Tag Archiv:Oliver Welke

TS77/16: Von Böhmermann, Hill, Welke und „Postillon“

+++ Causa Böhmermann – nächste Runde
Eine Überraschung ist es nicht: Der türkische Präsident Erdogan hat über seinen (einen) Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger (gezielt) beim Landgericht Hamburg Klage gegen Jan Böhmermanns Schmähgedicht im Ganzen eingereicht. Man wird sich vermutlich auf ein jahrelanges Verfahren einstellen können.
Die Anwälte beider Parteien machen dubiose Andeutungen über neue Aspekte und Argumente, die von Meedia sehr gut zusammengestellt werden.
Im Übrigen knobeln Böhmermann und ZDF gerade die weiteren Vertragsmodalitäten aus. Dabei macht ZDF-Intendant Thomas Ballut zitierfähige Grundsatzäußerungen zu Satire, die all jene beschenken werden, die sich so sehr Grenzen des Genres wünschen: Satire soll keine Staatskrisen auslösen.

By the way: Ein weiterer Meedia-Artikel berichtet, dass gegen Jan Böhmermann inzwischen über 1.400 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Mainz eingegangen seien, überwiegend von Privatpersonen. Mit einer kurzfristigen Entscheidung der Behörde sei nicht zu rechnen. Die Ermittlungen würden sich aber auch nicht „viele Monate“ hinziehen. Weiterlesen

TS58/16: Satirekünstler ohne Impulskontrolle und hassende Aufklärer

+++ „Collective Peng“ entschuldigt sich im Namen des BAMS
Sorry, diese Meldung ist mir durchgerutscht: Das „Künstlerkollektiv“ Peng, das zuletzt mit dem Tortenwurf auf AfD-Frontfrau Beatrix von Storch für Aufmerksam gesorgt hatte, hat wieder zugeschlagen und auf YouTube einen Clip hochgeladen, der die Agenda 2010 satirisch resümiert:

In dem Video, das durch die Verwendung des BMAS-Logos den Eindruck erweckt, von der Bundesregierung selbst produziert worden zu sein, entschuldigt sich ein vermeintlicher BMAS-Sprecher bei den „Verlierern und Verliererinnen der Agenda 2010.“ Auf deren Kosten sei der Erfolg des „Exportweltmeisters Deutschland“, der „größten Wirtschaftsmacht Europas“ begründet. Dafür wolle man sich nun entschuldigen. Als Dankeschön, so verspricht der angebliche BMAS-Angestellte, würden „Betroffene der Agenda 2010“ eine Karte des amtierenden Bundespräsidenten, Joachim Gauck, erhalten.
(Vorwärts 27.04.16: „Agenda 2010: Ministerium lässt ‚Collectiv Peng‘-Satire abblitzen„)

Das Corpus delicti:

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Zu der Aktion gibt es eine eigene Webseite: Deutschland-sagt-sorry. Weiterlesen

TS42/16: Erdogan-Satiren und die rätselhaften Reaktionen des ZDF

+++ „Meedia“: Die besten Aprilscherze
Der Mediendienst Meedia stellt die „besten“ Aprilscherze des Jahres 2016 übersichtlich zusammen. Wirkliches Format zu dieser ausgeleierten Scherz-Gelegenheit zeigt nur der Postillon.


+++ Jan Böhmermanns Rammstein-Parodie zur Flüchtlingskrise
Der neue Coup von  Jan Böhmermann heißt „Be Deutsch“ und wird von Meedia als „Song zur Lage der Nation anno 2016“ gelabelt.

Der ZDF-Comedian hält der aufgeregten Republik in typischer Manier in einem vierminütigen Videoclip den Spiegel vor: In der Flüchtlingskrise zeigt der vermeintlich so liberale Deutsche plötzlich eine hässliche Fratze. Mit „Be Deutsch“ gelingt Böhmermann im Rammstein-Sound eine zeitgeistige Satire, die sofort viral geht.
(Meedia 31.03.16: „‚Be Deutsch‘: Jan Böhmermann sprengt das Internet mit Rammstein-Parodie zur Flüchtingskrise„)

Der Song ist voller zeitgeschichtlichem Name-Dropping von Frauke Petry bis Donald Trump. Der Clip sei sofort viral gegangen und habe innert 12 Stunden schon 300.000 Abrufe bei YouTube gezogen.

