Heute habe ich mich mal „chic“ gemacht. Heißt bei mir: Aschenbecher geleert und ein buntes Schleifchen am Rollator. Und auf geht’s zum Redaktionstresor. Mit feierlichem Ernst ergreifen die zum Schutz des wertvollen Dokuments weiß behandschuhten Hände das kostbare und vereinzelte Exponat: eine Presseauskunft zur Firma Baupilot GmbH.
Wie hier schon einmal aufgezählt, halten sich insbesondere die Presseantworten von den Behörden, welche mit der Firma Baupilot kooperieren, in verdammt engen Grenzen. Der Trick, mit dem diese Umgehung von Paragraf 4 des Landespressegesetzes möglich wird: Man aberkennt mir meinen seit über 30 Jahren durchgehend bestehenden Journalistenstatus (sowohl sozialversicherungsrechtlich wie fiskalisch dokumentiert) in Verbindung mit diesem Blog. Aber keine Sorge: Ich werde jede einzelne der nicht beantworteten Anfragen und insbesondere von wem sie nicht beantwortet wurden, noch veröffentlichen.
Aus der Reihe der Schweigenden, Mauernden und Trotzenden rund um den kommunalen Dienstleister Baupilot GmbH sticht der Gemeindetag Baden-Württemberg (GT) wohltuend heraus. Zwar beantwortet auch er die ursprünglich neun Fragen von mir nur summarisch und unter Umgehung derjenigen Fragen, die auf die Seriosität des Unternehmens anspielen, aber immerhin: Er antwortet. Das verdient einen Keks und eine nicht durch defätistische Kommentare unterbrochene Wiedergabe. Here we are:
[…] gerne möchte[n] wir Ihnen zu Ihren Fragen eine zusammenfassende Stellungnahme geben:
Der Gemeindetag Baden-Württemberg veranstaltet seit 2018 regelmäßig unter dem Dach seiner Initiative „Städte und Gemeinden 4.0 – Future Communities“ mit verschiedenen Unternehmen und Startups Workshops, um innovative und digitale Ansätze für die Städte und Gemeinden zu präsentieren. Dabei ist uns u.a. wichtig, dass es Referenzkommunen gibt, die bereits mit diesen Unternehmen oder Startups zusammenarbeiten. Vor den Workshops führen wir mit den Unternehmen bzw. Startups sowie Referenzkommunen vorbereitende Abstimmungsgespräche, um den Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedsstädte und -gemeinden einen entsprechenden Mehrwert aufzeigen zu können.
Ob es nach dem Workshop zu Kooperationen oder Vertragsabschlüssen zwischen den Kommunen und den Unternehmen/ Startups kommt, entscheiden die Städte und Gemeinden selbst, der Gemeindetag nimmt darauf keinen Einfluss. Wir bieten lediglich eine Plattform, auf der interessante Angebote vorgestellt werden. Der Gemeindetag empfiehlt nicht ausdrücklich, mit einem bestimmten Startup oder Unternehmen zusammenzuarbeiten, im Gegenteil, wir betonen immer, dass das vorgestellte Unternehmen/ Startup nur ein Anbieter ist, jede Kommune aber selbstverständlich frei ist, andere Anbieter zu suchen und auszuwählen. Wir haben durchaus auch mehrere Workshops angeboten, bei denen dann verschiedene Unternehmen/Startups ihre Angebote für dieselbe digitale Lösung vorstellen konnten, z.B. im Bereich Bürger-Apps.
Dass Stephan Mantz selbst Bürgermeister ist, ist uns bekannt. Er macht auch offiziell auf der Baupilot-Webseite Angaben zu seiner BM-Tätigkeit und erläutert die Entstehungsgeschichte der Plattform (aus der Praxis für die Praxis, https://www.baupilot.com/info/staedte-und-gemeinden). Insofern können wir hier keine Intransparenz erkennen.
Zu den spezifischen Fragen, die Sie über die Baupilot GmbH und die Geschäftsführung des Unternehmens stellen, haben wir keine Kenntnisse. Diese Fragen können Ihnen nur die verantwortlichen Personen im Unternehmen selbst beantworten.
