Tag Archiv:erzählmirnix

TS38/16: Die AfD und die irrelevanten anderen Themen

+++ Vermeintlicher AfD-Tweet droht mit Absetzung der „heute-show“
Die Aufregung sei groß, behauptet die HuffPo, die gesicherten Fakten dahinter lassen sich auf Teppichkantenhöhe zusammenkehren: Auf Twitter droht(e) ein angeblicher Landesverband AfD-Bremen-Nord der heute-show aufgrund ihres (phantastischen Einspielers) mit Christine Prayon und Oliver Welke zum AfD-Programmentwurf (vgl. TS37/16): „macht euch ruhig lustig über uns … eure sendung setzen wir als 1. ab“. Der Landesverband AfD Bremen hat sich von dem Tweet distanziert: „wir weisen darauf hin, dass die AfD Bremen – Nord Seite auf Twitter KEINE offizielle Seite des LV Bremen ist“.
Weitere Berichterstattung: Tagesspiegel + Spiegel online + DWDL + Weser-Kurier.


+++ „Wirtschaftsglosse“ im „Manager-Magazin“
Auch die Hohepriester der Wirtschaftswissenschaften-Religion (herrlich skizziert in Horst Evers Alles außer irdisch!) kommen nicht ohne Satire aus. Das beruhigt. Eva Müller setzt sich im Manager-Magazin in der „Wirtschaftsglosse“ Mein Handy stalkt mich mit den belastenden Segnungen moderner Vernetzung als Opfer individualisierter, durch vorherigen Datenabgriff erst ermöglichter Werbung auseinander.
Senf: Man lacht über die Pointen natürlich weitaus authentischer aus einer Lebensform heraus ohne Smartphone … Weiterlesen

TS35/16: Satire und Kritik – die aktuellen Einzelfälle

+++ „extra3“: Facebook sperrt aufgrund von Satire
Die Facebook-Seite We ‘re watching you – No Hate on Facebook stehe kurz vor dem Aus, berichtet Mimikama am 9. März 2016. Die Betreiber hatten einen von extra3 geposteten Inhalt – also Satire – übernommen. Facebook löschte das Bild, welches Hitler und Goebbels zeigt (aber nur bei We ‚re watching you, nicht bei extra3!), und droht den Betreibern mit Accountlöschung. Aufgrund des ganzen Wirrwarrs sind derzeit drei Seiten online, wie die Hate-Watcher aktuell erklären.


+++ Claus von Wagner: Ärger wegen Dieter-Hildebrandt-Preis
So zumindest titelt die Münchner tz und steigert noch mit „mächtiger“. Dem Artikel ist zu entnehmen, dass die Jury der Stadt München, die Claus von Wagner als Preisträger im stillen Kämmerlein ohne irgendwelche kabarettistische Expertise auskungelte, diese Entscheidung in keiner Form mit der Witwe von Deutschlands berühmtesten Kabarettisten und dem Namensstifter des Preises abgestimmt oder sie wenigstens darüber informiert habe. Beim Anruf der tz-Redakteure sei sie aus allen Wolken gefallen, auch wenn sie mit der Wahl Claus von Wagners keine Probleme habe. Noch nicht einmal der Termin der Preisverleihung sei mit Renate Hildebrandt abgestimmt worden. Weiterlesen

TS17/16: Die grell-bunten Früchte satirischer Arbeit

+++ Haftandrohung für ägyptische Satireaktion
Der ägyptische Satiriker Shady Hussein Abu Zaid und der Schauspieler Ahmed Malek sind aufgrund einer Satireaktion zum Jahrestag der Revolution in ernsten Schwierigkeiten. Die beiden Künstler bliesen Kondome zu Ballons auf, beschrifteten sie mit Edding, verschenkten sie anschließend auf dem Tahrir-Platz an Polizisten und filmten das Ganze. Zum Hintergrund muss man wissen, dass der 25. Januar in Ägypten nicht nur Jahrestag der Revolution ist, sondern seit 2009 auf Anordnung Mubaraks auch „Tag der Polizei“. Die Polizisten fingen die aufgeblasenen Kondome fröhlich auf, die sie für Luftballons hielten. Wie die FAZ berichtet, sei eine Haftstrafe für die beiden Künstler nicht unwahrscheinlich.


