Stand der Dinge in der Causa „anonyme Briefe Achberg“: siehe TS115/20.
Inzwischen habe ich sehr viel recherchiert, konkret: telefoniert. Mit ganz vielen Menschen in Achberg. Die meisten davon wollen nicht mit mir i. e. „der Presse“ reden. Sie alle sind der Auffassung, wenn man nicht mehr über „die Dinge“ – also die umfassende Kritik an Bürgermeister Dr. Johannes Aschauer – redet, dann erledige sich das Problem von selbst.
Das glaube ich allerdings nicht. Und der Fall der Gemeinde Wain bestätigt mich darin.
Wie in TS115/20 angekündigt, werde ich die umstrittenen anonymen Briefe der Verfassergruppe Kritische Achberger Bürger (KAB) auf diesem Blog veröffentlichen. Selbstverständlich sollte auch dem Bürgermeister Gelegenheit gegeben werden, ähnlich umfassend (die anonymen Briefe sind lang!) zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Deshalb hatte ich Dr. Johannes Aschauer am 24. August 2020 per E-Mail eine Presseanfrage geschickt. Am Tag darauf erhielt ich folgende Antwort vom Achberger Bürgermeister:
Sehr geehrte Frau Burger,
ich werde Ihre Anfrage nicht bearbeiten und beende hiermit die Korrespondenz mit Ihnen. Weitere Nachrichten von Ihnen sind nicht erwünscht.
Mit freundlichen Grüßen
(„Presseantwort“ von Bürgermeister Dr. Johannes Aschauer an diese Redaktion vom 25.08.2020; Hervorhebg. K. B.)
Diese bockige Reaktion ist keine wirkliche Überraschung für mich und viele meiner Leser. Sie passt in das Bild, das meine bisherigen Recherchen zu den Zuständen in dieser kleinen Gemeinde im Landkreis Ravensburg ergeben: Hier „regiert“ ein Bürgermeister selbstherrlich und setzt sich teilweise einfach über geltendes Recht hinweg.
Nach Landespressegesetz Baden-Württemberg ist Dr. Aschauer verpflichtet, meine Presseanfrage zu beantworten. Ich könnte die Stellungnahme auch einklagen. Aber das ist nicht meine Art, mit diesem durchaus nicht seltenen Phänomen verweigerter Presseauskünfte durch Bürgermeister umzugehen. Für den Landkreis Biberach hatte ich das hier schon einmal dokumentiert.
Diesem Blog geht es um die Darstellung und den Beleg für die zentrale These, dass einige / manche / zu viele Bürgermeister einen nachgerade feudalen Führungsstil pflegen, sich über für andere geltende Vorschriften folgenlos (hier) hinwegsetzen und insgesamt schockierend undemokratisch und bürgerfern agieren.
Darüber hinaus verweise ich aus aktuellem Anlass auch auf die Recherche-Ergebnisse von Correctiv (zusammengefasst hier) für die Zustände in Nordrhein-Westfalen.
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Die Presseanfrage an Bürgermeister Dr. Johannes Aschauer
Wie auf diesem Blog üblich (und Sinn der Rubrik „Bondage“), veröffentliche ich nachstehend die verweigerte Presseanfrage weitgehend im Original. Lediglich bei der Frage zu einer wohl über zwei Jahre hinweg vom Achberger Bürgermeister verweigerten polizeilichen Anmeldung (Wohnsitzanmeldung) wurde der Name des betroffenen Bürgers für die Veröffentlichung zum Schutz von dessen Persönlichkeitsrechten entfernt. Auch die Hervorhebungen (Fettdruck) finden sich so im Original nicht alle und dienen hier nur der besseren Leser-Orientierung.
Nachstehend die gesamte Presseanfrage kursiv in blau. Die beiden „[sic]“ im Text beweisen nur, dass auch mir gelegentlich Tipp-Fehler unterlaufen.