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+++ Jan Böhmermanns Schmähgedicht über Erdogan
Böhmermann und Neo Magazin Royale sorgen aber gleich noch für eine weitere Meldung. Denn der erfolgreiche Entertainer hatte dem Skandal um Erdogan und den Satire-Song von extra3 einen draufgesetzt mit einem Schmähgedicht, in dem der türkische Präsident aufs Übelste beleidigt wird.
Hinweis: Dieses Schmähgedicht ist online nicht mehr verfügbar. Meedia erklärt in einem Update des Artikels, dass die betreffende Neo-Magazin-Royale-Sendung inzwischen vom ZDF aus der Mediathek entfernt wurde ebenso wie das Gedicht bei YouTube. Was ist da los? Weiterlesen

TS38/16: Die AfD und die irrelevanten anderen Themen

+++ Vermeintlicher AfD-Tweet droht mit Absetzung der „heute-show“
Die Aufregung sei groß, behauptet die HuffPo, die gesicherten Fakten dahinter lassen sich auf Teppichkantenhöhe zusammenkehren: Auf Twitter droht(e) ein angeblicher Landesverband AfD-Bremen-Nord der heute-show aufgrund ihres (phantastischen Einspielers) mit Christine Prayon und Oliver Welke zum AfD-Programmentwurf (vgl. TS37/16): „macht euch ruhig lustig über uns … eure sendung setzen wir als 1. ab“. Der Landesverband AfD Bremen hat sich von dem Tweet distanziert: „wir weisen darauf hin, dass die AfD Bremen – Nord Seite auf Twitter KEINE offizielle Seite des LV Bremen ist“.
Weitere Berichterstattung: Tagesspiegel + Spiegel online + DWDL + Weser-Kurier.


+++ „Wirtschaftsglosse“ im „Manager-Magazin“
Auch die Hohepriester der Wirtschaftswissenschaften-Religion (herrlich skizziert in Horst Evers Alles außer irdisch!) kommen nicht ohne Satire aus. Das beruhigt. Eva Müller setzt sich im Manager-Magazin in der „Wirtschaftsglosse“ Mein Handy stalkt mich mit den belastenden Segnungen moderner Vernetzung als Opfer individualisierter, durch vorherigen Datenabgriff erst ermöglichter Werbung auseinander.
Senf: Man lacht über die Pointen natürlich weitaus authentischer aus einer Lebensform heraus ohne Smartphone … Weiterlesen

TS37/16: Das Ringen der Satire mit dem AfD-Phänomen

+++ Hazel Brugger für die „heute-show“ verpflichtet
Die Schweizer Medien freuen sich ganz besonders über diesen bedeutsamen Karriereschritt ihrer bemerkenswerten Nachwuchskabarettistin Hazel Brugger (hier und hier). Die hatte ihre ersten großen Fernsehauftritte in Deutschland unter den vom Altmänner-Muff verkleisterten Fittichen von Dieter Nuhr (Nuhr ab 18 und Nuhr im Ersten). Jetzt wurde die staubtrockene Schweizer Zynikerin  für die heute-show verpflichtet. Sie wird für die (vielfach kritisierten) Außeninterviews der populären ZDF-Satiresendung eingesetzt. Hazel Bruggers erster Auftritt in der Sendung vom 18. März 2016 (ab Videolaufmeter 13:36) erfolgte auf einer AfD-Wahlparty in Sachsen.