+++ BR-Sendung „quer“ bietet Pegida-Klingelton zum Download an
Christoph Süß
und seine satirisch geankerte BR-Sendung quer verdient eigentlich auch mehr (SaSe-) Aufmerksamkeit. Mit dem jüngsten Coup platzieren sich der satirische Altmeister und sein Team in den Medien: Auf der Webseite der Sendung steht „für den ambitionierten Pegida-Mob und die Ironie-Fans unter den Journalisten“ der perfekte Klingelton zum Download bereit.
En passant eingesammelte sprachliche Perle dort: „Dahoimity“! Weiterlesen

TS157/15: Beredtes Schweigen + Letzter Vorhang + Verladener Gast + Couragierte Hermann

+++ „Die Anstalt“ 08.12.2015: Kritiker-Schweigen
Die jüngste Ausgabe von Die Anstalt am 8. Dezember 2015 (Mediathek) mit den Themen Terror und Krieg ist der ausführlichen TV-Kritik würdig. Nachdem ich selbst mehrfach darauf hingewiesen habe, dass die Sendung und ihre Macher aufgrund ihrer Verwicklungen in die intransparente Denkfunk-Agglomeration (für mich) jede Glaubwürdigkeit verloren haben, steht SaSe eine „reguläre“ TV-Kritik nicht mehr zu Gesicht.
Was sich bisher ansonsten als offizielle TV-Kritik findet, ist leider mehr als dürftig. Die klar linke Freiheitsliebe, namentlich Julius Jamal, ist zwar voll des Lobes, findet für dieses Lob allerdings kaum Worte. Die Anstalt, „wohl die beste deutsche Kabarettsendung“, finde sich zum Jahresende in Bestform. Nach einer dreizeiligen Inhaltsangabe folgt eine dreizeilige Bewertung. Echte Begeisterung sieht anders aus?
Der Tagesspiegel macht in einem Kommentar zur ausufernden Hasskultur in Deutschland eine unklare, weil referenzlose Andeutung: „ […] alles ein Fall für die Anstalt“. Für welche Anstalt? Für Die Anstalt?

Tilo Jung, (umstrittener1 umstrittener2) Betreiber des Videokanals Jung & naiv, freut sich auf Facebook verständlicherweise darüber, dass seine Arbeit (pointierte Fragen in den Bundespressekonferenzen) in der Sendung thematisiert weil parodiert wurde. Er bewertet das als „Ritterschlag“. Auf dem Jung-und-naiv-Facebook-Account erhebt sich dann auch eine lebhafte Diskussion (bis jetzt: 500 Kommentare). Weiterlesen

TS151/15: Helikopter-Eltern + AfD-Logik + Rechnung + #heimkommen + Gargamel

+++ SaSe-Star Roderich Trapp über Helikopter-Eltern
Die satirischen Qualitäten des Wuppertaler-Rundschau-Kolumnisten Roderich Trapp wurden auf diesem Blog schon in der Vergangenheit gelobt (TS75/15 und TS102/15) . In seiner Wochenend-Satire Helikopter-Eltern findet er nach der Erstbegegnung mit dem Bezeichnungsphänomen neuerlich zu polemischen Höhen:

Das deckt sich mit dem, was ich aus Elternkreisen höre. Der durchschnittliche Grundschüler aus gutem bis besserem Hause wird heute mit dem SUV bis auf den Schulhof gebracht und auf Händen in den Klassenraum getragen, wo Mutti ihm dann vor dem Unterricht noch rechtzeitig den Helm abnimmt. Danach muss sie noch rasch ins Lehrerzimmer, um mit dem unfähigen pädagogischen Personal dessen indiskutable Notengebung zu diskutieren, in der sich die unstrittige Hochbegabung des von Geburt an frühgeförderten Leibesfrüchtchens immer noch nicht ausreichend widerspiegelt. Die whatsapp-Gruppe „Frau Schmidt muss weg“ findet das auch.
(Wuppertaler Rundschau 29.11.2015 Roderich Trapp: „Helikopter-Eltern“)