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PRESSEANFRAGE: Ihre Stellungnahme zu den anonymen Briefen der Kritischen Achberger Bürger
Sehr geehrter Herr Dr. Aschauer,
in unserem bisherigen Mailkontakt hatten Sie mir die Herausgabe der anonymen Briefe einer Gruppe namens Kritische Achberger Bürger verweigert. Inzwischen liegen mir diese Briefe inklusive eines Anschreibens der Gruppe an mich vor. Darüber habe ich gestern auf meinem Blog berichtet:
Wie in dem Artikel angekündigt, werde ich sämtliche mir vorliegenden anonymen Briefe sowie das Anschreiben der Verfasser auf meinem Blog veröffentlichen.
Gern gebe ich Ihnen die Gelegenheit, zu den in den anonymen Briefen erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Da die Briefe selbst sehr lang sind, gebe ich auch Ihnen die Möglichkeit, ausführlich zu antworten. Ich bitte Sie jedoch, auf Ihre mir bisher auch schon vorgetragene Opfer-Rhetorik zu verzichten. Eine solche werde ich nicht veröffentlichen. Sie sind kein Opfer. Sie sind der verantwortliche Bürgermeister von Achberg und müssen den Bürgern selbstverständlich Rechenschaft für Ihre Entscheidungen und Taten ablegen.
Bitte nehme Sie insbesondere zu folgenden Punkten detailliert Stellung:
+ Rußsammel-Aktion in Esseratsweiler am 10.04.2020: Welche Maßnahmen hatten Sie getroffen, um eine Gesundheitsgefährdung sowohl im Hinsicht auf Corona und die zu dem Zeitpunkt geltenden extrem strikten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wie auch im Hinblick auf die Giftigkeit der Rußklumpen auszuschließen? Wie erklärt sich eine Aktion mit 250 Helfern mitten im strengsten Lockdown, den Deutschland je gesehen hat?
+ Vorwürfe der Gewalttätigkeit: Ihre Kritiker behaupten, Sie wären einen Jugendlichen körperlich angegangen, der Ihnen gegenüber respektlos aufgetreten sei. Bitte nehmen sie [sic] zu diese [sic] Vorwurf Stellung. Die KAB geben weitere Vorfälle an, bei denen Sie angeblich gewalttätig geworden sein sollen oder daran nur durch die Intervention Dritter gehindert wurden. Hierbei geht es insbesondere um eine Auseinandersetzung mit dem früheren Rektor der Grundschule. Auch dazu erbitte ich Ihre Stellungnahme.
+ Sexismus-Vorwurf: Ist es zutreffend, dass Sie die Gründerinnen eines naturverbundenen Vereins als „prosecceoschlürfende Hausfrauen“ bezeichnet haben?
+ Bei meinen Recherchen wurde mir auch vorgetragen, dass Sie als Bürgermeister zwei Jahre verhindert hätten, dass der Achberger Bürger [Name zum Schutz der Persönlichkeitsrechte für die Veröffentlichung entfernt] seine Lebensgefährtin bzw. später dann Ehefrau in der Gemeinde Achberg polizeilich anmeldet. Angeblich hätten Sie das damit begründet, dass Hr. [Name für Veröffentlichung entfernt] schon sehr betagt sei und die Gemeinde Achberg seine potentielle Witwe nicht als Sozialfall versorgen möchte. Bitte nehmen Sie zu diesen Vorwürfen Stellung.
+ Insgesamt werden Sie mir sowohl von den KAB wie auch von meinen anderen Gesprächspartnern in Achberg als eine schnell aufbrausender Mensch („Choleriker“) mit einem Hang zur Gewalttätigkeit beschrieben. Bitte nehmen Sie auch zu diesen Vorwürfen Stellung.
Bitte senden Sie mir Ihre Stellungnahme bis spätestens Mittwoch, den 26. August 2020, zu. Aus Aktualitätsgründen möchte ich die anonymen Briefe zeitnah veröffentlichen. Und sicherlich ist es für Sie besser, wenn zwischen der Veröffentlichung der Briefe und der Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme dazu kein zu großes Zeitfenster liegt.
