“), ganz unabhängig davon, ob die dazugehörigen Facebook-Server in Timbuktu oder in Siberatsweiler stehen.

Alle zusammen wissen nicht, was Satire, was ein Meta-Blog und was das Kuratieren von Zeitungsmeldungen ist (hier).

Sie können zwischen den verschiedenen publizistischen Rollen hauptberuflicher Journalisten nicht unterscheiden und tätigen wiederholt brandgefährliche, rufschädigende Äußerungen, für die sie hoffentlich nie zur Verantwortung gezogen werden. Sollte es doch so weit kommen, stehe ich gern helfend zur Seite und verweise auf dieses mein Empfehlungsschreiben.

Schlimmschlimmschlimmschlimmschlimm.

Meine Meinung: Bürgermeister und Bürgermeisterkandidaten haben in solchen Facebook-Gruppen (der Bürger) nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Das war schon breit diskutiertes Thema im Fall Langenargen (hier). Für den diesbezüglich unbelehrbaren Langenargener (Ex-)Bürgermeister Achim Krafft führte aber nicht nur das zu seiner Abwahl.

Bürgermeisterkandidaten, die sich solcherart versuchen, bei ihren Wählern anzubiedern, erhalten bei mir einen gravierenden Punkteabzug an Professionalität. Wie problematisch das Herumturnen von Amtsinhabern im Allgemeinen und Bürgermeistern im Besonderen in den sozialen Netzwerken sein kann, beleuchtet auch diese wissenschaftliche Arbeit. Dort wird hervorgehoben, dass viele rechtliche Fragen dazu noch gar nicht geklärt sind (Seite 14).

Die erfolgreichen Vollprofis unter den Bürgermeister – fällt mir ein zum Beispiel der Spaichinger Bürgermeister Markus Hugger oder auch der neue Langenargener Bürgermeister Ole Münder – würden so etwas nie tun?

Das alles wird für die Facebook-Gruppe „Achberg diskutiert“ nur durch die Seriosität, Souveränität und Rechtskonformität des Administrators Raimund Dismann noch einigermaßen gebändigt. Der allerdings sah sich inzwischen gerade auch wegen der ausufernden Rechteverletzungen gezwungen, die Kommentarfunktion zu sperren.

Alle gemeinsam können wir jetzt Flaschen drehen zu der Frage spielen, was uns in Achberg denn am meisten Sorgen machen soll: der desaströste Bildungs- und Wissensstand der Wortführer, die IT-Sicherheit, der Bürgermeisterwahlkampf, in den der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses, Dr. Johannes Aschauer, meiner Meinung nach durch seinen Brief eingreift,  oder die existentielle Sicherheit einzelner Achberger Bürger, zu deren Observation Aschauer vielleicht schon morgen wieder einen Auftrag erhält?

Ich kann mich einfach nicht entscheiden!

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