(Presseauskunft Gemeindetag Baden-Württemberg an diese Redaktion vom 08.02.2020; die obige Hervorhebung findet sich so im Original)
So, so, der Gemeindetag empfiehlt also „nicht ausdrücklich, mit einem bestimmten Startup oder Unternehmen zusammenzuarbeiten“? Komisch:
Der Gemeinde Ummendorf war sehr daran gelegen, ein Schreiben des GT BW vom 01.07.2019 an die Gemeinde zu veröffentlichen, weshalb es dort über das Ratsinformationssystem verfügbar war. In diesem Schreiben heißt es:
Bei einer möglichen „neuen“ Vergabe der Bauplätze könnte die Einbeziehung einer digitalen Dienstleistung (z. B. Baupilot GmbH) hilfreich sein, um die Gemeindeverwaltung bei der Auswertung und Zuteilung zu entlasten und zugleich dem seitens des Gerichts angesprochenen Transparenzgrundsatzes [sic] gerecht zu werden.
(Schreiben des Gemeindetags Baden-Württemberg an die Gemeinde Ummendorf vom 01.07.2019; im Ratsinformationssystem der Gemeinde Ummendorf veröffentlicht; Hervorhebg. K. B.)
Die Wendung „z. B. Baupilot GmbH“ ist „nicht ausdrücklich“? Sehense, da lerne ich als Linguistin doch immer wieder noch dazu.
Klammern wir uns doch einfach an dem „z. B.“ fest, dass die ausdrückliche Nennung von Baupilot GmbH „nur“ zu einer beispielhaften macht. Aber dann fasele der GT auch bitte nicht von „nicht ausdrücklich“.
Auch die Langenargener Blogger-Kollegin Elke Krieg hat sich das mit den Empfehlungen des GT einmal genauer angesehen und kommt zu diesem Ergebnis.
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Transparenz für Dummbatze
Natürlich ist dem GT BW bekannt, dass der Baupilot-Geschäftsführer Stephan Mantz eigentlich hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Wain (Landkreis Biberach) ist. Es sind nur die dummen Bürger, welche die völlig naive Erwartung hegen, ein Bürgermeister solle seine ganze Kraft dem hohen Amt zur Verfügung stellen und keine Geschäftsführer-Tätigkeiten ausüben, die ihn unter Umständen in einen Interessenskonflikt bringen. Etwa wenn er mit seinen Amtskollegen Verträge als Baupilot-GF abschließt.
Der GT BW kann keine Intransparenz von Stephan Mantz zu dieser Frage feststellen. Zur Begründung verweist der GT auf eine Unterseite der Baupilot-Homepage, wo sich der Wainer Bürgermeister als solcher tatsächlich outet.
Frage: Wie viele Bürger von Wain, aus dem Landkreis Biberach oder überhaupt, werden auf einer Unterseite der Webpräsenz von Baupilot suchen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen? Wäre es nicht viel „transparenter“, logischer und ehrlicher, wenn der Wainer Bürgermeister Stephan Mantz dieses Faktum zum Beispiel im Bürgermeisterporträt auf der Gemeinde-Webseite erwähnen würde?
Aber genau dort hat er eine meiner Meinung nach höchst bezeichnende Textveränderung vorgenommen, nachdem er von meinen Recherchen Kenntnis erlangt haben musste. Screenshots der Vorher-/Nachher-Versionen hier! Dort erwähnt er seine Nebentätigkeiten als GF sowohl der Baupilot GmbH wie auch der HMF Holding GmbH mit keinem Wort!
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Informationsbeschaffung wird zerrieben zwischen den Zuständigkeiten
Zu den anderen und eher moralischen Fragen hinsichtlich der diversen Unternehmenstätigkeiten der Geschäftsführer von Baupilot verweist der GT auf diese selbst.
Ja, genau so habe ich das auch gesehen. Und genau deshalb hatte ich detaillierte Presseanfragen sowohl an den Bürgermeister Stefan Mantz wie auch und separat an den Baupilot-GF Stefan Mantz gerichtet.
Wie hier schon dem Tübinger Regierungspräsidenten Klaus Tappeser ausführlich beklagt, bejammert und beweint, werden diese Pressefragen ja eben nicht beantwortet. Und das offensichtlich mit dem Segen der zuständigen Rechtsaufsicht beim Landratsamt Biberach, wie ich aus der dort zitierten Reaktion der Behörde ableiten muss.
Mein Fazit: Der Gemeindetag Baden-Württemberg hat kein Problem mit Geschäftspartnern, deren weitere Unternehmenstätigkeiten so etwas umfassen.
Danke für die Auskunft!