Sollten Sie aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht in der Lage sein, meine Presseanfrage zu beantworten, müssten wir die Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme entsprechend verschieben; am Termin der Veröffentlichung der anonymen Briefe ändert das aber nichts.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen zur Verfügung.
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Meine Vermutung: Insbesondere meine Aufforderung, auf die bisher schon bekannte und zum Beispiel auch in der Berichterstattung der SchwäZ i. e. Lindauer Zeitung dokumentierte Opfer-Rhetorik zu verzichten, mag mit ausschlaggebend für die verweigerte Stellungnahme sein. Dr. Aschauer nämlich stellt sich durchgehend als „Opfer“ dar. Er unterstellt den anonymen Kritikern, ihn persönlich fertigmachen und schaden zu wollen. Die KAB nehmen dazu in den anonymen Briefen selbst noch Stellung.
Meiner weiteren Berichterstattung und Besenfung vorgreifend, verweise ich darauf, dass mir der Fall einer Beinahe-Schlägerei zwischen dem Bürgermeister und dem Ex-Rektor der Grundschule von einem Augenzeugen bestätigt wurde. Die körperliche Auseinandersetzung konnte nach den mir gegenüber gemachten Angaben nur durch das Eingreifen Dritter verhindert werden.
Erstaunlicherweise werden diese eklatanten Vorfälle von den wenigen Achbergern, die bereit waren, mit mir zu sprechen, heruntergespielt. Von kirchlicher Seite etwa wurde darauf verwiesen, dass sowohl der wohl unstrittige Übergriff auf einen Jugendliche wie auch die Beinahe-Tätlichkeit gegenüber dem Ex-Rektor zum einen lang zurücklägen und zum anderen keine strafrechtlichen Folgen gehabt hätten.
Das entschuldigt sie? Erstaunlich.
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Blitzbirne will anonymen Brief an Absender (?) zurückschicken
Das Thema Presseanfragen und Achberg bietet noch mehr Unterhaltsames. Denn auch die Reaktion des Bürgermeister-Kandidaten Tobias Walch auf meine Kontaktbitte hin ist durchaus bemerkenswert, hat allerdings in dieser Rubrik nichts verloren und wird an anderer Stelle noch zur Sprache kommen.
Und weil dieser Artikel bis hierhin und entgegen des beliebten SaSe-Stils nicht ganz so lustig ist, möchte ich ihn mit einer von Tobias Walch gelieferten Pointe abschließen:
Der sehr ambitionierte potentielle Nachrücker hatte sich öffentlich und auf Facebook (!) als Vermittler und Moderator in der Kommunikation mit den KAB angeboten. Nachdem diese – verständlicherweise – auf sein Angebot nicht eingegangen waren, hat Walch auf seinem Facebook-Account diesen Klops bollenstolz aufgebahrt:
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Es sieht düster aus für Achbergs Zukunft, wenn der designierte Nachfolger von Dr. Aschauer sich öffentlich damit brüstet, einen anonymen Brief „zurück an Absender“ schicken zu wollen? Aus naheliegenden Gründen verzichte ich auf eine Presseanfrage an die Bundespost, wie die das wohl bewerkstelligen sollte …
Aber wir werden dieses Phänomen und Dokument selbstherrlicher Dämlichkeit bei der weiteren Bearbeitung der Causa Achberg noch brauchen. Denn man stößt auch bei der Recherche zu der auslösenden Rußklumpen-Sammelaktion auf etwas, für das ich keine andere Bezeichnung finde als: Dummheit! Pur, rein, tief und unbemerkt. Bleibt nur noch die Frage, ob die Emittenten selbst so agieren oder ob sie auf diese Eigenschaft bei ihrer Zielgruppe spekulieren.