By the way: Christine Prayon alias Birte Schneider setzt in einem Einspieler der Sendung vom 18.03.16 an der Seite von Oliver Welke die Inhalte des gerade erst geleakten Programm-Entwurfs (!) der AfD sehr eindrücklich in Szene – im schwäbischen Mundart-Original! Prayons schauspielerisches Können macht die Mittelstand-Begeisterung über den Retro-Kurs der Rechtspopulisten authentisch – im Gänsehaut-Format! Weiterlesen

TS33/16: Pussies und Kraken, Trump, Amani und Welke

+++ „PussyTerror TV“ kürt Frauke Petry zur „Pussy des Monats“
Caroline Kebekus
hat in ihrer jüngsten Ausgabe von PussyTerror TV die AfD-Vorsitzende Frauke Petry zur „Pussy des Monats“ gekürt. In einem (nur leidlich witzigen) Video parodiert sie die Chefin der Rechtspopulisten. Bericht Meedia.

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+++ Realsatire.de: Diekmann-Wallraff-Match findet statt
Es hat doch noch geklappt mit dem Crowdfunding für das neue Projekt Realsatire.de (vgl. TS31/16). Die anvisierte und in eine scherzhafte Zahl gekleidete Finanzierungsschwelle von 11.111 Euro kam fristgerecht zusammen. Damit findet auch das Tischtennis-Match zwischen Kai Diekmann und Günter Wallraff statt. Der genaue Termin liegt noch nicht fest; anvisiert ist der Mai. Berichterstattung bei Meedia.


+++ Donald Trump füttert die Satiriker
Eine steilere Vorlage als dieser Mann ist schwer denkbar: Donald Trump. Und die Satiriker verarbeiten den Input. Die US-Satire-Show Saturday Night Live hat sich jetzt dessen Anhänger genauer angesehen, wie Spiegel online berichtet. Weiterlesen

TS32/16: Gute Zeiten, schlechte Seiten der „heute-show“ und anderes

+++ DIE PARTEI: Ende der Satire in Hessen?
Irgendwie auch wieder beruhigend, dass selbst eine Satire-Partei in die bekannten Fahrwasser gerät. Till Hahn schreibt auf Der Freitag: „In Darmstadt wird Martin Sonneborns PARTEI von rechts gekapert“. Offensichtlich haben sich in die Spaß-Partei Personen eingeschlichen, die man dort absolut nicht haben will, jetzt aber nicht wieder so einfach los wird. Inzwischen drohen die parteilichen Satiriker sogar schon mit der juristischen Keule:

Auch wenn der Ortsverband auf Facebook betont, nicht rechtsradikal zu sein, der Fall zeigt ein tieferes Problem der PARTEI. Durch die Beliebigkeit ihrer Programme und die von ihnen gepflegte Möglichkeit, sich im Zweifel immer auf den Satire-Anspruch zurückzuziehen, haben sie sich offenbar auch für die Vertreter absurder Verschwörungstheorien attraktiv gemacht. Die Frage ist also, ob man, wenn man nichts ernst meint, noch in der Lage ist, sich ernsthaft von etwas abzugrenzen. Der Landesverbandsvorsitzende Christian Scheef jedenfalls sagt weiterhin: „Wir haben eine klare Trennlinie zum rechten Rand (…) Das geht bis zum Parteiausschluss. Da hört’s dann auf mit der Satire, da fängt das Juristische an.“
(Till Hahn auf Der Freitag 04.03.16: „Meinen die das etwa ernst? Nicht In Berlin In Darmstadt wird Martin Sonneborns Partei von rechts gekapert“)

Die Frankfurter Neue Presse konstatiert ebenfalls: „Schluss mit lustig“.


+++ Interview mit „Die Tagespresse“
Der Satireblog Die Tagespresse ist Österreichs erfolgreichstes Satire-Onlinemagazin. Im Interview erklärt der Herausgeber Fritz Jergitsch den Werdegang des Blogs – ohne dabei jede Antwort, wie leider bei vielen Satirikern üblich, zu einer haha-lustigen Pointe zu verformen. Weiterlesen

TS29/16: Perlen und Säue, besenft

++ Interview mit Oliver Welke
Das Interview mit heute-show-Headman Oliver Welke findet sich exklusiv in TV-Digital. Nähere Infos zu den Themen und Welkes Antworten auf Fragen zum Beispiel zur AfD, Angela Merkel und den Pastewka-Kalkofe-Zwist sowie sein neues Bühnenprogramm zusammen mit Dietmar Wischmeyer Im Herzen jung auf Presseportal.