Dass Trapp neulich bei Dieter Nuhr (vermutlich in einer Vorstellung von) gewesen sei, wollen wir ihm deshalb großzügig nachsehen … Weiterlesen

TS147/15: Kein Umzug + Kein ESC + Kein Beruf + Kein Schutz

+++ „Schwierige“ Satire-Aktion in Potsdam
Die Potsdamer Neuen Nachrichten berichten über eine eigenartige Satireaktion. In der Stadt finden sich derzeit mehrere Plakate, auf denen der Umzug der Stadtverwaltung in eine Leichtbauhalle angekündigt wird, um Platz für Flüchtlinge zu machen. Der Stadtverwaltung selbst ist davon nichts bekannt. Wer hier platte rechte Häme vermutet, liegt falsch; zumindest grenzen sich die bisher unbekannten Urheber der Satireaktion von dieser Interpretation expressis verbis ab:

Mit der Aktion soll auf die aus Sicht der Macher gescheiterte Wohnpolitik der Verwaltung aufmerksam gemacht werden. „Seit Jahren fehlt es an sozialem Wohnraum für Alteingesessene und Neuankömmlinge. Nicht die Menschen, die aus Krieg und Elend geflohen sind, sollen nun die Konsequenzen der verfehlten Wohnpolitik tragen“, heißt es in dem Aufruf.
(Potsdamer Neue Nachrichten 23.11.2015: „Satire-Aktion: Der Umzugsschwindel“)

Die Stadtverwaltung lässt verlautbaren, nichts gegen die Satireaktion zu unternehmen. Und sie dreht den Spieß um und unterstellt ihrerseits den Satirikern, die Diskussion über den sozialen Wohnungsbau auf dem Rücken der Flüchtlinge auszutragen. Von Wohnungsnot könne in Potsdam auch nicht die Rede sein.

Parallel dazu gibt es auch noch eine schon etwas ältere Aktion der Satirepartei DIE PARTEI rund um das Potsdamer Hotel Mercure. Dabei wird die Diskussion über die Zukunft des Gebäudes mit den Terrroranschlägen von 9/11 verknüpft, was zu Diskussionen im Netz führt. In der PNN-Berichterstattung kritisch erwähnt wird auch, dass sich im Ortsverband der Spaßpartei inzwischen „bekannte Aktivisten der linken Szene“ engagieren würden.


+++ „Erzählmirnix“ zum Xavier-Naidoo-Galama
Wollte man alle Pros und Contras der ausufernden Diskussion um die Nominierung und Denominierung von Xavier Naidoo zum Eurovision Song Contest (ESC) sowie die diversen Solidaritätsadressen zur Kenntnis nehmen, könnte man sich vermutlich tagelang damit beschäftigen. Kürzer und prägnanter geht das bei Erzählmirnix. Nadja Hermann bringt das Phänomen wieder auf den Punkt! Weiterlesen

TS141/15: Erste Satiriker-Reaktionen auf die Terroranschläge in Paris

+++ „heute-show“ 13.11.15: Selbstverständlich ausgefallen!
Es kann und darf nicht anders sein: Die heute-show in der Terrornacht von Paris ist ausgefallen. Zum Ausstrahlungszeitpunkt wurde der ganze Horror erst allmählich offenbar.
Gut vorstellbar, angemessen und zu erwarten ist, dass die Satire-Sendungen der kommenden Woche, zum Beispiel Die Anstalt, ebenfalls ausfallen bzw. zu einem späteren Zeitpunkt ausgestrahlt werden.


+++ Offtopic: Wie die „HuffPo“ die Anschläge von Paris „verclickbaitet“
Wie ekelhaft die Huffington Post versucht, die Anschläge von Paris in Clicks zu verwandeln, dokumentiert der BILDblog.