+++ Die Ambivalenz der Somuncu-„WiWo“-Kolumne
Moralprediger exerzieren oft ungewollt einen ganz eigenen Humor und eine mutmaßlich gar nicht intendierte Ambivalenz ihrer Äußerungen. Solche eignet einigen der unsatirischen Fließtext-Passagen von Serdar Somuncus jüngstem Beitrag in seiner Kolumne in der Wirtschafts-Woche.

Zum Beispiel der beschämende Zynismus hier, der in der „Uns-geht’s-ja-noch-gold“-Botschaft ebenso gut von Dieter Nuhr stammen könnte: Weiterlesen

TS23/16: Kabarettisten, die Behinderte die Treppe hinunterstoßen, und edlere

+++ Jan Böhmermann als Deutschlands Meinungsmacher Nr. 1
Es ist nicht so, dass man als Satiriker und Entertainer in diesem Land nichts werden kann. Aber dazu muss man schon Jan Böhmermann heißen? Den zumindest kürt die Jury des Männermagazins GQ zu Deutschlands Meinungsmacher Nr. 1 – noch vor ZEIT-Chef Giovanni di Lorenzo und Oliver Welke von der heute-show. Das Urteil wird begründet: „Er schafft es perfekt, in Rollen zu schlüpfen und Geschichten zu erzählen, er provoziert und setzt gesellschaftlich relevante Themen um“ (Quelle).


+++ TV-Kritik zur ZDF-Webkomödie „Familie Braun“
Nora Burgard-Arp von Meedia hat sich die neue ZDF-Webkomödie Familie Braun angesehen und kommt zu einem für die Humorsparte vernichtenden Urteil, das aber die durchgehende SaSe-Kritik an (zu) vielen Kabarettisten bestätigt: nicht lustig und mit penetrantem moralischen Zeigefinger. „Oberflächliche Handlung, eindimensionale Charakter“, klischeebehaftete Handlung.
Damit hat sich diese Sendung auch erledigt? Weiterlesen

TS17/16: Die grell-bunten Früchte satirischer Arbeit

+++ Haftandrohung für ägyptische Satireaktion
Der ägyptische Satiriker Shady Hussein Abu Zaid und der Schauspieler Ahmed Malek sind aufgrund einer Satireaktion zum Jahrestag der Revolution in ernsten Schwierigkeiten. Die beiden Künstler bliesen Kondome zu Ballons auf, beschrifteten sie mit Edding, verschenkten sie anschließend auf dem Tahrir-Platz an Polizisten und filmten das Ganze. Zum Hintergrund muss man wissen, dass der 25. Januar in Ägypten nicht nur Jahrestag der Revolution ist, sondern seit 2009 auf Anordnung Mubaraks auch „Tag der Polizei“. Die Polizisten fingen die aufgeblasenen Kondome fröhlich auf, die sie für Luftballons hielten. Wie die FAZ berichtet, sei eine Haftstrafe für die beiden Künstler nicht unwahrscheinlich.


+++ BR-Sendung „quer“ bietet Pegida-Klingelton zum Download an
Christoph Süß
und seine satirisch geankerte BR-Sendung quer verdient eigentlich auch mehr (SaSe-) Aufmerksamkeit. Mit dem jüngsten Coup platzieren sich der satirische Altmeister und sein Team in den Medien: Auf der Webseite der Sendung steht „für den ambitionierten Pegida-Mob und die Ironie-Fans unter den Journalisten“ der perfekte Klingelton zum Download bereit.
En passant eingesammelte sprachliche Perle dort: „Dahoimity“! Weiterlesen

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