+++ „Allgemeine Allgemeine“ und „Eine Zeitung“: Löblich!
Eine vorbildliche Reaktion zeigt der Satireblog Allgemeine Allgemeine! Auf ähnlichem Level rangiert Eine Zeitung. Der letzte Eintrag dort datiert von vor den Anschlägen in Paris. Auch extra3 hält sich zurück. Auf dem Facebook-Account erfolgte der letzte Eintrag [SaSe-Redaktionsschluss 15.11.15/13.04 Uhr] vor den Morden. Weiterlesen

TS131/15: Querfront-Studie + Massengeschmack + Terror-Trullas + Galgen-Satire

+++ Offtopic: „Querfront-Studie“ wieder online!
So kommen wir vorwärts: Wie auch der Blog Journalistenhatz berichtet, hat die Otto Brenner Stiftung jetzt eine gemeinsame Erklärung mit dem Autor der sogenannten Querfront-Studie Dr. Wolfgang Storz veröffentlicht und die Studie selbst wieder online verfügbar gemacht. Die gemeinsame Erklärung bestätigt, was aus den Fakten ableitbar war: Die Offlinestellung geht zurück auf eine anwaltliche Intervention des „Journalisten“ Ken Jebsen. Der Versuch einer außergerichtlichen Einigung scheiterte. Nun sei das Papier „in einer geringfügig überarbeiteten Fassung“ seit dem 19. Oktober 2015 wieder online.


+++ SWR-„Spätschicht“ heute im Ersten
Am 22. Oktober 2015, also am gewohnten Kabarett-Donnerstag im Ersten, hat die seit zehn Jahren im SWR laufende Kabarettsendung Die Spätschicht Premiere im Hauptprogramm  (Avis). Moderiert wie immer von Florian Schröder sind dabei: Lisa Fitz (D(d)enkfunk-Autorin!), Rüdiger Hoffmann, Andreas Rebers (Denkfunk-Autor ohne Denkfunk-Output), Mathias Tretter, Michael Frowin. Weiterlesen

TS121/15: Antisemit? + Amtlich + Apokalpyse + Aufruf

+++ Tagesspiegel fragt, ob Dieter Hallervorden Antisemit sei
Das skandalöse Liedchen des Komikers Dieter Hallervorden zieht weitere Kreise. SaSe hatte schon verschiedentlich berichtet (TS117/15 und SaSe45). Jetzt fragt der Tagesspiegel, ob Dieter Hallervorden ein Antisemit und Rassist sei – oder einfach bloß naiv oder besonders raffiniert. Die Journalistin Faitina Kailani argumentiert streng am Text des „subversiven“ Videoclips mit den eingängigen Bildern des freundlichen alten Mannes entlang. Sie stellt die Frage, was sich Dieter Hallervorden bitte dabei gedacht habe. Der wird in einer Stellungnahme gegenüber dem Tagesspiegel zitiert, wobei dann auch noch herauskommt, dass sich Mitwirkende an diesem Text unter einem Pseudonym verstecken.
In den Leserkommentaren unter dem Artikel wird auch ein Beitrag der Jüdischen Allgemeinen dazu verlinkt. Weiterlesen

TS113/15: Rollentausch + Grenze gefunden + Realsatire + Scheinheiliger

+++ Christian Springer fordert Entschuldigung von CSU-Politiker
Die Flüchtlingskrise bringt ganz Europa und sämtliche Standards ins Wanken. Die Not im Angesicht der humanitären Katastrophe ist so groß, dass zum Beispiel Journalisten ihre sonst geltenden Berufsregeln über Bord werfen und zu Mitwirkenden werden. Und auch die Kabarettisten verlassen die Kommentatoren-Bühne. Christian Springer fordert in einem offenen Brief den parlamentarischen Geschäftsführer der CSU, Max Straubinger, auf, sich zu entschuldigen (Abendzeitung). Der hatte vorgeschlagen, syrische Flüchtlingen, die aus nicht umkämpften Regionen in Syrien kommen, zurückzuschicken.
In der Berichterstattung wird Springer als „Kabarettist“ gelabelt. Tatsächlich aber agiert er in diesem Fall wohl eher als erster Vorsitzender des Vereins Orienthelfer e. V. , der Opfer des syrischen Bürgerkriegs unterstützt. Weiterlesen

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